Brandenburg: Wieder Abzocke am BER
Firma zwingt zwölf polnische Mitarbeiter in die Selbstständigkeit und zahlt ausstehende Löhne nicht
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Schönefeld – Am künftigen Großflughafen BER in Schönefeld sind erneut ausländische Bauarbeiter um ihren Lohn geprellt worden. Nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB hat eine Firma aus Eisenach insgesamt zwölf polnischen Trockenbauarbeitern, die seit Oktober auf der Baustelle tätig sind, zugesagtes Geld nicht ausgezahlt. Zuvor sei ihnen sogar mit dem Rauswurf gedroht worden, sollten sie sich nicht mit einer Auflösung ihrer regulären Arbeitsverträge und einem Wechsel in die Selbstständigkeit einverstanden erklären, teilte das Beratungsbüro für entsandte Beschäftigte des DGB in Berlin mit.
Erst vor wenigen Tagen hatten die Polit-Magazine Klartext (RBB) und Kontraste (ARD) wie berichtet die dubiosen Umstände aufgedeckt, unter denen rund 60 Rumänen zu Dumpinglöhnen am Flughafen arbeiten. Im Dezember hatte zudem ein Fall für Schlagzeilen gesorgt, bei dem ungarische Arbeiter in ihrer Heimat von einer Firma aus Bad Reichenhall angeworben worden waren, später aber um ihren Lohn geprellt wurden. Während die für die Baustelle zuständige Flughafengesellschaft immer wieder auf die hohen Sicherheitsstandards gegen Schwarzarbeit verweist, außerdem erklärt, alle am Bau beteiligten Firmen müssten Tariftreueerklärungen unterschreiben, spricht der DGB von Ausbeutung. Eine Tariftreueerklärung hätten die Polen nicht zu Gesicht bekommen, erklärte die DGB-Bezirksvorsitzende Doro Zinke und forderte verlässliche Strukturen gegen die Ausbeutung von Wanderarbeitern. Auch die regionalen Bauverbände hatten sich jüngst verwundert über die offenbar zweifelhaften Methoden auf der BER-Baustelle geäußert. Nach DGB-Angaben haben sich die Polen am 17. April an das Beratungsbüro gewendet. Ihre offenen Forderungen würden sich auf jeweils 3500 Euro belaufen. Nach mehrmaliger Intervention des DGB habe das Unternehmen jeweils 500 Euro ausgezahlt und weiteres Geld versprochen, berichtete gestern Monika Fijarczyk vom DGB-Beratungsbüro. Um die Verhandlungen nicht zu gefährden werde der Firmenname nicht genannt.
Begonnen hatte das Arbeitsverhältnis laut Fijarczyk unverdächtig. „Die Arbeiter wurden über eine seriöse private Arbeitsvermittlung in Polen angeworben. Ihnen wurden reguläre Arbeitsverträge versprochen“, schildert die DGB-Beraterin. Verträge hätten die Zwölf auch bekommen, doch nach nur zwei Monaten habe die Firma die Arbeiter vor die Wahl gestellt, sich entweder als Selbstständige zu Kommanditgesellschaften zusammenzuschließen oder aber wieder nach Polen zurückzukehren. Durch solche Tricks sparen sich die Unternehmen nicht nur die fälligen Sozialabgaben, sondern befreien sich auch noch von jeglicher Verantwortung.
Nachdem unbezahlte Überstunden verlangt, aber nicht einmal das zugesagte Geld gezahlt wurde, hatten die Polen das DGB-Büro aufgesucht – laut Fijarczyk zunächst zu ihrem Nachteil. „Der Arbeitgeber hat gedroht, sie würden gar kein Geld mehr bekommen, wenn sie sich nochmal an die Gewerkschaft wenden“, berichtet die Beraterin. Immerhin vier der Polen hätten sich offenbar so sehr einschüchtern lassen, dass sie sich nicht mehr gemeldet hätten. Matthias Matern
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