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Ein Polizeiauto fährt mit Blaulicht zu einem Einsatz. (Symbolbild)

© dpa/Monika Skolimowska

Update

„Willkommen in den 90ern“: Vermummte greifen Senftenberger Jugendclub an

Bis zu 40 Personen sollen versucht haben, einen alternativen Jugendclub im Brandenburger Süden zu stürmen. Nach Zeugenangaben grölten die Angreifer rechte Parolen und warfen Steine.

Stand:

Der alternative Jugendclub „Jamm“ in Senftenberg ist am späten Samstagabend offenbar Ziel eines geplanten Angriffs von Rechtsextremen geworden. Der Jugendclub machte den Vorfall am Sonntag auf Instagram öffentlich. Die Polizei bestätigte dem Tagesspiegel einen Großeinsatz in den späten Abendstunden des Sonnabends. Zuerst hatte die Lausitzer Rundschau berichtet.

Demnach erhielt die Brandenburger Polizei gegen 23 Uhr einen Notruf aus Senftenberg (Landkreis Oberspreewald-Lausitz). Zwischen 30 und vermummte Personen marschierten auf das Gebäude des Jugendclubs zu, die Gruppe soll auch Steine geworfen haben. Stunden zuvor seien von Mitarbeitern des „Jamm“ bereits auffällige Autos in der unmittelbaren Nähe registriert worden, deren Fahrer so wirkten, als würden sie die Umgebung observieren.

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„Das Team des Jamm reagierte geistesgegenwärtig und konnte alle Besucher ins Gebäude bringen und die Türen schließen“, heißt es im Statement des Jugendclubs. Das gewaltsame Eindringen der vermummten Gruppe in die Räumlichkeiten sei so gerade noch verhindert worden. Der Mob soll bei dem Angriff rechte Parolen wie „Alle Zecken sind Schweine“ gerufen haben, berichtet das „Jamm“ im Statement. Die Angreifer seien dem Umfeld der Fanszene von Energie Cottbus zuzurechnen, schreiben die Betreiber.

Staatsschutz in Ermittlungen involviert

Der Drittligaclub verlor am Samstagnachmittag im heimischen Stadion gegen den VfL Osnabrück. Viele Cottbuser Fans reisen aus dem Umland an, auch in Senftenberg gibt es eine große Energie-Szene. Teile der organisierten Fanklientel der Cottbuser sind seit Jahren für ihre Verbindungen ins rechtsextreme Milieu bekannt. Immer wieder kommt es zu Vorfällen.

Die Polizei tauchte wenig später mit einem Großaufgebot in Senftenberg auf. Unter den Einsatzkräften war auch Bereitschaftspolizei. Trotz intensiver Fahndungsmaßnahmen konnten keine tatverdächtigen Personen mehr festgestellt werden, wie Sprecher Maik Kettlitz erklärte. In die Ermittlungen sei wegen des möglichen politischen Hintergrunds auch der Staatsschutz involviert. „Wir nehmen das sehr ernst“, sagte Kettlitz dem Tagesspiegel.

Erinnerungen an die Baseballschlägerjahre

Laut „Jamm“ waren vor allem junge Gäste des Jugendclubs von dem Angriff betroffen gewesen. Sie sollen große Angst gehabt haben. Das Statement der Betreiber endet mit dem Satz „Willkommen in den 90ern, es ist kurz vor 1933!“. In den sogenannten Baseballschlägerjahren der 90er-Jahre war die rechte Gewalt insbesondere in ostdeutschen Bundesländern auf einem Höchststand. Linke, alternative Jugendclubs wurden immer wieder zum Ziel von Überfällen durch Skinheads und Neonazis.

Das alternative Freizeitzentrum „Jamm“ existiert seit 1992. Verschiedene Initiativen und Organisationen teilen sich die Räumlichkeiten. Darunter ist der Verein „Brandenburger Hinterland“, der das Gebäude für regelmäßige Stammtische mit Beschäftigten der Sozialen Arbeit nutzt. Die Vereinsvorsitzende Sara Orlamünder spricht von einem Angriff „auf uns alle“.

Sie selbst war am Sonnabend nicht vor Ort, dafür aber viele Jugendliche. Es sei ein ganz normaler Abend gewesen, es wurden Billard und Darts gespielt, erzählt Orlamünder. Ihr Verein bringt die Attacke auf das „Jamm“ mit einer „grundsätzlichen Stimmung“ in Verbindung. „Wir wissen von mehreren ähnlichen Angriffen an anderen Orten, bei denen es sich vor allem aus Sicherheitsgründen dagegen entschieden wurde, das öffentlich zu machen“, berichtet die Vorsitzende. Auch in der Nähe des „Jamm“ sei zuletzt beobachtet worden, dass die Anzahl rechter Schmierereien im Umfeld des Jugendclubs stark zugenommen habe.

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