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Brandenburg: „Wir garantieren Gedenkstätten angemessene Förderung“
Mauerbau-Gedenkveranstaltung Brandenburgs in Sacrower Heilandskirche: Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) will SED-Opfer mehr unterstützen
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Potsdam - Mit einem Festakt in der im einstigen Todesstreifen gelegenen Sacrower Heilandskirche hat Brandenburgs Politik am Freitag an den Mauerbau vor 50 Jahren erinnert. Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) nutzte diesen Anlass, um Opfern von Mauer und SED-Regime eine größere Unterstützung zuzusagen: „Wir werden die Rehabilitierungsverfahren beschleunigen. Wir werden den Gedenkstätten eine angemessene Förderung garantieren“. Nötig seien verstärktes Engagement, „noch mehr Projekte“, um nachfolgenden Generationen die DDR-Geschichte zu vermitteln. Das Bildungsministerium werde dafür Sorge tragen, dass „die Auseinandersetzung“ damit „intensiviert“ werde. Zuvor hatte Platzeck den Angehörigen der an der Mauer Getöteten „tief empfundenes Mitgefühl und Anteilnahme“ ausgesprochen. Erinnerungen an bittere biografische Einschnitte, erlittenes Leid und Unrecht seien in vielen Familien noch gegenwärtig. „Der Bau der Mauer war eine Bankrotterklärung des DDR-Systems“, so Platzeck. Und noch sei die Mauer in den Köpfen nicht überwunden.
Nach den zugespitzten Debatten in Brandenburgs Politik um SED-Diktatur und Stasi–Erbe in den letzten Jahren wurde nun der offizielle Festakt von Regierung und Parlament anlässlich des Mauerbaus, an dem Vertreter von Opferverbänden, Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe und und fast das gesamte Kabinett teilnahmen, auch von Oppositionspolitikern aus CDU, FDP und Grünen als angemessen und würdig bewertet. Und Platzecks Ankündigungen wurden von Brandenburgs Diktaturbeauftragter Ulrike Poppe und dem ebenfalls anwesenden Stasi-Bundesbeauftragten Roland Jahn begrüßt. „Ich finde es gut, dass Platzeck den Gedenkstätten materielle und ideelle Unterstützung zugesagt hat“, sagte Jahn den PNN. Es sei wichtig, dass junge Leute „sinnlich erfahren können, was Teilung und Diktatur bedeutet haben.“ Für ihn sei „am bewegendsten“ gewesen, wie am Ende der Veranstaltung junge Menschen - Studenten der Fachhochschule der Polizei - in der Heilandskirche 136 Kerzen für die an der Berliner Mauer Umgekommen aufstellten. So ging es den meisten.
Als Ehrengast und Hauptredner mahnte der frühere Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP), die Opfer der Grenze nie zu vergessen. Die Mauer sei „Ausdruck einer aus selbst erkannter Schwäche gewachsenen Brutalität“ der DDR gewesen, so der 84-jährige. „Ohne es zu wollen“ hätten die politischen DDR-Repräsentanten öffentlich anerkannt: „Ihr System hatte im Wettbewerb um das Denken und Fühlen, um die Hirne und Herzen der Menschen, es hatte den Wettbewerb der Systeme verloren. Der 13.August 1961 war der Anfang vom Ende der DDR“. Für Genscher hatte der Auftritt eine persönliche Note. Er hatte als Bundesaußenminister ein einziges Mal in der DDR den Anachronismus der Teilung beklagt, auf einer Sicherheitskonferenz, 1988 hier in Potsdam. „Die Trennung unseres Kontinents wird zunehmend als Erstarrung, als künstlich, als schwer akzeptierbar empfunden“, zitierte er aus der damaligen Rede. „Wir spüren das Suchen, wir empfinden das Wiedergewinnen unserer europäischen Identität. Auch Jahrzehnte der Trennung machen aus einem Europa nicht zwei, aus der einen deutschen Nation nicht zwei.“ Auch nun, zwei Jahrzehnte nach dem Fall der Mauer, warb Genscher für Erinnerung und Brückenschläge. Die wiedergewonnene Freiheit schließe auch jene ein, die die Einheit nicht wollten. 1989 sei von „den einen gerufen worden, von den anderen gehört: Keine Gewalt“, so Genscher. „Nichts hat uns bei allen Gegensätzen stärker innerlich zusammengeführt als die Tatsache, dass wir von einer friedlichen Freiheitsrevolution sprechen können.“
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