Von Thorsten Metzner: Wölfe oder Windräder
Brandenburgs rot-rote Regierung gegen Bombodrom als Naturreservat „Nationales Naturerbe“
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Potsdam - Brandenburgs von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) geführte rot-rote Regierung wehrt sich gegen die Ausweisung des früheren russischen Bombenabwurfplatzes bei Wittstock als „Nationales Naturerbe“ durch den Bund. Das ist dort beschlossene Sache, würde aber Solar- und Windparks auf dem 12 000 Hektar großen Areal unmöglich machen. Deshalb will Umweltministerin Anita Tack (Linke) jetzt beim zuständigen Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) intervenieren. „Das Vorgehen ist nicht akzeptabel“, sagte Tack dieser Zeitung. „Der Bund versucht sich so seiner Verantwortung für die Munitionsentsorgung zu entledigen.“ Auch Platzecks Staatskanzleichef Albrecht Gerber warnte „vor jeder Vorfestlegung, ehe es überhaupt belastbare Daten zur Munitionsbelastung des Areals gibt“.
Allerdings werden die Chancen auf einen Kurswechsel des Bundes eher als gering eingeschätzt. Denn der Haushaltsausschuss des Bundestages hat jüngst bereits einen Antrag von CDU/CSU und FDP zur Übertragung weiterer 25 000 Hektar wertvoller Naturschutzflächen in Ostdeutschland ins „Nationale Naturerbe“ in dieser Legislaturperiode beschlossen. Und darin wird die Bundesregierung explizit aufgefordert, „die Übertragung der Liegenschaft Wittstock ... vollständig zu berücksichtigen“.
Nach dem Abzug der russischen Truppen 1994 wollte die Luftwaffe dort üben. Nach heftigen Widerstand und Siegen vor Gerichten hatten am Ende 2009 die Bürgerinitiative „Freie Heide“, Anrainerkommunen und das Land einen Verzicht der Bundeswehr durchgesetzt. Was dort künftig passieren soll, ist unklar. Das teils munitionsbelastete Gelände im dünn besiedelten Norden bietet sich für den von Rot-Rot forcierten Ausbau erneuerbarer Energien an, zumal neue Solar- und Windparks überall im Land auf erbitterten Widerstand stoßen. „Als Nationales Naturerbe wäre die Fläche für die Nutzung von Wind- und Solarenergie obsolet“, warnt Tack.
In diesem noch unter der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2000 gestarteten Programm werden bundeseigene Naturflächen dauerhaft geschützt, in dem man sie etwa an Stiftungen überträgt. Es gelten Restriktionen, so werden Wälder nicht bewirtschaftet.
Mit dem früheren Bombodrom wäre Brandenburgs Anteil am „Nationalen Naturerbe“ zudem ausgeschöpft, sagte Tack. Andere märkische Flächen, schon vom Bund zugesagt, kämen wiederum nicht hinein. Es geht um Flächen in der Döberitzer Heide, der Uckermark, in Storkow, Lehnitz und Brandenburg an der Havel, die dann vom Bund wohl privatisiert werden. Zündstoff wäre programmiert. Privatisierungen durch den Bund – von Seen, Wäldern oder Äckern in Ostdeutschland oder des Uferstreifens am Griebnitzsee – stoßen stets auf Proteste.
Aber es gibt auch vehemente Befürworter einer Naturerbe-Sicherung der Kyritz-Ruppiner-Heide, nämlich den Naturschutzbund Deutschland. Die Heide gehöre „insbesondere aufgrund ihrer Großflächigkeit und Unzerschnittenheit zu den herausragenden naturschutzbedeutsamen ehemaligen Truppenübungsplätzen Deutschlands“, heißt es in einem Gutachten von Nabu-Landeschef Tom Kirschey für die Linken. Auch ohne Solar- und Windparks sei eine touristische Nutzung möglich. Kirschey verweist auf die dort heimische Vielfalt der Arten, darunter „zahlreiche bestandsgefährdete und streng geschützte“. Zitat: „Der Wolf beginnt das Gelände wieder zu besiedeln.“
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