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Der BER-Architekt Gerkan (links) macht das Flughafenmanagement für die Pannen verantwortlich.

© dapd

Brandenburg: Wowereits bleibt im Amt

Berlins Regierender Bürgermeister übersteht Misstrauensantrag. BER-Architekt Gerkan erhebt schwere Vorwürfe gegen Flughafenmanagement.

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Berlin  - Berlins Regierungschef Klaus Wowereit (SPD) bleibt trotz des Desasters am geplanten Hauptstadt-Flughafen im Amt. Doch die Debatte über die Verantwortung für das Debakel geht weiter. Erwartungsgemäß scheiterte der Misstrauensantrag der Opposition am Samstag im Abgeordnetenhaus klar an der Mehrheit der geschlossen abstimmenden rot-schwarzen Koalition. „Ich hatte keinen Zweifel, dass ich das Vertrauen der Mehrheit des Abgeordnetenhauses habe“, sagte Wowereit anschließend. Der gekündigte Architekt Meinhard von Gerkan gab der Flughafengesellschaft die Schuld für die mehrfach verschobene Eröffnung. Aus Sicht von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ist der endgültige Eröffnungstermin völlig offen.

Die Opposition aus Grünen, Linken und Piraten wollte Wowereit nach elfeinhalb Amtsjahren zu Fall bringen. Sie macht ihn als Vorsitzenden des Flughafen-Aufsichtsrates für die inzwischen vierte Verschiebung des Eröffnungstermins und die Kostenexplosion mitverantwortlich. Wowereit lehnte zwar alle Rücktrittsforderungen als Regierungschef ab. Er will aber den Chefposten im Aufsichtsrat am Mittwoch an seinen Stellvertreter, den brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD), abgeben.

Deswegen stellt Platzeck an diesem Montag im Landtag die Vertrauensfrage. Er brauche die größtmögliche Legitimation, wenn er den Vorsitz im Aufsichtsrat übernehme, begründete er seinen Schritt. Platzeck kann sich dabei wie Wowereit der geschlossenen Unterstützung seiner Regierungskoalition sicher sein. Der Landesvorstand der mitregierenden Linke schloss sich am Samstag dem Votum der Landtagsfraktion an, dem Regierungschef das Vertrauen auszusprechen.

Die Personalie ist allerdings umstritten. Einem „Focus“-Bericht zufolge soll Platzeck den Aufsichtsrat nur vorübergehend führen. In der Zwischenzeit solle diskret nach einem erfahrenen Experten gesucht werden. Brandenburgs Regierungssprecher Thomas Braune wies diese Darstellung am Samstag als „aus der Luft gegriffen“ zurück. Auch Verkehrsminister Ramsauer signalisierte Zustimmung.

In der Sondersitzung des Berliner Abgeordnetenhauses stimmten 62 Abgeordnete für Wowereits Abwahl, aber 85 dagegen. Für einen Sturz Wowereits wäre die Mehrheit der gewählten Abgeordneten nötig gewesen, also 75 Stimmen. Die Berliner Opposition zeigte sich enttäuscht.

Die Probleme seien auch nach der Abstimmung nicht aus der Welt, sagte Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop. Piraten-Fraktionschef Christopher Lauer erklärte, die Koalition habe ihren Regierenden mit einer „ungeheuren Arroganz“ verteidigt. „Das lässt vermuten, dass sie schlichtweg keine Alternative zu Wowereit haben.“ Grüne und Piraten überlegen nun, per Volksbegehren doch noch eine Neuwahl zu erzwingen. Dafür müsse aber die Stimmung in der Stadt stimmen, erklärte Pop.

Wowereit schrieb die immensen Probleme am Flughafen vor allem dem Baubereich und der Technik zu. Der Sprecher der Geschäftsführung, Rainer Schwarz, werde abgelöst. Zudem soll ein Finanzvorstand installiert werden. SPD-Chef Sigmar Gabriel nahm Wowereit in Schutz. Die Vorwürfe gegen Wowereit seien ein Stück weit unfair, sagte er im Deutschlandfunk. „Ein Aufsichtsratsvorsitzender führt nicht die Geschäfte eines Unternehmens.“

Der gekündigte Architekt Gerkan machte die Flughafengesellschaft für das Bauchaos verantwortlich. Deren Arbeit habe sich als „großangelegte Täuschung herausgestellt“, zitierte der „Spiegel“ aus der Klageschrift der Anwälte Gerkans. Die Manager hätten mit ständigen Umbauwünschen den Bauablauf „regelrecht zerschossen“. Auch
hätten sie dem Aufsichtsrat und der Öffentlichkeit suggeriert, dass der Terminal „pünktlich und innerhalb des Wunschbudgets fertig werden könne“. Demnach gab es bis Mai 2012 genau 286 Planänderungsanträge. Seit 2008 habe das Gremium mit „Halbwahrheiten und unrealistischen Vorgaben“ gearbeitet.

Auf einen Eröffnungstermin will sich keiner der Gesellschafter festlegen. Wowereit nannte dies „fahrlässig“, solange die Tests für die Brandschutzanlage nicht positiv gelaufen seien. Ramsauer sieht eine Eröffnung im Jahr 2014 noch nicht gewährleistet. „Es wäre völlig vermessen und verantwortungslos, jetzt schon einen neuen Termin für eine Inbetriebnahme zu nennen“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Am Ende kann 2014 rauskommen, genauso aber ein anderes Datum.“ dpa

Theresa Münch

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