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Gegen die Widerstände. In Brandenburg sind sich alle Parteien einig, dass der Ausbau erneuerbarer Energien  wie Windparks  noch mehr forciert werden soll.

© Patrick Pleul/dpa

Von Thorsten Metzner: Zurück in die fossile Ära

Die Suche nach Alternativen zum Atomstrom verschärft in Brandenburg die Debatte um Kohle und CO2-Lagerung

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Potsdam - Brandenburg gilt für Experten als „Versuchslabor“, wie eine Energieversorgung in Deutschland ohne Kernkraft aussehen könnte: Nun spitzt sich nach dem Japan-Gau die Auseinandersetzung um die Energiepolitik in der Mark zu. Die von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) geführte rot-rote Regierung will nicht nur nur den Ausbau erneuerbarer Energien forcieren, wo das Land schon jetzt bundesweiter Spitzenreiter ist. Als einziges Land setzt Brandenburg zudem auf die noch unerforschte, aber schlagartig als Alternative zu Atomstrom wieder ins Blickfeld gerückte CCS-Technologie. Die soll Kohlekraftwerke „klimafreundlicher“ machen, benötigt aber unterirdische Kohlendioxid-Endlager, gegen die es bereits massive Widerstände gibt.

Am Dienstag dominierte die Energiepolitik bereits die Sitzungen des Platzeck-Kabinetts, das im Bundesrat auf einen schnellstmöglichen Atomausstieg drängt, und aller Fraktionen im Landtag. Dort ist die Debatte, ob im Gegenzug CCS forciert werden muss, wie es Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) formulierte, voll entbrannt. Die Frontlinien verlaufen dabei jenseits der klassischen Lager von Regierung und Opposition. Im Landtag sind die regierende SPD sowie die Oppositionsparteien CDU und FDP eindeutig für CCS drängen die Bundesregierung auf Vorlage eines bundesweit einheitlichen CCS-Gesetzes, ohne dass eine Erforschung und Erkundung von Lagerstätten nicht möglich wäre. „Natürlich liegt der Fokus jetzt auf der Kohle“, sagte SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher. CDU-Fraktionschefin Saskia Ludwig erklärte: „Bei CCS hat die SPD von uns mehr Unterstützung als vom Koalitionspartner.“

Auf der anderen Seite fordern die Grünen einen Verzicht auf die CCS-Technologie, die viele Parallelen zur Atomkraft aufweise. „Man treibt den Teufel nicht mit dem Beelzebub aus“, warnte Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. Und die Linken stehen, wie Fraktionschefin Kerstin Kaiser betonte, zwar nach wie vor zum Koalitionsvertrag, der eine CCS-Erforschung zulässt. Gleichzeitig gehen sie aber deutlich auf Distanz zu CCS.

So erwartetet Linke-Landeschef Thomas Nord zwar, dass die Debatte um CCS „völlig neu aufgemacht wird“. Es sei „möglicherweise weniger schädlich, Kohle zu verstromen als Atomenergie“. Er fügte aber sofort hinzu: „Es ist langfristig keine Lösung, eine Risikotechnologie durch eine andere zu ersetzen.“ Genau davor warnen unter Verweis auf den Atom-Gau in Japan die Grünen und Bürgerinitiativen in Ostbrandenburg, wo die ersten Kohlendioxid-Lagerstätten geplant sind.

Einig sind sich alle Parteien, dass der Ausbau erneuerbarer Energien noch mehr forciert werden soll, obwohl es schon jetzt überall Widerstände gegen Wind- und Solarparks gibt, von denen nirgendwo so viele entstehen wie in der Mark. „Wir müssen noch konzentrierter, schneller, entscheidungsfreudiger werden“, sagte dazu Linke-Fraktionschefin Kaiser. Als Zielmarke hat Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) bereits einen Anteil erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch von „20 plus x“ Prozent für 2030 genannt – jetzt sind es 16 Prozent. Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) will bis Frühsommer die „Energiestrategie“ vorlegen, die alte der SPD/CDU-Regierung ging von einem 20-Prozent-Ziel bis 2020 bei Öko-Energien aus. Jede weitere, noch so kleine Erhöhung werde mit noch größeren Konflikten verbunden sein, ahnt Christoffers. „Man muss diese Debatte führen.“ Vor diesem Hintergrund machten die Liberalen einen – nach dem lange eisigen Klima zwischen Opposition und Platzeck-Regierung – überraschenden Vorstoß: Die Parteien sollten nach einen Konsens zur Energieversorgung im Land suchen, vielleicht über einen Runden Tisch, sagte FDP-Fraktionschef Andreas Büttner. „Wir bieten der Regierung und den Koalitionsfraktionen unsere Zusammenarbeit an.“ Erste Reaktionen fielen positiv aus.

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