Hungerstreik in Eisenhüttenstadt: Zwei Hungerstreikende aus Eisenhüttenstadt im Krankenhaus
Weiterhin sind vier Flüchtlinge im Abschiebeknast von Eisenhüttenstadt im Hungerstreik - zwei von ihnen mussten am Mittwoch ins Krankenhaus eingeliefert werden. Laut Flüchtlingsrat hält sich die Bundespolizei in Brandenburg bei den Abschiebehaftanträgen nicht an die gesetzlichen Anforderungen.
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Eisenhüttenstadt/Potsdam - In der brandenburgischen Abschiebehaft in Eisenhüttenstadt ist der Hungerstreik mehrerer Flüchtlinge auch am Mittwoch fortgesetzt worden. Zwei der vier Hungerstreikenden seien im Laufe des Tages in ein Krankenhaus gebracht worden, sagte eine Sprecherin des Innenministeriums dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Potsdam. Der märkische Flüchtlingsrat hat unterdessen den Umgang der Bundespolizei mit Asylsuchenden scharf kritisiert. Von der Bundespolizei war bis zum späten Nachmittag keine Stellungnahme zu bekommen.
Wer in Brandenburg "in die Fänge der Bundespolizei" gerate, komme in Abschiebehaft, erklärte der Flüchtlingsrat am Mittwoch in Potsdam. Asylanträge würden nicht weitergeleitet und Zuständigkeiten nicht geprüft. Dies habe auch zu dem Hungerstreik in Eisenhüttenstadt geführt. Die Landesvorsitzende der Grünen in Brandenburg, Annalena Baerbock, forderte eine Abschaffung der Abschiebehaft. Brandenburg müsse sich dafür im Bundesrat einsetzen, forderte die Politikerin.
Eisenhüttenstadt sei "Brennglas der zum Teil untragbaren Asylregelungen von europäischer bis kommunaler Ebene", erklärte die Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl. Die EU-Regelungen müssten "dringend geändert werden".
Nach der Genfer Flüchtlingskonvention und nach deutschem Recht dürften die Flüchtlinge nicht inhaftiert werden, wenn ihre Asylgesuche beachtet würden, betonte der Flüchtlingsrat. Die Bundespolizei halte sich zudem in Brandenburg nicht an die gesetzlichen Anforderungen für Abschiebehaftanträge, nach denen Haft nur als allerletztes Mittel zur Durchsetzung einer Ausreise eingesetzt werden dürfe.
Unter den Flüchtlingen, die am vergangenen Freitag mit dem Hungerstreik begonnen haben, sei auch ein Mann aus Pakistan, dessen Abschiebung nach Ungarn vor wenigen Wochen durch Proteste am Flughafen Berlin-Tegel verhindert wurde, hieß es. Munir Usman, der seit Anfang Mai in Eisenhüttenstadt inhaftiert sei, habe auf seiner Flucht aus Pakistan über Griechenland, Serbien und Ungarn rassistische Übergriffe, Polizeigewalt und mehrfache Festnahmen erlebt und kämpfe deshalb um ein Asylverfahren in Deutschland.
Ein psychologisches Gutachten habe in Deutschland bestätigt, dass Munir Usman an einer schweren posttraumatischen Belastungsstörung und Depression leide, hieß es weiter. Nach dem sogenannten Dublin-Verfahren wäre gemäß EU-Recht eigentlich Griechenland für das Asylverfahren zuständig. Dort seien die Verhältnisse jedoch so katastrophal, dass nicht mehr dorthin zurückgeschoben werden darf. Auch in Ungarn gebe es kein funktionierendes Asylsystem, deutsche Verwaltungsgerichte untersagten deshalb viele Rückschiebungen.
In Ungarn würden Asylsuchende systematisch inhaftiert und aus der Haft heraus in Transit- oder Herkunftsländer abgeschoben, so der Flüchtlingsrat. In Deutschland sei Usman kurz nach dem Grenzübertritt von der Bundespolizei festgenommen worden, sein Asylgesuch sei jedoch von der Bundespolizei nicht an das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weitergeleitet worden. Stattdessen sei er sofort inhaftiert worden.
Munir Usman sei der "Prototyp des heutigen Abschiebungshäftlings", betonte der Flüchtlingsrat. Die Abschiebehaft sei "voll von Flüchtlingen, die gerade in Deutschland angekommen sind, von der Bundespolizei aufgegriffen und unmittelbar inhaftiert wurden". Die Schutz suchenden Menschen kämen auf unbestimmte Zeit in Haft, ohne je etwas verbrochen zu haben, und müssten dort in völliger Ungewissheit und Isolation leben. (epd)
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