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„Die Bürokratiebelastung muss gesenkt werden“: Brandenburgs Ministerpräsident Woidke will Sonderausschuss
Kammern sprechen von einem Standortnachteil und Investitionshemmnis. Die Wirtschaft fordert schnelleres Handeln. Doch die Landtagswahlen verzögern das.
Stand:
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) will in der kommenden Legislaturperiode einen Sonderausschuss zum Bürokratieabbau im Landtag installieren. Das teilte Woidke am Mittwoch nach einem Spitzengespräch mit Vertretern der Brandenburger Wirtschaft in der Potsdamer Staatskanzlei mit. „Die Bürokratiebelastung muss gesenkt werden“, sagte Woidke.
Der neue Ausschuss solle Gesetze und Verordnungen unter die Lupe nehmen, die aus Sicht der Betroffenen diese über Gebühr belasten. Dazu sollte sich der Sonderausschuss eng mit Land, Kommunen, Handwerk und Industrie abstimmen.
Die Kammern und die Unternehmensverbände hatten im März einen Katalog mit etwa 40 Vorschlägen zum Bürokratieabbau vorgestellt. Damit wollten sie Aufwand und Kosten der Betriebe senken und Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigen. Konkret passiert sei seitdem aber nur wenig.
Das wird sich in der kommenden Zeit wohl auch nicht ändern: Denn wenn nun ein Sonderausschuss geplant ist, kann dieser frühestens nach der Konstituierung des neuen Landtags im Oktober seine Arbeit aufnehmen. Wahrscheinlicher ist, dass der Ausschuss erst nach Bildung der Landesregierung im Dezember oder Januar an den Start geht. Dann wäre nicht vor dem späten Frühjahr oder dem Sommer 2025 mit ersten Ergebnissen zu rechnen – also mehr als ein Jahr nach den Vorschlägen der Wirtschaft.
Es wird nicht in wenigen Wochen oder Monaten gelingen, die über Jahre aufgebaute, teilweise ausufernde Bürokratie auszulichten.
Dietmar Woidke (SPD), Brandenburgs Ministerpräsident
Woidke lobte die Vorschläge am Mittwoch dennoch als „konstruktiv“. Dazu gehörten etwa eine konsequente Digitalisierung bei Gewerbeanmeldungen, Förderanträgen und Meistergründungsprämie oder eine Abschaffung von Doppelmeldungen an Behörden. Zudem solle die Komplexität von Regelungen, Formularen, Bescheiden und amtlichen Schreiben reduziert werden.
„Es wird nicht in wenigen Wochen oder Monaten gelingen, die über Jahre aufgebaute, teilweise ausufernde Bürokratie auszulichten“, sagte Woidke. Man müsse systematisch an die Dinge herangehen und brauche strukturelle Veränderungen. „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Großteil der Vorschriften und Anforderungen nicht auf Landes-, sondern auf Bundes- oder EU-Ebene geregelt ist.“
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) und Baustaatssekretär Uwe Schüler (CDU) verwiesen hingegen auf Dinge, die bereits in Arbeit seien. Zur Vergabe öffentlicher Aufträge arbeite die Bundesregierung an einer Novelle des Vergaberechts. Dazu seien rund 400 Vorschläge eingegangen. „Unsere Landeshaushaltsordnung ist so konzipiert, dass sich Erleichterungen im Bundesrecht kurzfristig positiv in Brandenburg auswirken werden“, sagte Steinbach.
Wirtschaft bleibt skeptisch
Um Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, wurde das Personal im Landesbergamt in den Jahren 2023 und 2024 um rund 30 Stellen erweitert. „Dadurch können wir den Genehmigungsstau zum Beispiel bei Stromleitungen und Pipelines abbauen.“ Derzeit werde auch die digitale Verfahrensführung von Bauleitplanverfahren entwickelt. In den ersten Landkreisen sei ferner der digitale Bauantrag online gegangen.
Doch im Unterschied zu anderen Gipfeltreffen in der Potsdamer Staatskanzlei gab es am Mittwoch keine gemeinsamen Statements von Woidke und seinen Gästen vor den Fernsehkameras und der berühmten „Blauen Wand“. Und die Wirtschaftsvertreter zeigten sich nach dem Treffen auch deutlich skeptischer als Woidke. „Für die Brandenburger Wirtschaft entwickelt sich Bürokratie immer mehr zum Investitionshemmnis und damit zu einem echten Standortnachteil“, sagte die Präsidentin der IHK Potsdam, Ines Hänsel. Die Wirtschaft brauche eine schnelle Bearbeitung von Genehmigungsverfahren. „Wir erwarten eine Durchdigitalisierung der Verwaltungsprozesse“, so Hänsel.
Auch der Präsident des Handwerkskammertags, Robert Wüst, erklärte, die Politik müsse beim Abbau von Bürokratie endlich ernst machen. „Das Treffen war aus meiner Sicht gut“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg, Alexander Schirp, im Gespräch mit dieser Zeitung. „Es ist nur zu einem Zeitpunkt geführt worden, wo wegen der bevorstehenden Wahlen nicht unmittelbar etwas daraus folgen können wird.“ Statt des von Woidke vorgeschlagenen Sonderausschusses würde er eine Enquete-Kommission begrüßen, so Schirp. Denn in solch einem Gremium wären nicht nur Landtagsabgeordnete, sondern auch Experten vertreten.
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