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In Privatbesitz. Die Adlon-Villa am Lehnitzsee in Neu Fahrland lockt derzeit viele Neugierige an. Für den ZDF-Dreiteiler wurde hier gedreht. Zu besichtigen ist das Haus aber nicht.

© Steyer

Landeshauptstadt: Adlons Schicksalsvilla

ZDF drehte am Originalschauplatz in Neu Fahrland Schaulustige suchen das Haus der Hoteliersfamilie

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Die Soldaten der Roten Armee kennen beim Wort „General“ für einen Deutschen kein Pardon. In den letzten Kriegstagen nehmen sie den so bezeichneten Mann in einer Villa in Neu Fahrland fest, verfrachten ihn auf einen Lastwagen und fahren davon. Er wird nie wieder zurückkommen. Wenige Tage nach der Festnahme kommt er „unter ungeklärten Umständen“ ums Leben. Diese Szene gehört zu den bewegendsten im ZDF-Dreiteiler über die Adlon-Familie. Am 25. April 1945 wurde Louis Adlon, Sohn und Nachfolger von Lorenz Adlon, dem Gründer des Berliner Nobelhotels, zum letzten Mal gesehen.

Wie Zeitzeugen später bestätigten, handelte es sich bei der Aktion der Russen um ein Missverständnis. Denn eine Hausangestellte hatte sich in dem Durcheinander der Hausdurchsuchung verbal vor Louis Adlon stellen wollen und ehrfurchtsvoll vom „Generaldirektor“ gesprochen. Doch die Soldaten verstanden offenbar nur „General“ und vollendeten ihr Werk. Louis Adlon selbst hatte die letztendlich verhängnisvolle Entscheidung getroffen, die fast eingeschlossene Hauptstadt zu verlassen und in dem stillen Neu Fahrland, das damals noch nicht zu Potsdam gehörte, Schutz zu suchen.

Gedreht wurden die dramatischen Ereignisse am Schauplatz des Dramas. Denn die „Villa Adlon“ im Potsdamer Vorort steht dort noch im fast originalen Zustand in der kleinen Sackgasse „Am Lehnitzsee“. Ein verwittertes Hinweisschild an der Hauptstraße weist sogar den Weg zum Haus. Wie Recherchen in der Gemeinde ergaben hatte Hedwig „Hedda“ Leythen das Anwesen mit in die Ehe gebracht. Die Familie der Deutsch-Amerikanerin, die Louis Adlon Silvester 1920/21 den Kopf verdreht hatte, besaß ein Bauernhaus in Neu Fahrland. Ab 1925 wurde es in ein neubarockes Schmuckstück verwandelt, bei dem der Architekt sogar Anleihen beim Schloss Sanssouci nahm. Gleichzeitig entstanden ein Kavaliershaus, ein Reitstall, ein Bootshaus und eine Anlegestelle.

Fortan traf sich die Berliner Prominenz aus Politik, Wirtschaft, Film und Kunst in der Villa. Chroniken berichten von rauschenden Festen. Gästen, die sich vor dem weiten Heimweg in die Hauptstadt fürchteten, machte Adlon ein lukratives Angebot. Sie konnten im pompösen und nahen Schloss Marquardt, damals von Kempinski geführt, übernachten.

Spätestens mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war damit Schluss. Die Adlons fuhren nur noch zu einigen Sommerfesten an den Lehnitzsee, ehe das Unheil seinen Lauf nahm.

Seit der Ausstrahlung des ZDF-Films – am Mittwoch lief der dritte und letzte Teil – zieht es viele Neugierige zur Villa. Einige verbinden sogar persönliche Erinnerungen mit dem Haus. „Hier habe ich einige Jahre meiner Kindheit verlebt“, erzählt etwa Gerda Schumann. „In den 1950er Jahren war hier eine psychiatrische Kinderklinik. Ich hatte Mutter und Vater im Krieg verloren und war froh, hier unbeschwert spielen zu können.“ Danach folgte eine Schule der „DDR-Zivilverteidigung“, ehe sich nach der Wende die Landesakademie für öffentliche Verwaltung einmietete. Die Erben der Adlons erhielten das Haus 2008 zurück. Bei einer Auktion wurde es für 1,5 Millionen Euro angeboten. Heute gehört die Villa einem Ehepaar, das es schrittweise sanieren und die Vergangenheit dabei bewahren will. Claus-Dieter Steyer

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