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Muslime in Potsdam: Auf Distanz zur deutschen Gesellschaft?
Eine umstrittene Freitagspredigt des Vereins der Muslime in Potsdam bringt die Stadt in Zugzwang. Oberbürgermeister Jann Jakobs ruft nun zu einem Dialog mit Muslimen über Integration auf.
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Potsdam - Der Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hat zu einem öffentlichen Dialog zur Integration von Muslimen in der Stadt aufgerufen. Anlass ist die umstrittene Predigt bei einem Freitagsgebet der islamischen Gemeinde in der Biosphäre. Darin waren die Muslime, überwiegend Flüchtlinge, indirekt dazu aufgerufen worden, sich nicht zu integrieren und auf Distanz zur deutschen Gesellschaft zu bleiben.
Jakobs sagte am Dienstag, es sei bei dem nötigen Dialog wichtig, sich gegenseitig zuzuhören und zugleich Position zu beziehen. „Zur Integration gehört nicht, dass man sich abgrenzt, sondern dass man sich einlässt“, sagte er. In dem Dialog müsse aber auch die Erwartungshaltung der Stadt deutlich gemacht werden. Bereits am Vortag hatte der Sozialbeigeordnete Mike Schubert (SPD) die Grenzen des Tolerierbaren gezogen. Einige Äußerungen aus der von dem ARD-Journalisten Constantin Schreiber in einem Buch veröffentlichten Predigt entsprächen nicht den Vorstellungen der Stadt von Integration, sagte Schubert. Wie die PNN erfuhren, will Schreiber an einem Dialog in Potsdam ebenfalls teilnehmen.
Schreiber fand die Potsdamer Predigt besonders auffällig
Für das Buch „Inside Islam“ hatte Schreiber 2016 in Deutschland 13 Moscheen besucht. In seinem Buch dokumentiert er die Freitagspredigten, er selbst spricht fließend Arabisch. Am 16. Dezember war Schreiber in der Biosphäre, in deren Orangerie der Moschee-Verein seine Freitagsgebete abhalten darf. Die Potsdamer Predigt fand Schreiber besonders auffällig. Es habe keine Hetze oder inakzeptable Agitation gegen die Demokratie gegeben, aber die Predigt sei streng konservativ gewesen. Zentrale Passagen könnten „als „Integrationshindernis wirken“. Zum einen rief die Predigt ausdrücklich zur Missionierung von Nichtmuslimen auf. Zugleich wurden die Gläubigen – vornehmlich Flüchtlinge – gewarnt, „dass man sich nur mit rechtgläubigen Muslimen befreunden solle“, sagte Schreiber im PNN-Interview. Das fördere nicht das Ankommen in Deutschland. Der Prediger des Freitagsgebets im Dezember 2016 habe aufgrund seiner speziellen Kleidung auch Nähe zum Salafismus vermuten lassen, hieß es. Auf Antrag der CDU befasst sich der Innenausschuss des Landtags mit den Vorwürfen.
Die hatte Imam Kamal Abdallah zunächst gegenüber den PNN, dann gegenüber anderen Medien bestritten. Erst sagte er, er wisse nicht, wer die Predigt gehalten hat. Und später, er sei sich sicher, dass die von Schreiber zitierten Passagen so nicht gesagt worden seien. Sich selbst bezeichnete er als integriert. Anfang 2016 hatte Abdallah im PNN-Interview erklärt: „Integration ist keine Einbahnstraße. Deswegen erklären wir auch den neuen Brüdern, wie die Gesellschaft hier funktioniert.“
Fest steht: Die Stadt ist durch die neuen Erkenntnisse in Zugzwang, zumal sie 1500 Euro pro Woche zahlt, damit die Freitagsgebete in der Biosphäre abgehalten werden können. Und auch weil die AfD den Islam an sich als angebliche Gefahr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung ins Visier nimmt und von Hasspredigten spricht, die von der Stadt finanziell unterstützt würden.
Verfassungsschutz hat keine Erkenntnisse über extremistische Bestrebungen
Jakobs sagte am Dienstag nun, die islamische Gemeinde, die durch den Zuzug von Flüchtlingen stark gewachsen ist und nach einem größeren Raum für ihre Moschee sucht, sei keine Gemeinde, die sich abschotte. Der Verfassungsschutz hat bislang keine neuen Erkenntnisse über extremistische Bestrebungen in dem Moschee-Verein. Die aktuelle Diskussion dürfte auch die Debatten-Reihe „Stadt der Zukunft“ am Hans Otto Theater befeuern. Dort diskutiert Jakobs am Dienstagabend mit Brandenburgs Kulturministerin Martina Münch (SPD) und Imam Abdallah über religiöse Vielfalt in der Stadt, das Thema: „Wo ist Platz für die Potsdamer Moschee“. Dabei sind auch Yasemin El-Menouar, die die Ergebnissen der Bertelsmann-Studie „Islam in Deutschland“ vorstellt, und Kadir Sanci. Er ist Islamwissenschaftler am Institut für jüdische Studien der Universität Potsdam, aber auch Imam des in Berlin geplanten interreligiösen „House of One“. Er vertritt einen liberalen Islam. Denn PNN hatte er im Januar gesagt: „Wir müssen nicht den Islam aufklären, sondern die Muslime. Die brauchen definitiv eine Aufklärung.“
Spahn (CDU): "Wir brauchen Imame, die Deutsch sprechen"
CDU-Politiker Jens Spahn forderte am Dienstag bei der Vorstellung des Buches von Schreiber in Berlin: „Wir brauchen ein Moscheeregister und Imame, die Deutsch sprechen.“ Spahn, der im CDU- Bundesvorstand sitzt und Parlamentarischer Staatssekretär ist, sagte aber auch: „Wir müssen Angebote machen, wenn wir einen Islam hier haben wollen, der sich in den kulturellen Zusammenhang einfügt.“ Und um Moscheen zu Orten der Integration zu machen.
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