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Steinmeier in Potsdam: Bundespräsident Steinmeier in Potsdam: Zurück in neuer Rolle
Beim Antrittsbesuch des Bundespräsidenten in Potsdam dominiert eines seiner Leitmotive – die Demokratievermittlung.
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Potsdam - Zuerst knattern sieben Polizeimotorräder vorbei am Belvedere auf dem Klausberg. Sie führen die Eskorte des Bundespräsidenten an. Frank-Walter Steinmeier folgt mit seiner Frau Elke Büdenbender im schwarzen Audi mit dem Bundesadler. Auf der Treppe des gelb getünchten Säulengebäudes stehen schon Ministerpräsident Dietmar Woidke, Oberbürgermeister Jann Jakobs (alle SPD) und die meisten Mitglieder des brandenburgischen Kabinetts aufgereiht. Die erste Station von Frank-Walter Steinmeiers Antrittsbesuch in Brandenburg ist streng protokollarisch. Gruppenfoto, dann über die Treppe nach oben, dort dann der Eintrag ins Gästebuch des Landes und das Goldene Buch der Stadt.
Wie es für Bundespräsidenten üblich ist, besucht Frank-Walter Steinmeier in den Monaten nach seiner Amtseinführung nach und nach alle 16 Bundesländer. Seit März war er schon in Bayern, Niedersachsen und Hessen – nun ist Brandenburg an der Reihe. Das Land ist für ihn kein Unbekanntes: 2009 wurde er im Wahlkreis Brandenburg an der Havel in den Bundestag gewählt und hat im Ortsteil Saaringen seinen Zweitwohnsitz. Am Donnerstag besuchte er zunächst verschiedenen Stationen in Potsdam. Heute stehen die Lausitz, Cottbus und den Spreewald auf seinem Programm.
Steinmeier appelliert an das Engagement junger Erwachsener
„Der Schwerpunkt meines Besuchs liegt auf dem direkten Gespräch mit der jungen Generation. Aber wir beginnen mit etwas Altem, denn darauf gründen die Brandenburger zurecht einen Teil ihres Selbstbewusstseins“, erklärt Steinmeier auf dem Balkon des Belvedere-Schlosses. Der Generaldirektor der Stiftung preußischer Schlösser, Hartmut Dorgerloh, erzählt ihm vom Wein, der am Klausberg angebaut wird, vom Spalierobst, das nach historischem Vorbild gezogen wird und von den Seidenraupen, die einst in den Maulbeerbäumen ihre Kokons spannen. Elke Büdenbender stellt interessierte Fragen zu Friedrichs Zeiten und erklärt: „Wenn ich Besuch habe und etwas Schönes zeigen will, dann komme ich nach Potsdam.“
Die zweite Station verbindet Alt und Jung. Denn im Halbrund der Säulen des Neuen Palais sitzen die Absolventen der Universität Potsdam mit roten, grünen und gelben Schals. Über den Kolonnaden brauen sich immer dunklere Wolken zusammen und künden vom nahenden Regen. Zum dritten Mal findet an diesem Ort die feierliche Verabschiedung der Studenten statt, die ihr Studium oder ihre Promotion abgeschlossen haben. Frank-Walter Steinmeier nutzt den Rahmen vor allem dazu, an das Engagement der jungen Erwachsenen zu appellieren. „Man muss manchmal etwas Schwieriges wagen und ein Risiko eingehen“, betont er. „Nur so kommen Exzellenz und Innovation in die Welt.“
Havelland als neue politische Heimat
Der Bundespräsident geht auf seine Erfahrung als Bundeskanzlerkandidat ein. „Nach einem anstrengenden Wahlkampf bin ich krachend gescheitert. Das war bitter. Aber ich habe im schönen Havelland eine neue politische Heimat gefunden“, erzählt er. „Lassen Sie sich durch Rückschläge nicht aufhalten“, fordert er die Absolventen auf. „Vielleicht sitzt in diesen Reihen der neue Oberbürgermeister von Potsdam, Cottbus oder Frankfurt an der Oder? Oder der neue UN-Generalsekretär?“
Doch besonders wichtig ist ihm das politische und bürgerschaftliche Engagement. Demokratie lebe von denen, die mehr tun, als sie müssten und Verantwortung übernehmen. „Ich finde es mutig, in einer hitzigen Diskussion, sei es online oder offline, gegen die ganz lauten und einfachen Antworten anzustinken“, erklärt er.
Vermittlung demokratischer Werte aus der Geschichte des Landes
Um den Wert der Demokratie geht es auch beim Besuch in der Gedenkstätte Lindenstraße. Nachdem die Absolventenfeier durch ein Gewitter mit strömendem Regen unterbrochen wurde und Steinmeier früher als geplant zu diesem Erinnerungsort gekommen ist, hat er Zeit für einen ausführlichen Rundgang. In der Gedenkstätte, in deren Innenhof er auch einen Kranz niederlegt, geht es nicht nur um Gewalt und politische Verfolgung im Nationalsozialismus, in der sowjetischen Besatzung und in der DDR, sondern auch um die friedliche Revolution und den Sieg der Demokratie.
Die Vermittlung der demokratischen Werte und der Erinnerung beschäftigt den Bundespräsidenten, der vor einigen Jahren schon einmal in der Lindenstraße war. Ganz genau lässt er sich die Geschichte des ehemaligen Häftlings Bernd Richter erzählen, der als Zeitzeuge in der Runde dabei ist. Als Jugendlicher bei einem Fluchtversuch festgenommen saß er mehrere Monate im Keller der Lindenstraße in einer kleinen Zelle ohne Fenster Einzelhaft.
„Wie bereiten Sie sich auf die Zeit ohne Zeitzeugen vor?“ Diese Frage stellt Frank-Walter Steinmeier der Leiterin der Gedenkstätte, Ute Gerlant. Sie berichtet, dass sie beispielsweise in Lesungen im Stuhlkreis mit Besuchern reihum Protokolle oder andere Texte laut vorlesen. So sollen die Stimmen von Opfern und Tätern lebendig werden, auch wenn kein Zeitzeuge vor Ort ist. Gerlant nutzt die Gelegenheit, Steinmeier, Woidke und Jakobs dazu aufzurufen, beim weiteren Ausbau der Gedenkstätte zusammen zu arbeiten. Die drei zeigen sich bereit zu weiteren Gesprächen.
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