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Mike Schuberts droht der Amtsverlust.

© Andreas Klaer

Bürgerentscheid im Mai: Stadtverordnete beschließen Antrag auf Abwahl des Potsdamer Oberbürgermeisters

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) bangt um sein Amt. In der Stadtverordnetenversammlung stimmt eine große Mehrheit für seine Abwahl. Er kann nun entscheiden, ob er das Votum annimmt.

Potsdams Stadtverordnete haben mit großer Mehrheit für eine Abwahl von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) gestimmt. Der Antrag wurde am Mittwoch in der Stadtverordnetenversammlung beschlossen. Die nötige Zweidrittelmehrheit wurde erreicht.

Für die Abwahl stimmten CDU, Grüne-Volt-DiePartei, AfD, Die Andere, Linke, FDP, BfW und Freie Wähler, einzig die SPD-Vertreter stimmten dagegen. Insgesamt 44 Stadtverordnete votierten gegen Schubert, nur neun für ihn.

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) konnte die Stadtverordneten nicht mehr umstimmen.

© Andreas Klaer

Die endgültige Entscheidung, ob der Rathauschef seinen Posten vorzeitig räumen muss, ist mit der Abstimmung noch nicht gefallen. Schubert kann jetzt innerhalb einer Woche das Votum annehmen und zurücktreten. Oder er lässt es auf einen Bürgerentscheid ankommen. Dieser würde am 25. Mai stattfinden.

„Die heutige Entscheidung respektiere ich. Sie ändert aber nichts an meiner Einstellung, für diese Stadt arbeiten zu können“, sagte Schubert vor den Stadtverordneten. „Ich stelle mich dem Votum der Potsdamerinnen und Potsdamer.“

Schubert ist mit einem Bürgerentscheid abgewählt, wenn eine Mehrheit dafür stimmt – und mindestens 25 Prozent der Wahlberechtigten. Dies wären rund 35.000 Potsdamer. Regulär endet Schuberts Amtszeit im Herbst 2026. Der Bürgerentscheid kostet nach Angaben der Stadt rund 250.000 Euro.

© Grafik: Tagesspiegel/Ille

Vorwurf der Unfähigkeit, das Amt auszuüben

Ende Januar hatte das Abwahlbegehren gegen den 52-jährigen Oberbürgermeister offiziell begonnen. Zuvor hatte ein großes Bündnis aus CDU, Grünen-Volt-Die Partei, Die Andere, Linke und Freie Wähler seinen Unmut über Schuberts Amtsführung artikuliert. Sie sei zum Nachteil der Stadt. Die gewählten Stadtverordneten hatten Schubert Unfähigkeit, schlechte Personalführung und mangelnde Erfolge vorgeworfen.

Schubert wurde in der Stadtverordnetenversammlung scharf kritisiert.

© Andreas Klaer

„Schon in den vergangenen Jahren seiner Amtsführung zeigte die Stadtverwaltung trotz zusätzlicher Personalstellen in vielen Bereichen große Probleme, ihre Kernaufgaben in einer angemessenen Qualität und in zumutbaren Fristen zu erledigen“, heißt es in der Antragsbegründung. 

Zudem hatte das Bündnis Schuberts – mittlerweile deutlich aufgeweichten – Sparkurs kritisiert. Wirtschaftliche Probleme von städtischen Unternehmen wie dem Potsdamer Verkehrsbetrieb (ViP) seien zu spät adressiert worden, hatte Grünen Ko-Fraktionschefin Silke Reimer bemängelt.

Eine wichtige Rolle spielte auch die VIP-Ticket-Affäre um kostenfreie VIP-Tickets für Sportveranstaltungen, die Schubert für sich und seine Ehefrau angenommen hatte. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat ihre Korruptionsermittlungen gegen Schubert gegen eine Geldauflage von 34.000 Euro eingestellt. Als „strafbar wegen Vorteilsannahme“ bewerteten die Ermittler 67 Fälle.

Der Abwahl-Antrag gegen Schubert wurde mit deutlicher Mehrheit beschlossen.

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Im Zuge der Ermittlungen hatten mehrere Fraktionen des Stadtparlaments Schubert mehrfach für Intransparenz im Umgang mit den Vorwürfen kritisiert. Der Oberbürgermeister hatte bis zuletzt nicht selbst offen gelegt, wie viele VIP-Freikarten er für sich und seine Ehefrau angenommen hatte. Dies hatte er mit den laufenden Ermittlungen begründet. Wegen der Vorgänge führt das Innenministerium weiterhin ein Disziplinarverfahren gegen ihn.

Schubert wird außerdem beim Umgang mit Mitarbeitenden und Führungskräften schlechter Stil bescheinigt. Das Vertrauensverhältnis zu seiner Beigeordnetenriege – vor allem zum wiedergewählten Baubeigeordneten Bernd Rubelt (parteilos) – gilt als teilweise gestört. Probleme beim Bürgerservice, beim Wohngeld oder auch in der Einbürgerungsbehörde und im Jugendamt sorgten zusätzlich für Verärgerung.

Der Baubeigeordnete Bernd Rubelt (parteilos/l.) wurde kürzlich wiedergewählt. Hier im Gespräch mit Ralf Jäkel (BfW).

© Andreas Klaer

Ein erster Abwahlantrag gegen Schubert war im vergangenen Frühsommer gescheitert, unter anderem wegen Beteiligung der AfD und am Widerstand von SPD, Linken und Die Andere. Danach wurde die Stadtverordnetenversammlung bei der Kommunalwahl im Juni neu gewählt. Seitdem schlossen sich auch Linke und die Fraktion Die Andere dem Abwahlantrag an.

Schubert droht das gleiche Schicksal wie Horst Gramlich (SPD). Gramlich wurde 1998 als Potsdamer Oberbürgermeister abgewählt. Sein Nachfolger wurde der spätere Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD).

Stadtverordnete beklagen Vertrauensverlust

In der Sitzung der Stadtverordneten war der Unmut über Schubert und seine Amtsführung stark zu spüren. Die Vertreter der Fraktionen richteten deutliche Worte an den Oberbürgermeister. Sie führten vor allem an, dass das nötige Vertrauen in Schubert nicht mehr gegeben sei.

Grünen-Ko-Fraktionschefin Saskia Hüneke (Grüne) sagte, die ViP-Ticket-Affäre mit den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft wegen Vorteilsannahme im Amt sei zwar der Auslöser gewesen. Doch es gebe viele weitere Probleme. So habe das Vorgehen Schuberts beim Sparhaushalt die Stadt stark verunsichert. Hüneke nannte sein Agieren in den vergangenen Monaten „eine Zumutung“. Ebenso führte sie die zahlreichen Weggänge aus der Verwaltung wegen eines schlechten Arbeitsklimas an. Hüneke appellierte an Schubert, den Abwahlantrag anzunehmen.

Schubert während seiner Rede in der Stadtverordnetenversammlung.

© Andreas Klaer

Hans-Jürgen Scharfenberg vom Wagenknecht-Ableger BfW sagte, Schubert trage eine hohe Verantwortung als Rathauschef für das Wohl und Wehe der Stadt. Es gebe kein belastbares Vertrauensverhältnis mehr zu den Stadtverordneten. Das bedinge die Probleme bei der Amtsführung. Erst mit dem Abwahlantrag habe Schubert reagiert. „Wie wollen Sie gegen eine Zweidrittelmehrheit wirksame Politik machen?“ Er hoffe, dass Schubert von sich aus zurücktrete, als Dienst an der Stadt.

Hans-Jürgen Scharfenberg vom Wagenknecht-Ableger BfW.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Auch die FDP unterstützt den Abwahlantrag. FDP-Mann Helmut Lange sagte, überraschend sei für ihn, dass auch Fraktionen der früheren rot-grün-roten Rathauskooperation das Vertrauen in Schubert verloren hätten. Chaled-Uwe Said (AfD) meinte ebenso, das Vertrauen zum Oberbürgermeister sei gestört.

Steffen Pfrogner (Die Andere) betonte in seiner Stellungnahme, dass seine Fraktion sich am ersten Abwahlantrag nicht beteiligt habe, um die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abzuwarten. Pfrogner nannte mehrere Punkte, bei denen es Schubert aus seiner Sicht versäumt habe, zeitgemäß Probleme zu lösen – darunter den überlasteten Bürgerservice und die Wärmewende. „Ein Wechsel an der Verwaltungsspitze ist unerlässlich“, so Pfrogner. Auch er forderte Schubert auf, zurückzutreten. 

SPD-Fraktionschef Nico Marquardt erklärte, die Abwahl des Oberbürgermeisters werde von der SPD nicht unterstützt. „Er wird und kann sein Amt weiterführen.“ Die Konzentration auf die Abwahl lenke ab von wichtigeren Themen wie der Schaffung bezahlbaren Wohnraums oder der Verbesserung des Bürgerservice. Marquardt warnte vor einer monatelangen Lähmung in der Stadt.

Isabelle Vandré (Die Linke) erinnerte daran, dass ihre Fraktion lange abgewogen habe, ob sie der Abwahl zustimmen werde. Thema sei nicht eine einzelne Verfehlung. „Es ist auch der Umgang miteinander“, so betonte Vandré. Sie kritisierte, dass mehrfach Stadtverordnetenbeschlüsse nicht umgesetzt wurden. „Wir müssen die Blockadehaltung auflösen“, sagte Vandré. Sie sprach sich für ein Bürgerbegehren aus, damit die Potsdamerinnen und Potsdamer eine Entscheidung treffen könnten. 

CDU-Ko-Fraktionschef Willo Göpel sagte, in seinem halben Jahr als Stadtverordneter habe er den Schlingerkurs von Schubert erleben müssen, der sich häufig zu Themen umentscheide. „Wenn Sie was versprochen haben, konnten Sie nie liefern.“ Und: „Haben Sie ein Einsehen, machen Sie Schluss. Machen Sie Platz für Neuwahlen, die diese Stadt verdient.“

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