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Daucum aus Potsdam berät zu Biodiversität: Sieben Tipps für einen insektenfreundlichen Garten oder Balkon
Die Potsdamer Firma Daucum setzt sich für mehr Biodiversität ein und berät Städte, Firmen und Privatpersonen. Warum Geschäftsführerin Wanda Born wenig von Insektenhotels hält und wie es besser geht.
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Wanda Born will deutsche Städte, Firmengelände und Privatgärten insektenfreundlicher machen. 2019 hat die Landschafts- und Umweltökologin die Organisation „Daucum“ in Potsdam gegründet und berät, plant, lehrt und forscht seitdem mit einem kleinen Team zu Biodiversität.
„Das Klima wird bestimmen, wie wir in den nächsten 100 Jahren leben. Biodiversität wird mitdefinieren, ob wir so weiterleben können, weil die Nahrungsnetze kollabieren oder Ökosysteme nicht mehr resilient sind“, sagt Wanda Born. Seit Jahren ist das Massensterben von Insekten bekannt. Die Folgen für Mensch und Natur sind immens. Viele Ökosystemleistungen hängen von Artenvielfalt ab.
„Wir haben 560 Wildbienenarten, die für die Bestäubung unserer täglichen Produkte wie Obst und Gemüse relevant sind“, sagt Born. Umgekehrt verbessert mehr Biodiversität die Luftreinigung, das Mikroklima, Nahrungsnetze, indem mehr Insekten mehr Vögel anlocken, sowie die Klimaanpassung. Mehr innerartliche Variabilität und ungemähte Grünflächen machen Flora und Fauna klima- und trockenheitsresistenter.
Mehr Biodiversität für Potsdam
„Unsere Biodiversitätsbildung richtet sich an alle Hobbygärtner, Landschaftsarchitekten und Grünflächenmitarbeiter“, sagt die Geschäftsführerin. Aktuell beraten sie und ihr Team den Berliner Senat, die Landeshauptstadt Potsdam und die Pro Potsdam für mehr Biodiversität – Wildblumen statt Schurrasen und weniger Rasenmähen. Genau das passiert bereits in der Hegelallee und im Nuthepark. Hier stutzen die Mitarbeiter der Stadt nur ein- bis zweimal pro Jahr den Rasen. Wanda Born lobt zudem die Wildstauden im Volkspark und die Beweidung mit Schafen in den Parks der Schlösserstiftung. Auch Privatpersonen können mehr für Biodiversität tun, sei es im Vorgarten, im Schrebergarten oder auf dem Balkon.

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Daucum bietet kostenfreie 30-minütige Webinare an: Gartenwerkstatt nennt sich das Angebot. Es gibt auch Präsenzworkshops. Der nächste Workshop zum Thema Schmetterlinge findet am 3. April im Haus der Natur statt. Für alle, die jetzt ihr Gartenjahr planen, haben Wanda Born und ihr Kollege Ingo Bräuer sieben Tipps. Sie sagen: „Es ist nicht mit viel Aufwand verbunden.“
1 Wilde Ecke
„Nichts machen“, so lautet der erste und vermutlich einfachste Tipp von Umweltökologe Ingo Bräuer. Auch wenn es vielen schwerfalle, Unordnung im Garten zuzulassen, ist es genau das, was Biodiversität fördert und Insekten anzieht. Für die Ästhetik empfiehlt er eine wilde Ecke, bei Bedarf mit Hecken abgetrennt. Hier sollen Gräser wachsen, Brennnessel als Raupenfutterpflanze stehen gelassen und Altholz gestapelt werden.
2 Nicht mähen
„No Mow May“ heißt ein Credo für mehr Biodiversität. Übersetzt: kein Rasenmähen im Mai. Indem Wildkräuter und Blumen wie Gänseblümchen und Löwenzahn eine Chance haben zu wachsen, finden Insekten genügend Nahrungsquellen und Nistmöglichkeiten. Wer etwas mehr Ordnung im Garten haben möchte, kann Wege frei mähen. Kritisch sehen die beiden Umweltökologen Mähroboter, weil diese insektenfreundlichen Pflanzen im Rasen direkt stutzen. Mal von der Gefahr für Igel abgesehen.
3 Wildblumen statt Gartencenter-Pflanzen
Importierte Blumensorten wie Geranien oder Hortensien sind bei den wenigsten Insekten beliebt. Mehr Schmetterlinge, Bienen und Käfer locken Wildblumenarten wie Schwarze Königskerzen, Rundblättrige Glockenblumen oder die Sand-Grasnelke an. Diese drei sind trockenheitsresistent und eignen sich daher auch für den Balkon.

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Gekauft werden sollten die Pflanzen bei Wildstauden-Produzenten und Wildsaatguthändler. Wanda Born empfiehlt dafür die virtuelle „Grüne Landkarte“, auf der Gärtnereien in ganz Deutschland gelistet sind. In der Nähe von Potsdam gibt es zum Beispiel den Saatgutanbieter „A. Treppens & Co. Samen“ in Berlin und das „Rosengut Langerwisch in Michendorf“. Die Idee ist: Einmal kaufen, selbst aussäen. „Ich lasse die Samenstände stehen und habe so eine Samenbank im Boden“, sagt Wanda Born.
4 Strukturvielfalt
Um für möglichst viele Insekten Futterquellen und Nistplätze zu bieten, braucht es mehr als „Schurrasen und einen Kugelahorn“. Ingo Bräuer nennt es Strukturvielfalt, wenn es abwechslungsreiche Orte im Garten gibt: eine Totholzecke, ein lang gewachsener Rasen, ein Teich oder eine andere Wasserquelle, Bäume und Heckenelemente.
Auch dabei gilt: je mehr Arten, etwa in einer Hecke, desto besser für die Fauna. Heimische Arten heißen beispielsweise Weißdorn, Faulbeere, Kornelkirsche, Heckenkirsche oder gemeiner Schneeball.
5 Sand-Töpfe statt Insektenhotels
Viele kommerzielle Insektenhotels schaden laut Born und Bräuer mehr den Insekten, als dass sie ihnen nutzen. An splittrigem Holz können sie sich ihre Flügel abreißen, bei zu kurzen Röhren kommt der Specht an den Bienennachwuchs. Besser: ein Topf mit ungewaschenem Sand oder sandigem Lehm. „70 Prozent der Bienen leben im Boden. Sie brauchen keine Insektenhotels“, sagt Wanda Born. Auf dem Balkon den Sand-Topf am besten nach Süden ausrichten.
6 Pflanzen vor dem Winter nicht zurückschneiden
Verblühte Stauden sollten über Winter stehen gelassen werden, denn Insekten nutzen Stängel und Holräume zum Überwintern. Gleiches gilt für Balkonpflanzen. Beim Zurückschneiden im Frühjahr bitte einen Tag die Pflanzenreste liegen lassen, bevor sie auf den Kompost oder in die Tonne wandern. So haben die Tiere Zeit, sich einen neuen Unterschlupf zu suchen. Streu, wie Laub oder Halme, können im Herbst unter Büsche gehakt werden und so als Winterquartier dienen.
7 Kräuter und Beeren für mehr Biodiversität
Wer Gemüse anbaut, kann ebenso etwas für mehr Biodiversität tun. Zum Beispiel die verholzten Stängel über Winter als Unterschlupf stehen lassen und Streu in den Beeten verteilen. Mit Gartenkräutern wie Schnittlauch, Dill, Salbei, Minze und Zitronenmelisse sowie mit Himbeer- und Brombeersträuchern lockt man Insekten in den Garten. Daucum beteiligt sich zudem an der Saat- und Pflanzguttauschbörse am 22. März von 11 bis 16 Uhr auf dem Lottenhof.
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