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Marktchefin Sabine Hüning

© A. Klaer

Landeshauptstadt: Ein bisschen Spanien oder Italien am Nauener Tor

Den Wochenmarkt gibt es seit zehn Jahren. Zum Jubiläum gibt es Kostproben und Maibowle

Stand:

Längst geht wohl niemand mehr auf den Markt, nur um ein Bund Zwiebeln auf schnellstem Wege nach Hause zu schaffen. Nichts gegen Zwiebeln. Ein gemütlicher Streifzug entlang der Stände ist heute oft ein Erlebnis, Slow-Shopping mit PR-Effekt. Sehen und Gesehen werden beim Fachsimpeln über Reinheitsgrade von Olivenöl – auf dem Wochenmarkt am Nauener Tor ist das gut möglich. Seit zehn Jahren ist dieser eine Potsdamer Institution, am heutigen Samstag wird das Jubiläum gefeiert.

Mit viel Leidenschaft hat Marktbetreiberin Sabine Hüning 2003 ihr Projekt umgesetzt. Erste Erfahrungen in Sachen Markt sammelte sie als Mitbegründerin des Marktes am Berliner Kollwitzplatz. Dann zog die Keramikerin und Malerin nach Potsdam und verliebte sich in den damals noch leeren Platz am Nauener Tor. Da würde auch so ein schöner Markt hinpassen, dachte sie, und zog es durch. Am 3. Mai 2003 war der erste Markttag. Noch am Freitag davor klemmte Sabine Hüning den parkenden Autos Karten unter die Scheibenwischer – mit dem Hinweis, dass neuerdings ab sieben Uhr Parkverbot gelten würde.

Mit etwa 20 Wagen und Ständen hat sie damals angefangen, heute sind es 30, die hier jeden Mittwoch und Samstag stehen. Es ist eine relativ kleine Auswahl – aber mehr geht nicht, sagt sie, weil sonst die Feuerwehr nicht durchkommt und Fußgängern und Radfahrern der Weg abgeschnitten wird. Er wird also so gemütlich bleiben, wie es ist.

Dennoch sei er ein „Krachermarkt“, wie sie ihn nennt: Von Anfang an gut besucht, vom Flair irgendwo zwischen dem Berliner Winterfeldmarkt und dem Münchener Viktualienmarkt. Potsdam brauchte so was, sagt sie. Einen Ort, „wo sinnliche Sachen in ihrer Üppigkeit und Pracht schön präsentiert werden“. Ein bisschen so wie in den südlichen Ländern, in Spanien oder Italien. Sie sehe vieles mit den Augen einer Malerin, für sie hat ein Markt auch eine ästhetische Komponente, ist eben nicht nur Nahversorger.

Hier einzukaufen ist für die Besucher oft Ritual. Kein Hetzen vorbei an den Ständen – man nimmt sich Zeit für Gespräche, für Beratung, zum Kosten. Für das Tässchen am Espresso-Mobil, die Belgische Waffel, eine Portion exotische Linsensuppe oder ein frisches Pastagericht. Hier zu schauen macht hungrig. Außerdem muss man unter Umständen ein Weilchen anstehen – beim Biofleischer oder dem gut sortierten Fischwagen. Alle stehen hier brav an, ob sie Joop oder Jauch heißen, kleine oder große Brötchen backen.

Sabine Hüning kümmert sich darum, dass neben den Grundversorgern ein wenig Abwechslung in das Angebot kommt, nicht umsonst heißt das Motto „Kunst und Kulinarisches“. Hier findet man kunstvollen Blumenschmuck, Taschen und Bucheinbände, Bürstenwaren aller Art. Dazu kommen regionale und saisonale Händler, so gibt es hier nach der Olivenernte – nur für wenige Monate – frisches Olivenöl direkt aus Italien, im Frühling Spargel und Teltower Rübchen. Wo sie Leidenschaft für die Produkte spürt, geht ihr das Herz auf. Andererseits passt sie auf, dass ihr niemand Krimskrams auf den Markt mogelt. „Es wollte hier mal jemand Waffen anbieten“, sagt sie, unvorstellbar, findet Sabine Hüning.

Zum Jubiläumsmarkttag ist das Kinderhilfswerk Unicef zu Gast, an dem Stand werden Einkaufstüten bemalt. Die Farben hat der Babelsberger H & W Künstlerbedarf gesponsert. Mit kleinen Kostproben und Maibowle soll das Zehnjährige gefeiert werden. Kein einziger Markttag sei bisher ausgefallen, sagt sie stolz, allerdings habe es damals vergleichsweise katastrophal begonnen: Die Stromversorgung war zu gering ausgelegt gewesen und brach am ersten Tag immer wieder zusammen. Sabine Hüning lief aufgeregt über die Hegelallee und sah das geparkte Auto einer Elektrofirma. „Die Telefonnummer stand da drauf, ich rief an, er kam und rettete mich. Bis heute macht der meinen Strom“, sagt sie.

Von den Händlern der ersten Stunde sind heute ebenfalls noch viele dabei, manche allerdings haben den Markt auch als Startrampe für einen Laden in Potsdam genutzt. Anfragen von neuen Interessenten hat Hüning trotz vergleichsweise hoher Standmieten viele. Dann tut es ihr doch wieder Leid, dass sie hier am Nauener Tor nicht mehr wachsen kann.

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