Landeshauptstadt: Eine Klinik für die Oromo
Drei Schulen und mehr als 80 Brunnen hat die Äthiopien-Hilfe Potsdam gefördert. Angelika Spiekermann ist seit dem Start im Jahr 1993 dabei
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Ein silberner Anhänger in Form des afrikanischen Kontinents hängt um Angelika Spiekermanns Hals. Afrika ist der Mitarbeiterin des diakonischen Trägers Landesausschuss für Innere Mission (Lafim) nah, nicht nur symbolisch: 1993 gehörte die langjährige Potsdamerin, die heute in Nauen wohnt, zu den Mitgründern der Äthiopien-Hilfe. Durch Spenden in Höhe von insgesamt 350 000 Euro konnte im Laufe der Jahre viel Aufbauarbeit in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Infrastruktur geleistet werden. Am heutigen Samstag feiert das ehrenamtliche Projekt sein 20-jähriges Bestehen mit einem Fest im Lafim-Hauptsitz in der Berliner Straße 148.
Seinen Anfang nahm die Äthiopien-Hilfe damals in Potsdam: „Nach der Wende fühlten auch wir uns als wohlhabendes Land und damit in der Verantwortung, etwas von diesem Reichtum abzugeben“, sagt Spiekermann, heute die hauptverantwortliche Leiterin der Äthiopien-Hilfe. Zusammen mit einigen anderen Lafim-Mitabeitern wurde überlegt, wohin die Unterstützung am besten gehen sollte. „Wie durch Zufall entdeckte ich da in der Kirchenzeitung einen Aufruf des mittlerweile verstorbenen Bischofs Gottfried Forck“, erinnert sich Spiekermann. Forck rief dazu auf, den Oromo in Äthiopien zu helfen, einer Volksgruppe, welche mit rund 25 Millionen Menschen die Mehrheit der äthiopischen Bevölkerung ausmacht, allerdings seit Langem von der regierenden Minderheit unterdrückt wird.
„Wir wollten uns nicht an eine große Hilfsorganisation ranhängen, sondern eine direkte Partnerschaft aufbauen“, sagt Spiekermann. Über das Berliner Missionswerk nahm man also Kontakt zur Nichtregierungs-Organisation „Oromo Relief Association“ (ORA) auf, welche sich für die Interessen der Volksgruppe einsetzt. Sie wurde fortan von der Äthiopien-Hilfe gefördert, um in der Region Wollega im Westen Äthiopiens Hilfsprojekte zu realisieren. Nach dem Ende der kommunistischen Diktatur, die hier bis 1991 geherrscht hatte, gab es viel zu tun, unter anderem in der Bildung: „Also haben wir als Erstes Schulen gebaut“, sagt Spiekermann. Drei Schulen und fünf Kindergärten sind seitdem mit Geldern der Äthiopien-Hilfe errichtet worden. Das bis heute größte Problem ist jedoch die Versorgung mit Trinkwasser in den ländlichen Gebieten, vor allem um Krankheiten zu einzudämmen: „Die Regierung hat wenig Interesse daran, hier Infrastrukturen herzustellen“, klagt Spiekermann. Seit dem Start der Äthiopien-Hilfe sind jedoch 80 bis 90 Brunnen und Quelleneinfassungen entstanden, auch zahlreiche Gesundheitsprojekte und Lebensmittelhilfen konnten realisiert werden.
Die Spenden dafür kommen von rund 100 Lafim-Mitarbeitern aus Brandenburg, die sich ehrenamtlich für das Projekt engagieren, etwa die Hälfte der Gelder stammt aus Privatspenden. Bereits kurz nach dem Start der Äthiopien-Hilfe stieg die Spendenbereitschaft enorm an. 1996 dann der Schock: Die äthiopische Regierung, der die Aktivisten ein Dorn im Auge war, ließ die ORA-Büros schließen. „Das Projekt hatte gerade an Fahrt aufgenommen und nun sollte schon wieder Schluss sein?“, sagt Spiekermann. Zum Glück erklärte sich die „Äthiopische Evangelische Kirche Mekane Jesus“ bereit, die Aufgaben von ORA zu übernehmen.
Zu den größten Erfolgen der Äthiopien-Hilfe zählt die kleine „Tulu Gopo Klinik“ mit drei Mitarbeitern, dessen Bau im Jahr 2007 begann: „Die Klinik liegt in einer Bergregion, das nächste Krankenhaus ist etwa 80 Kilometer entfernt“, sagt Spiekermann. „In ganz Äthiopien, das dreimal so groß ist wie Deutschland, gibt es etwa 3000 Ärzte.“ Die Einwohner der Umgebung waren zuvor stark in der Umgebung verteilt, doch mittlerweile hat sich um die Klinik ein kleines Dorf gebildet.
Laut Mitarbeitern vor Ort erreiche die Äthiopien-Hilfe cirka eine Million Menschen, sagt Spiekermann, die Wollega seit 2001 alle zwei Jahre für drei Wochen besucht. Viele Freundschaften sind seitdem entstanden: „Als hier in Deutschland das Oder-Hochwasser war, kamen aus Äthiopien viele Briefe, in denen es hieß: Wir beten für euch, wir denken an euch.“
Zur Feier der bisherigen Arbeit wird es am Samstag ab 13.30 Uhr einen Gottesdienst sowie um 16 Uhr eine Podiumsdiskussion geben. Neben vielen Mitarbeitern aus Äthiopien ist auch Dawid Getachew aus Addis Abeba zu Gast: Der Jazz-Pop-Musiker ist in seiner Heimat ein Star und wird um 18 Uhr ein Konzert mit seiner Band geben. Der Eintritt ist frei.
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