Landeshauptstadt: Einheit ohne Feier
Außer dem CDU-Kreisverband feierte in Potsdam gestern kaum einer den Tag der Wiedervereinigung
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Berliner Vorstadt/ Sanssouci - Trübes Wetter. Und nur rund 50 Feiernde samt schwarz-rot-goldener Fahnen auf der Glienicker Brücke statt hunderttausender Menschen wie im vergangenen Jahr zu dieser Zeit in Potsdams Innenstadt: Die Feierlichkeiten zum 16. „Tag der deutschen Einheit“ fielen in Potsdam gestern eher bescheiden aus – und ohne die Potsdamer CDU hätte kaum jemand in der Stadt etwas davon gemerkt. Der Kreisverband der Partei traf sich ab 12 Uhr auf der „Brücke der Einheit“, wie Horst Röpke von der Senioren-Union vor Ort betonte. Er war einer der Teilnehmer des Festes, die mit ihrer Lebensgeschichte das Anliegen des Tages begründen konnten: Die Freude über die Einheit, die Erinnerung an die DDR als Diktatur.
Die DDR hat Röpke komplett miterlebt. Er weiß zum Beispiel noch, warum die Glienicker Brücke auch schon in den 50er Jahren einmal Brücke der Einheit hieß: „Das ging damals von der DDR aus, als man hier noch hoffte, das gesamte Deutschland vereinnahmen zu können.“ An Tagen wie diesen kommt bei Menschen wie Röpke die Erinnerung an die alten Kämpfe – Kommunismus hier, Kapitalismus da – wieder hoch. Er war gegen das DDR-System eingestellt. Und warnt deshalb auch davor, das von der SED bis 1989 begangene Unrecht zu bagatellisieren. Was für ihn heißt: Keine Zusammenarbeit mit der Linkspartei.PDS.
Diese Ansicht teilt der Kreisverbandsvorsitzende Wieland Niekisch. „Die CDU muss als einzige Volkspartei konsequent für die Opfer der deutschen Teilung und des SED-Regimes eintreten, sonst dürfen wir uns nicht mehr Partei der Einheit nennen“, so Niekisch in seiner Rede zur Eröffnung des Fests. Natürlich sei auf kommunaler Ebene wie in Potsdam die Zusammenarbeit bei einzelnen Entscheidungen möglich – aber mehr auch nicht. „Diese prinzipielle Abgrenzung muss so lange dauern, wie es in der Linkspartei noch Menschen gibt, die das Unrechtsystem der DDR verleugnen“, sagte Niekisch.
Hautnah erfahren hat dies Horst Neukirch, der auch in der Potsdamer CDU Mitglied ist. Er erzählt, dass er in der DDR zeitweilig in Haft saß, weil er gegen den SED-Staat agitierte. Seine Frau habe sich damals von ihm trennen müssen – sonst hätte man ihr die gemeinsamen Kinder weggenommen. „Die Leute von damals, die zum Teil noch in der PDS sitzen, sollten sich für das schämen, was sie damals angerichtet haben.“ Lieber erinnert er sich an seinen ersten Besuch in West-Berlin am 9. November 1989, dem Tag der Maueröffnung. Er sei zuerst ins Kino gegangen. Und froh gewesen, dass niemand auf die friedlichen Massen geschossen habe. „Wer davon spricht, die DDR wiederhaben zu wollen, der kann sich nicht mehr an die Unterdrückung und die verfallenen Häuser erinnern“, so Neukirch.
Doch viele Potsdamer waren es nicht, die sich an diesem Nachmittag für solche Gedanken interessierten und zur Glienicker Brücke kamen. An einem anderen Ort liefen die Feierlichkeiten zur Einheit wegen weiträumigen Sicherheitsabsperrungen gänzlich ohne Publikum: Vor den neuen Kammern in Schloss Sanssouci pflanzten der italienische Unternehmer und Politiker Ricardo Illy sowie ein Dreierteam des Anti-Stasi-Films „Das Leben der Anderen“ mehrere Kirschbäume – im vergangenen Jahr hatten dies an selber Stelle Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) und das frühere sowjetische Staatsoberhaupt Michail Gorbatschow getan. Grund der Veranstaltung: Die alljährliche Verleihung des Quadriga-Preises des Vereins Werkstatt Deutschland in Berlin. Doch eigentlich wären die Absperrungen nicht nötig gewesen: Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko und Israels Vize-Premierminister Shimon Peres, beide ebenfalls als Preisträger eingeladen, pflanzten in Potsdam wider Erwarten nicht mit.
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