
© B. Steinmann
Homepage: Facebook für Genforscher
Universität Potsdam unterstützt Projekt zur Genanalyse: Datenbank ermöglicht schnelles Erkennen von Erbkrankheiten
Stand:
Alle Menschen sind gleich, jedenfalls fast. Nur 0,3 Prozent der Gene des Menschen unterscheiden sich. Auch der Schritt zum Affen ist nicht weit, er beträgt ein Prozent Unterschied. Entscheidend sind die Details der Gene, denn die geben Auskunft über Krankheiten, Wachstumsprozesse und Veränderungen in der Physis eines Menschen. Wenig Wissen gibt es bisher über die Gene, obwohl sie die Entwicklung und die Gesundheit des Menschen mitbestimmen. Darum muss über Gene gesprochen werden: im „Gene-Talk“. So heißt das Panel, das Mediziner und Informatiker mit Hilfe des Förderprogramms „Exist“ im Jahre 2011 gegründet haben. Die Universität Potsdam hat die Gründung des Projektes unterstützt und sich insbesondere für den Technologie Transfer interessiert, der mit und innerhalb der Datenbank von „Gene-Talk“ stattfindet.
„Das wird ein Facebook für Genetiker“, meint der Molekularbiologe Alexej Knaus. Bisher seien etwa 500 User registriert, die in der Datenbank von „Gene-Talk“ Genanalysen durchgeführt haben oder aktuell anfertigen lassen. Das Interesse insbesondere aus Japan und Amerika wachse.
„Die Gene sind wie ein großes Buch, allerdings ohne Leerzeichen“, schildert Knaus. Zwar sei es mittlerweile in einem spektakulären wissenschaftlichen Wettlauf gelungen, die DNA zu entschlüsseln und einen Teil der darin enthaltenen Gene zu bestimmen. Aber vieles sei noch immer unbekannt. Das Wissen um die etlichen Zehntausende von Genen überfordere einen einzelnen Wissenschaftler. „Maximal mit hundert Genen kann sich ein Forscher auskennen“, behauptet Knaus. Das Detailwissen aber sei wichtig, denn dort würden die einzelnen Informationen über mögliche Erbkrankheiten gespeichert. Daher sei es notwendig, das Wissen um die einzelnen Teile der Gene zu systematisieren und sich darüber in Diskussionen auszutauschen. Hierzu dient das Internet Panel „Gene-Talk“. Vier Wissenschaftler, der Mediziner Peter Krawitz, der Molekularbiologe Alexej Knaus sowie die Informatiker Tom Kamphans und Peggy Sabri betreiben die Plattform. Zunächst, im Jahre 2011, hatten die Entrepreneure versucht, ihr Projekt mit Hilfe einer Förderung des Jobcenters voranzutreiben. Aber erst als der Mediziner Krawitz über die Unterstützung der Universität Potsdam Zugang zum Förderprogramm „Exist“ erhielt, gelang es das Vorhaben richtig zum Laufen zu bringen. „Ich musste erst einmal Nachhilfeunterricht in Medizin nehmen“, gesteht der Informatiker Kamphans, der für die Technik des Projektes zuständig ist und über eine Ausschreibung zu dem Team gestoßen ist.
Noch ist vieles an der Systematik der mehreren zehntausend Gene unbekannt. Aber das Wissen wächst rasant. Dazu trägt nicht zuletzt der rapide Preisverfall der Sequenzierung von Genomen bei. Die Kosten seien von mehr als einer Milliarde Euro auf etwa 5000 Euro gefallen, so Knaus. Mittlerweile sei es relativ einfach, die Daten der Gene einzulesen und zu systematisieren. Hierzu dient die Plattform. Sind die Informationen eingespeichert, hat der User die Möglichkeit, sie nach verschiedenen Kriterien zu filtern und zu vergleichen.
Knaus führt an einem Beispiel von vier Patienten vor, wie sich aus 28 000 Varianten diejenigen heraus lesen lassen, die für die Bestimmung der Erbkrankheit entscheidend sein könnten. Durch immer weitere Filter gelingt es ihm, die Handvoll von Informationen herauszufiltern, die Aufschluss über die entscheidenden Unterschiede der Varianten geben könnten. Weil auch das Wissen der Betreiber der Plattform begrenzt ist, bieten sie Fachwissenschaftlern die Möglichkeit zu diskutieren und verweisen auf Fachliteratur.
Die Anwendungsmöglichkeiten der Genanalysebank seien groß, sagen die Wissenschaftler. Patienten die von Arzt zu Arzt gewandert seien und immer nur gehört hätten: „da ist nichts“, fänden mit Hilfe der Genanalyse häufig den Grund ihrer Krankheit. Auch im Rahmen der personalisierten Medizin, die genau auf den einzelnen Patienten zugeschnitten sein soll, werde die Genanalyse immer wichtiger. „In vielen Bereichen, wie beispielsweise der Untersuchung von Krebs, kann die Genanalyse erhebliche Beiträge liefern“, stellt Knaus fest. Die Genanalyse könne lange Leidenswege verkürzen. Das hätten auch die Krankenkassen erkannt, die sich für die Finanzierung der Gensequenzierungen öffnen würden. Richard Rabensaat
Richard Rabensaat
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: