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Schloss Branitz spiegelt sich im Schlossteich auf dem Gelände vom Fürst-Pückler-Museum Park & Schloss Branitz bei Cottbus.

© ddp

Von Klaus Büstrin: „Frau Kommissionär Schnucke“

Eine Ausstellung für die „grüne Fürstin“ Lucie von Pückler-Muskau im Schloss Branitz

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Mit der Anrede „Liebe Schnucke“ beglückt Hermann Fürst Pückler-Muskau seine Frau in Briefen von seinen vielen Reisen, die ihn in die Residenzstädte Berlin und Potsdam, nach England oder Ägypten führten. Lucie, der eigentliche Name, wird beim berühmten Reiseschriftsteller, Gartengestalter, Lebemann und Abenteuerer zu einem albern-verliebten Wortspiel: Luziege, Ziege, Heidschnucke. Und so wurde „Schnucke“ der Rufname im intimen Umfeld der beiden Eheleute. Aber der Fürst wusste ihn noch weit vielfältiger zu variieren, mit Schnucki, Herzensschnucke, Schnuckilein, vielgeliebtes Schnuckentier. Doch so schnuckig erscheint Lucie Fürstin von Pückler-Muskau ihren Zeitgenossen und dem Betrachter von heute nicht. Die starke und energische Frau musste manchmal das Zepter in die Hand nehmen, um mancherlei Eskapaden ihres Ehemannes wieder in die auch für sie richtige Bahn zu lenken. So nennt der Fürst sie auch „Frau Kommisionär Schnucke“.

Der Lucie ist derzeit eine beeindruckende Ausstellung im Schloss Branitz bei Cottbus gewidmet. Die Stiftung Fürst-Pückler-Museum will anlässlich des diesjährigen Themenjahres von Kulturland Brandenburg „Mut & Anmut. Frauen in Brandenburg-Preußen“ an Pücklers Frau erinnern sowie neue Forschungsergebnisse vorstellen. Die Ausstellungsmacher nennen sie die „grüne Fürstin“. Ihr Mann ist als „grüner Fürst“ längst in die Gartenkulturgeschichte eingegangen. Eigentlich würde man beiden als „grünes Paar“ gerecht werden.

Es ist das erste Mal, dass man sich wissenschaftlich umfassend mit dieser Frau beschäftigt. Dass sie vergessen war, wie es Begleittexte zur Ausstellung mitteilen, scheint nicht ganz berechtigt zu sein. Wohl eher an den Rand gedrängt. Denn das unstete Leben des Fürsten geht an der Biographie der Standesherrin von Muskau und Branitz nicht vorbei.

Die Ausstellung begibt sich auf eine historische Spurensuche nach Lucies Lebensleistung anhand von Grafiken, Gemälden, Dokumenten oder Möbeln. So wurde die „Kleine Saalstube“ im Schloss Branitz wieder eingerichtet, in der die Fürstin die letzten beiden Jahre bis zu ihrem Tod am 8. Mai 1854 lebte. Der gut vier Jahre zuvor ausgestattete Wohnbereich wurde nach historischen Quellen und mit vorhandenen originalen Möbeln aus dem Nachlass der Fürstin wieder erlebbar gemacht. Darunter befindet sich ein kunstvoll gearbeiteter Schreibtisch aus Mahagoni mit vergoldeter Balustrade, der mit dem Brandstempel der Fürstin gekennzeichnet ist, sowie ein Steh-Schreibpult aus dem Jahre 1820.

Aus der „Kleinen Saalstube“ hat Fürstin Lucie stets einen wunderbaren Blick auf die großzügige und malerische Parklandschaft. Denn sie ist ihr besonders an Herz gewachsen. Nicht nur, dass sie die Oberaufsicht der Arbeiten in Branitz und vorher in Muskau übernimmt, wenn ihr Mann auf Reisen ist, sie setzt so manch eigene Gestaltungsakzente durch. Besonders auf die Ausrichtung Muskaus als anerkanntes Bad legt sie großen Wert.

Auch bei der Bepflanzung des Parks Babelsberg ist sie beratend tätig. Pückler lobt die Ideen seiner Frau: „Deine Ansichten über den Blumengarten sind ganz die meinigen“. Oder: „Ich erkenne daran ganz das Genie meiner Schnucke.“

Pücklers aufwendige und kostspielige Parkvisionen trieben ihn in den finanziellen Ruin. Lucie, 1776 als Tochter des Kanzlers Karl August von Hardenberg geboren und geschiedene Frau des Reichsmarschalls und Regierenden Grafen zu Pappenheim, geht ebenfalls so langsam das Geld aus. Der Ausweg kann nur eine reiche Heirat sein. Deshalb erfolgt die „Pro-Forma-Scheidung“ von Lucie. An eine wirkliche Trennung denken beide natürlich nicht und so leben sie weiter zusammen.

Pückler bricht zu seiner zweiten Englandreise auf, die vor allem eine reiche Braut bringen sollte. Bringt die Englandreise (bis 1829) auch keine wohlhabende Frau, so begründet sie doch den Ruhm des Fürsten als Schriftsteller. 1830 erscheinen die ersten beiden Bände der „Briefe eines Verstorbenen“. Vier Jahre später die „Andeutungen über Landschaftsgärtnerei“ .

Lucie bleibt trotz der Liebes-Tumulte ihrem Mann treu. Er richtet ihr neben dem Pleasureground in Branitz ein liebevolles Beet mit Rosen ein, in dem die Pflanzen ein „S“ bilden, für Schnucke. In der Rosenlaube stellt Hermann, genannt Lou, jedoch die Büste seiner Geliebten Henriette Sontag, einer damals berühmten Sängerin. Doch zum Abschied von Lucie verfasst er einen Vers: „Bei Frohsinn, Glück und jeder Lebenswonne / Bei Noth und Kummer jahrelang /Bleibt seiner Schnucke treu der Lou / Bis Gott ihm schließt die Augen zu.“

Ausstellung bis 31. Oktober im Schloss Branitz

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