
© Jan-Philipp Strobel/dpa
Kita-Paket der Brandenburger Landesregierung: Geteiltes Echo bei Potsdamer Kita-Trägern
Brandenburgs Landesregierung will die Betreuung der Kitas im Land verbessern, mehr Geld in die Einrichtungen investieren und manche Eltern von den Gebühren befreien. Grundsätzlich begrüßen Potsdamer Kita-Träger das Maßnahmen-Paket. Doch es gibt auch kritische Töne und offene Fragen.
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Potsdam - Ein Schritt hin zur Kitabeitragsfreiheit, angepasste Betreuungsschlüssel und mehr Spielraum für Leitungsaufgaben beim Personal von Kindertagesstätten: Das Kita-Paket, das die Landtagsfraktionen von SPD und Die Linke am Dienstag vorgestellt haben (PNN berichteten), stößt bei Potsdams Kitaträgern auf geteiltes Echo. Grundsätzlich erfreut zeigen sie sich über die angekündigte Aufstockung der Ausgaben und die Zusatzinvestitionen von 69 Millionen Euro bis 2019. Dass das schon reicht, glauben die Kitaträger aber nicht. Auch Elternvertreter reagieren skeptisch.
„Hier wird der dritte Schritt vor dem ersten und dem zweiten gemacht“, sagt etwa Frank Hohn, der Geschäftsführer der Hoffbauer-Stiftung, mit Blick auf die angepeilte Beitragsfreiheit für Eltern. Rot-Rot will dafür in den Jahren 2018 und 2019 insgesamt 19,5 Millionen Euro ausgeben – welche Eltern genau entlastet werden sollen, lässt der Vorschlag noch offen. Vorrangiger sind aus Sicht von Hohn aber ohnehin Nachsteuerungen beim Personalschlüssel und mehr Zeit für Leitungsaufgaben. Hohn verwies auch darauf, dass gerade in Potsdam Kinder oft länger als die vorgesehenen acht Stunden betreut würden – nach wie vor ohne finanziellen Ausgleich vom Land. Hinzu komme der Aufwand, den Erzieherinnen mit der Vorbereitung und mit Elterngesprächen haben. Unter dem Dach der Hoffbauer-Stiftung werden in Potsdam und im Landkreis Potsdam-Mittelmark insgesamt rund 2500 Kinder an 20 Einrichtungen betreut.
Angela Basekow (Awo Potsdam): Verbesserungen sind gut, aber nicht genug
Skeptisch zeigt sich auch Angela Basekow, die Vorstandschefin der Awo Potsdam, die in der Stadt 19 Kitas mit 2875 Plätzen betreibt. Zwar seien die geplanten Verbesserungen richtig und gut – aber nicht genug. So handele es sich bei dem vorgesehenen Personalschlüssel von 1:5 für Krippenkinder und 1:11 für die Drei- bis Sechsjährigen nicht um tatsächliche Betreuungsschlüssel, sondern nur um rechnerische, betont sie. Nach wie vor würden Ausfälle durch Krankheit, Fortbildungen oder Urlaub nicht entsprechend ausgeglichen. „Im wahren Leben sind es deshalb immer mehr Kinder pro Erzieher“, so Basekow.
Sie begrüßt die angekündigten Zuschüsse für sogenannte Kiezkitas mit besonderem Förderbedarf – die Awo betreibt zwei solcher Einrichtungen im Schlaatz und am Stern. Auch die Mittel für die Freistellungen für die Kitaleitung sieht sie positiv. Basekow begrüßt auch die angekündigte Entlastung der Eltern: „Wichtig ist uns, dass die Eltern, die wirklich kein Geld haben, in einem unbürokratischen Verfahren von den Zahlungen ausgenommen werden.“ Zwar gebe es auch heute in Potsdam schon Entlastungen für finanziell schwächere Eltern. „Aber nicht in der Höhe, wie wir das gerne hätten.“
EJF: „Wir hätten uns ein beitragsfreies Jahr gewünscht“
Ähnlich klingt die Einschätzung auch beim EJF, der in Potsdam derzeit sechs Kitas mit 970 Plätzen betreibt, eine siebente soll 2017 hinzukommen. „Wir begrüßen das – bei vielem wird sich aber erst in der Umsetzung zeigen, ob es richtig ist“, sagt EJF-Sprecherin Katrin Wilcken. Als besonders wichtig werde die Anpassung des Betreuungsschlüssels bewertet, auch die Freistellungen für Leitungsaufgaben seien „ein guter Schritt“. Enttäuscht zeigt man sich beim EJF über die vagen Aussagen zur Kitabeitragsfreiheit: „Wir hätten uns ein beitragsfreies Jahr gewünscht.“
Auch Stefan Spieker, Geschäftsführer der Fröbel-Gruppe, die in Potsdam elf Kitas mit rund 1850 Plätzen betreibt, sieht trotz grundsätzlicher Anerkennung noch weiteren Handlungsbedarf – und zwar nicht nur beim Land. So sei die vom Land angekündigte Anpassung der Betreuungsschlüssel zwar erfreulich. Besonders in Potsdam sei die Lage durch die langen Betreuungszeiten angespannt: „Die Stadt muss nun auch in die Verantwortung treten“, so Spieker.
Skeptisch ist er, ob das, was Rot-Rot in Sachen Leitungsfreistellung plant, reicht. Brandenburg habe in diesem Feld besonders schlechte Rahmenbedingungen, selbst Häuser mit 240 Kindern würden praktisch nur in Teilzeit geführt – von Erziehern, die nebenbei noch Kinder betreuen müssen. Sinnvoll wäre aus seiner Sicht eine für die Leitung freigestellte Kraft auf 100 Kinder – analog zu dem, was in Berlin ab 2017 gelten soll. Die Kitabeitragsfreiheit hält er zwar grundsätzlich für wichtig, aber erst als dritten Schritt. Zunächst müsse die Qualität der Betreuung gesichert und die Vergütung von Erziehern verbessert werden.
Babelsbergerin: Im Betreuungsschlüssel werde sich nichts ändern
Enttäuscht zeigt sich die Babelsbergerin Wiebke Kahl, die als betroffene Mutter eine Online-Petition für eine bessere Kita-Betreuung in Potsdam angeschoben hat und mehr als 7000 Unterschriften sammelte (PNN berichteten). Sie sprach angesichts des Kitaprogramms von „sehr homöopathischen Verbesserungen“. Gerade im Bereich Betreuungsschlüssel werde sich in Potsdam praktisch nichts ändern, befürchtet sie. Denn das Land gleiche weder die Ausfälle durch Urlaub, Krankheit und Fortbildung, noch den Mehraufwand durch längere Betreuungszeiten aus: „Unsere Forderungen werden nicht einmal ansatzweise erfüllt.“ Kahl sieht nun die Landeshauptstadt in der Pflicht: „Wenn uns das Land nicht hilft, was macht dann die Stadt Potsdam?“ Sie erwarte dazu gespannt die Diskussion in der Stadtverordnetenversammlung.
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Höchste Zeit, dass das Land die Struktur der Kitafinanzierung reformiert und diese Lücken schließt. Die Stadt Potsdam ist dafür, so sehr man es sich auch wünschen würde, nicht zuständig. Ein Kommentar >>
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