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Drohende Abschiebung von Flüchtlingstrainer Juseinov: „Hassan“ darf vorerst bleiben
Die Entscheidung über die Zukunft des SVB-Flüchtlingstrainers Zahirat „Hassan“ Juseinov wurde vertagt. Er darf vorerst drei weitere Monate in Deutschland bleiben. Indes ruderte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke zurück, nachdem er sich vehement für den Mazedonier eingesetzt hatte.
Stand:
Potsdam - Der von Abschiebung bedrohte Fußballtrainer des Vorzeige-Flüchtlingsprojekts „Welcome United“ darf vorerst in Potsdam bleiben. Das ist das Ergebnis eines Gesprächs vom Dienstag zwischen der Potsdamer Ausländerbehörde und dem betroffenen Mazedonier Zahirat „Hassan“ Juseinov, wie ein Stadtsprecher mitteilte. Demnach hat Juseinov für drei Monate eine Duldung erhalten, nachdem er die Härtefallkommission angerufen hat.
Dem 35-jährigen Mazedonier und seiner Familie droht die Abschiebung. Mazedonien ist von der Bundesregierung als sicheres Herkunftsland eingestuft worden. Im Jahr 2010 war Juseinov mit seiner Lebensgefährtin und seinen Kindern nach Potsdam geflüchtet. Sie gehören eigenen Angaben zufolge der Volksgruppe der Roma an. Juseinov ist ehrenamtlicher Co-Trainer des vielfach prämierten Flüchtlings-Teams von SV Babelsberg 03.
Falsche Angaben bei der Einreise
Am Montag war bekannt geworden, dass der 35-Jährige bei seiner Einreise vor fünfeinhalb Jahren nicht seine echte Herkunft angegeben hat. „Ich habe damals gesagt, dass wir aus dem Irak kommen“, sagte Juseinov. „Später habe ich die Wahrheit gesagt und meine Strafe dafür bekommen.“ Nach PNN-Informationen wurde das Strafverfahren gegen Geldauflage eingestellt. Es sei zunächst nichts Ungewöhnliches, dass Flüchtlinge bei ihrer Einreise keine Papiere haben und falsche Angaben zu ihrer Herkunft machen, erklärte der Potsdamer Rechtsanwalt Sven Tamoschus, der sich auf Ausländer- und Asylrecht spezialisiert hat. Größere juristische Folgen habe dies nicht. Allerdings dürfte für Juseinov der Weg vor die Härtefallkommission versperrt sein. Falsche Angaben zur Identität stellen einen Ausschlussgrund dar. Die Kommission dürfte den Antrag des 35-Jährigen zurückweisen, sagte Anwalt Tamoschus. Ebenso war am Montag bekannt geworden, dass Juseinov 2012 einen Strafbefehl wegen Diebstahls von zwei Videospielen erhalten hatte – er selbst bestreitet die Tat, hat aber seine Unschuld nicht beweisen können.
Eine Abschiebung muss das nicht zur Folge haben. Die Stadt prüft, ob für Juseinovs 14-jährigen Sohn eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden kann. In diesem Fall könnte unter Umständen die ganze Familie bleiben, hieß es.
Erleichterung beim SV Babelsberg
Beim SV Babelsberg 03 löste die Nachricht, dass Juseinov vorerst bleiben kann, Freude aus. „Wir sind überglücklich, dass sich kurzfristig eine Lösung ergeben hat“. sagte Vorstandschef Archibald Horlitz. Er danke allen, die dabei geholfen hätten. Zur Einreise unter falscher Identität und zum Diebstahl – Vorfälle, die im Verein unbekannt waren – sagte Horlitz: „Das sollen andere bewerten, wir maßen uns da kein Urteil an.“ Der Internet-Aufruf „Hassan bleibt“ hat mehr als 2700 Unterzeichner.
Indes ruderte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Dienstag zurück. Am Samstag beim „Brandenburg Ball“ hatte er Juseinovs drohende Abschiebung „widersinnig“ genannt. Nun sagte Woidke: „So sehr viele Menschen – wie ich selbst auch – die Situation bedauern, so hat die Stadt ausschließlich geltendes Recht umzusetzen.“ Zuvor war Woidke von der oppositionellen CDU scharf kritisiert worden. Er habe sich, ohne sich ausreichend kundig zu machen, „in Champagnerlaune“ dazu hinreißen lassen, sich zu dem Fall zu äußern. Vielmehr sollte er Vertrauen zu den zuständigen Beamten haben, meinte CDU-Fraktionsgeschäftsführer Jan Redmann. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass bei solchen Fällen „nach Gutsherrenart“ und „willkürlich“ entschieden werde, je nachdem, wie oft jemand in den Medien zitiert werde. Woidke erklärte nun, das Verfahren sei „ausschließlich Sache der zuständigen Behörde.“ Nach PNN-Informationen hatte Woidkes Vorstoß vom Wochenende auch regierungsintern Irritationen ausgelöst, etwa bei Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD). Der entscheidet übrigens nach einem Votum der Härtefallkommission über solche Fälle. (mit dpa, Alexander Fröhlich)
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