zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Hitlergruß zum Spiel

Projektwoche in Potsdam beschäftigt sich mit Schattenseiten des Fußballs – zum Beispiel mit der Ukraine

Stand:

Alles nur Show? Noch viele Potsdamer können sich an die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 und die Gastmannschaft aus der Ukraine erinnern, deren Land ein buntes Vergnügungsdorf auf den Luisenplatz stellte. Nach dem zweistündigen Vortrag von George Lipphardt vom Dienstagabend bekommt das friedliche Bild der WM-Gäste allerdings hässliche Farben. Der 32-jährige Sozialpädagoge stellte in dem linksalternativen Wohn- und Kulturprojekt „U-24“ in der Uhlandstraße die Ergebnisse seiner jüngst fertig gestellten Diplomarbeit zu Rechtsextremismus im ukrainischen Fußball vor.

Viele Bilder sollen dabei seine Thesen belegen: Hakenkreuze auf T-Shirts, Hunderte Fans beim Hitlergruß im Stadion, prügelnde Hooligans „Der Fußballverband der Ukraine hat zwar die international geltenden Anti-Rassismus-Vorschriften in seine Statuten aufgenommen, aber faktisch passiert nichts“, sagte Lipphardt. Weil das Problem öffentlich nicht diskutiert und verharmlost werde sowie eine alternative Fankultur fehle, vergrößere sich automatisch die Anhängerschar rechtsextremer Fußballfans in der ehemaligen Sowjetrepublik. Inzwischen hätten sich rechte Fans sogar mit Fangruppen zum Beispiel in Italien vernetzt – nach dem Tod eines Anhängers von Lazio Rom hatten dort am Wochenende mehrere hundert rechte Fan-Chaoten Polizisten angegriffen und das Land ins Chaos gestürzt. „So machtvoll ist die Szene in der Ukraine noch nicht organisiert – in Italien konnte zum Beispiel ein Fan-Club von Lazio über Jahre den Transfer eines schwarzen Spielers verhindern“, stellte Lipphardt fest.

Sein Vortrag ist nur Teil einer ganzen Woche zum Thema „Schattenseiten der Faszination Fußball“. Sie endet am morgigen Freitag mit einem filmischen Themenabend zu Hooligans während der WM 2006 im Fanprojekt-Laden des SV Babelsberg in der Karl-Gruhl-Straße. Ein heute geplanter Vortrag zur Diskriminierung im deutschen Fußball fällt wegen Krankheit aus. Organisiert hat die Woche die AG Antifa der Uni Potsdam – und der Trägerverein der Uhlandstraße, der FU 24 e.V. „Der aktuelle Bezug mit Italien ist für uns natürlich passend“, sagte Jacob Roth, einer der Organisationen. Für ihn sei die Beschäftigung mit dem Thema auch für Deutschland wichtig: Bei Spielen von ostdeutschen Vereinen der unteren Ligen werde immer wieder über rassistische Ausfälle ihrer Fans berichtet.

In der Ukraine sei das Problem aber schlimmer – schon weil es keinen Verfassungsschutz gebe, der Nazi-Organisationen effektiv überwache, so Lipphardt. Stadionverbote seien ebenso unbekannt. Dass es in Potsdam während der WM dennoch keine Probleme gegeben hätte, kann er jedoch auch begründen: „Solche Fans haben kein Geld für Reise oder Visum, deswegen kam vor allem die Oberschicht nach Deutschland.“ Einen großes Nazibanner aus der Ukraine habe er während eines WM-Spiels trotzdem gesehen. HK

Im Internet:

www.myspace.com/uhland24

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })