Landeshauptstadt: Im Anflug: Culex Pipiens
Warm und feucht ist es derzeit auf dem Land und auch in der Stadt. Jetzt kommen die Mücken
Stand:
Sie schlüpfen jetzt synchron: Gleich mehrere Nachwuchsgenerationen von Culex Pipiens, der gemeinen Stechmücke, profitieren derzeit von dem perfekten Sommerwetter. „Es ist heiß und feucht, das ist momentan sehr günstig für die Mücken“, sagt Doreen Werner vom Institut für Landnutzungssysteme in Müncheberg, die das Forschungsprojekt „Mückenatlas Deutschland“ betreut.
Das bedeutet nicht nur gefühlt eine Mückenplage in Brandenburg. Sie ist auch messbar, beispielsweise mit Hilfe der 120 Mückenfallen, die quer über Deutschland aufgestellt sind. „Wir beobachten beim Anflugverhalten, also wie viele Mücken den Menschen in einem bestimmten Zeitraum anfliegen, eine Steigerung um das Zehnfache im Vergleich zu 2012“, so Werner. Letztes Jahr war kein gutes Mückenjahr. Das ist jetzt anders. Spätestens seit die Flut das Wasser überall hin gebracht hat, sind die Bedingungen perfekt. Und der Regen bringt das Wasser auch in die Städte. Jede Regentonne, jeder Blumentopf, jede Wasserlache verwandelt sich dann in ein Brutgebiet. Etwa zwei Wochen dauert die Entwicklung vom Ei zum fertigen, stechbereiten Insekt. Aus dem Ei schlüpfen Larven, die sich von verrottenden Materialien, Laubresten beispielsweise, ernähren. „Die finden immer etwas“, sagt Werner. Nach der Verpuppung schlüpft die Mücke.
28 Mückenfamilien gibt es in Deutschland, doch nur drei Unterarten stechen tatsächlich: Neben der bekannten Stechmücke zählt dazu auch die kleine Kriebelmücke, die sich allerdings nur in Fließgewässern wohlfühlt. Vor zwei Jahren waren die Menschen an der Oder davon geplagt, in diesem Jahr, so Werner, sei keine übermäßige Verbreitung zu erwarten. Ebenfalls zu den Stechmücken zählen die winzigen Gnitzen: zwei Millimeter große Insekten, die gern Sümpfe und Feuchtgebiete besiedeln, hier in Brandenburg allerdings kaum verbreitet sind.
Keine Angst haben muss man hingegen vor großen grauen Schwärmen: Das seien männliche Zuck-Mücken, harmlos, aber wichtig für die Nahrungskette, Ernährungsgrundlage für Singvögel und Fledermäuse, wie eigentlich alle Insekten.
In der Nahrungskette der stechenden Insekten wiederum scheint der Mensch einen Platz zu haben. Wer derzeit in der Natur unterwegs ist, muss damit rechnen, innerhalb weniger Sekunden von Mücken übersät zu sein, warnt Doreen Werner. Weil in den Überflutungsgebieten das Wasser nur langsam abfließt, können sich die Mücken dort auch noch eine Weile breit machen. Nur eine drastische Wetteränderung, längere Trockenheit oder ein Temperatursturz, kann die Entwicklung der Insekten verlangsamen. Und auch in der Stadt findet die Mücke genügend Lebensraum.
Schützen kann man sich gegen die Plagegeister mit angemessener Kleidung. „Lange Hosen, lange Ärmel“, empfiehlt die Mückenexperten. Und natürlich helfen chemische Mückenmittel.
Diese allerdings sind momentan Mangelware. In vielen Drogeriemärkten gibt es derzeit nichts mehr oder nur eine geringe Auswahl. „Die Nachfrage ist sehr groß, Mückenschützprodukte gehen zurzeit wie geschnitten Brot“, sagt eine Verkäuferin. Man habe nachbestellt, aber die Lieferung war schnell vergriffen, hieß es in einem anderen Geschäft. Auch die Apotheken spüren die Insektenplage. Sie beraten und verkaufen auch an Touristen, die in der Natur, vor allem in Wassernähe, unterwegs sind und vergessen haben, sich auszurüsten.
Wer nicht auf chemische Mittel zurückgreifen möchte, dem bleiben höchstens ein paar Tricks: Ans Lagerfeuer setzen, sagt Doreen Werner. Und Kleinstkinder und Babys im Wagen immer mit einem Netz schützen, sagt Apothekerin Antje Baum.
Richtig gefährlich kann die Mückenplage hier in Brandenburg zumindest nicht werden, sagt Doreen Werner. Tropische Krankheiten wie das Denguefieber wurden bisher nur vereinzelt und durch eingeschleppte fremde, tropische Mücken übertragen, sagt sie. „Diese Fälle traten in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz auf.“ Doch solche Fälle sind ein Grund mehr für ihre Arbeit: das Erstellen eines Mückenatlasses. Seit 2011 werden deutschlandweit Fundorte von Mücken registriert sowie die Ergebnisse der Mückenfallen ausgewertet und auf einer Karte dokumentiert. Jeder kann mitmachen: Wer Mückensammler werden will, muss dazu intakte, also nicht zerquetschte, Mücken in einem kleinen Gefäß einfangen und einen Tag lang einfrieren. Anschließen wird das Tier in einer kleinen Schachtel an das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung e.V., Institut für Landnutzungssysteme, AG Medizinische Entomologie, Eberswalder Straße 84, in 15374 Müncheberg, geschickt.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: