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Landeshauptstadt: Inklusion: Streit zwischen Münch und Jakobs Konflikt um Hortkosten für Kinder mit Behinderungen überschattet Bilanz des Landes

Eigentlich sollte es ein Wohlfühl-Termin für Martina Münch werden: In der Grundschule im Kirchsteigfeld präsentierte die Landesbildungsministerin am Donnerstag eine positive Zwischenbilanz für ihr Inklusions-Pilotprojekt an Grundschulen, in denen seit einem Jahr behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam im Unterricht sitzen. Dagegen machte Münchs SPD-Parteifreund, Oberbürgermeister Jann Jakobs, während der Pressekonferenz mit der Ministerin deutlich, dass die Stadtverwaltung eine Klage gegen das Land nicht ausschließe.

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Eigentlich sollte es ein Wohlfühl-Termin für Martina Münch werden: In der Grundschule im Kirchsteigfeld präsentierte die Landesbildungsministerin am Donnerstag eine positive Zwischenbilanz für ihr Inklusions-Pilotprojekt an Grundschulen, in denen seit einem Jahr behinderte und nichtbehinderte Kinder gemeinsam im Unterricht sitzen. Dagegen machte Münchs SPD-Parteifreund, Oberbürgermeister Jann Jakobs, während der Pressekonferenz mit der Ministerin deutlich, dass die Stadtverwaltung eine Klage gegen das Land nicht ausschließe.

Der Streit dreht sich um die Finanzierung der Hortbetreuung von behinderten Kindern. Für die Stadt gehe es um knapp 350 000 Euro pro Jahr für zusätzliche Stellen in neun Horten, hieß es. Jakobs sagte, es könne nicht sein, dass diese Mehrkosten auf die Kommunen abgewälzt werden. „Ich hoffe nicht, dass wir wieder vor Gericht müssen“, sagte Jakobs unter Verweis auf die zuletzt erfolgreiche Klage zur Kita-Finanzierung, die Potsdam und andere Städte gegen das Bildungsministerium geführt hatten. Jakobs’ Sprecher Stefan Schulz stellte später klar, konkrete Vorbereitungen für einen Gang vor Gericht habe die Stadt noch nicht getroffen.

Wie berichtet betrifft das Problem vor allem auch Eltern behinderter Kinder, die laut Sozialgesetz eine zusätzliche Hortbetreuung an einer Regelschule selbst zahlen müssen – wenn ihr Einkommen das zulässt. Sonst muss die Stadt die Kosten tragen. An Förderschulen ist die Nachmittagsbetreuung dagegen inklusive.

Münch macht den Bund für das Problem verantwortlich. Für behinderte Schüler bestehe eine Lücke in der Sozialgesetzgebung – zwar würden die Betreuungskosten für ihren Schul-, nicht aber für ihren Hortbesuch übernommen. Dies lasse sich nur mit einer Bundesratsinitiative ändern, so die Ministerin. Zugleich berät eine Arbeitsgruppe über eine Lösung des Problems – daran seien auch die Kommunen beteiligt, sagte Münch mit Blick auf Jakobs. Deutlicher wurde Münchs Sprecher Stephan Breiding nach der Pressekonferenz. Den PNN sagte er, Inklusion sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei der auch die Kommunen Geld in die Hand nehmen müssten. Zudem wüssten betroffene Eltern, dass bei der Hort-Betreuung in Regelschulen Kosten entstehen könnten. Wie viele Potsdamer Kinder von dem Problem betroffen sind, konnte die Stadt am Donnerstag nicht ermitteln.

Von diesem Streit abgesehen sieht sich Münch mit dem Pilotprojekt Inklusion nach einem Jahr bestätigt. „Die Rückmeldungen sind überwiegend positiv“, erklärte sie. Brandenburg sei mit seinem Projekt, das eine UN-Konvention zur Integration von Kindern mit hohem Förderbedarf umsetzen soll, deutlich weiter als andere. Insgesamt haben sich in Brandenburg 84 Schulen beteiligt. 117 Lehrer wurden für das Projekt neu eingestellt, versetzt oder umgesetzt. Allerdings hatte die rot-rote Landesregierung zuletzt auch entschieden, die Inklusion in dieser Legislaturperiode nicht mehr flächendeckend einzuführen. Im Herbst werde eine erste Bilanz der Universität Potsdam vorgestellt, die das Projekt wissenschaftlich begleite.

Schulleiter der neun Potsdamer Grundschulen bewerten die Umsetzung des Pilotprojekts – das sie grundsätzlich begrüßen – unterschiedlich. Kerstin Barz von der Schule am Humboldtring bestätigte, bei Krankheit müssten auch Sonderpädagogen Vertretungsstunden übernehmen. Damit falle die individuelle Förderung der Schüler weg. Ähnlich hatte sich zuvor auch die Lehrergewerkschaft GEW geäußert (siehe Interview). Das seien Ausnahmen, hies es dazu aus dem Ministerium.

Sabine Hummel von der Rosa-Luxemburg-Schule sagte, ingesamt sei eine bessere Planung des Pilotprojekts im Vorfeld nötig gewesen. So habe sie sich um Fortbildungen selbst kümmern müssen. Auch Gudrun Klewitz von der Grundschule am Kirchsteig bemängelte, gerade für Schulen mit langjähriger Erfahrungen seien die Angebote zur Weiterbildung nicht befriedigend. Die Personalausstattung sei zwar „rein rechnerisch“ vorhanden – allerdings werde es bei Erkrankungen schwierig, würden Belastungsgrenzen erreicht.

Jakobs kündigte daraufhin an, für solche Fälle wolle die Stadt ab September wieder einen bereits 2011/2012 getesteten Lehrerersatzpool in Höhe von 70 000 Euro wieder aufzulegen, um kurzfristig Ersatz-Lehrkräfte zu finden und so Stundenausfall zu verhindern. Aber auch hier sehe er eigentlich das Land in der Pflicht, so Jakobs. Münch sagte dagegen, die Schulämter verfügten bereits über eine Vertretungsreserve – und zudem müssten Hilfskräfte erst einmal auch zum pädagogischen Konzept einer Schule passen.

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