
© Manfred Thomas
Potsdamer Filmfestival "Sehsüchte" eröffnet: Jung, politisch, provokant
Das 44. Potsdamer Studentenfilmfestival „Sehsüchte“ wurde am Mittwochabend im Rotor-Kino Babelsberg eröffnet. Bis Sonntag werden rund 100 Filme junger Filmemacher aus 28 Ländern gezeigt
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Babelsberg - Echo steht für Widerhall, Nachhall oder auch Resonanz – und genau das ist es, was das am Mittwochabend eröffnete Studentenfilmfestival „Sehsüchte“ bei seinem Publikum hervorrufen will. Daher wurde für dieses Jahr das „Echo“ als Motto gewählt. Die „Sehsüchte“ wollen wieder stärker ein Publikumsfestival werden, sie wollen das Zusammenspiel von Film, Filmemachern und Publikum stärken. „Damit möchten wir uns auf unseren Ursprung besinnen“, sagt Silya Schmidt, die zusammen mit Charlotte Gondolf und Antonia Zülka in diesem Jahr das Festival leitet.
Alle Sektionen werden nicht nur Filmemachern und Studierenden, sondern auch dem Filmpublikum offenstehen. Einerseits ist das Festival also Wettbewerb um die 16 Preise (im Gesamtwert von 45 000 Euro), andererseits will man aber keine Fachmesse sein, sondern der Öffentlichkeit 100 Filme in vier Tagen zeigen. Um dem Publikum mehr Filme zu bieten, wurde eigens die Preisverleihung am Sonntag vorgezogen, damit ab 18 Uhr in den Kinos der Filmuniversität die Siegerfilme laufen können. Alle Workshops, Führungen in der Filmuni, durch die Studio Babelsberg oder die Villensiedlung, alle Konzerte, sogar alle Partys sind kostenlos. Die Filmblöcke in der Filmuni und im Rotor-Kino auf dem Studiogelände kosten sechs Euro (Tagesticket zehn Euro) und tragen so kryptisch-provokante Titel wie „Guten Morgen, ihr Wichser“, „Deine Frau hasst dich“ oder „Die sind einfach total psycho“.
Filme aus 28 Ländern sind zu sehen
Zum 44. Potsdamer Studentenfilmfestival werden Filme junger Filmemacher aus 28 Ländern zu sehen sein. Darunter Filme aus Kuba, Singapur, Iran, Estland und Mexiko, knapp die Hälfte der Filme kommt aus Deutschland. Schon traditionell sind die Länder Polen und Israel stark vertreten, in den vergangenen Jahren gingen wiederholt Preise an Filmemacher aus diesen Ländern. In diesem Jahr sind vor allem viele junge Themen und politische Filme vertreten. Von den 100 Filmen stammen 57 aus dem Ausland, rund 50 Filmemacher aus aller Welt lädt das Festival mit ihren persönlich ein. Und in diesem Jahr klappt es sogar mit dem Visum für eine Filmemacherin aus dem Iran.
„Sehsüchte“ gelten als Europas größtes internationales Studentenfilmfestival, im vergangenen Jahr gab es rund 7000 Besucher. Organisiert wird es ausschließlich von Studierenden der Babelsberger Filmuniversität. Das Festival war vor zwei Jahren aus dem Thalia-Kino auf das Studiogelände und in die benachbarte Filmhochschule zurückgekehrt. Hier hatte es Ende der 90er-Jahre ein großes Publikum angezogen, nachdem es 1995 unter dem Namen „Sehsüchte“ – damals noch im Filmmuseum – neu aufgestellt worden war. Seine Wurzeln hat das Festival in FDJ-Studentenfilmtagen der Hochschule für Film und Fernsehen (HFF), die 1972 gegründet worden waren.
Das Land unterstützt das Filmfestival
Als ein herausragendes Aushängeschild für den Filmstandort Babelsberg bezeichnete Brandenburgs Kulturstaatssekretär Martin Gorholt (SPD) das Festival zur Eröffnung. Die Filmuni belege damit einmal mehr ihre Ausnahmestellung. „Deutschlands einzige Filmuniversität ist nicht nur bei der filmischen Ausbildung weit vorne – sie hat auch eine Vorreiterrolle in der Filmforschung, beispielsweise über die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Filmproduktion“, betonte Gorholt. „Damit ist die Hochschule zentraler Motor zur Stärkung und Weiterentwicklung des Medienstandortes Babelsberg.“ Das Land Brandenburg unterstützt das Festival finanziell, Wissenschaftsministerin Sabine Kunst (SPD) hat die Schirmherrschaft übernommen. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat 2500 Euro Preisgeld aus Lottomitteln für den besten Jugendfilm spendiert.
Am Samstagabend findet dann die große Party, unter anderem mit der Minimal-Elektro-Pop-Band Children statt. Ein Geheimtipp ist ganz sicher auch das kostenlose Konzert mit Singer-Songwriter Lasse Matthiessen (Freitag, 21 Uhr, Filmuni). Und natürlich sollen auch Filme geschaut werden. Zum Beispiel der inoffizielle Festival-Favorit „Larp“ des polnischen Filmstudenten Kadziela Kordian – ein Film, der mit allen Konventionen bricht. Ein junger elbischer Söldner kämpft in Tenebris (lateinisch für nachts) um Anerkennung. Düster, liebevoll und detailliert ausgestattet, humorvoll und dennoch ernst. Hier vermischen sich Elemente aus Computer- und Rollenspielen mit der Gothic-Novel und dem Kino.
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