zum Hauptinhalt

Von Jana Haase: Kein Traum

Kate Winslet holte den nächsten Oscar für Babelsberg – und dankte dem Filmteam mit einer Liebeserklärung

Stand:

Los Angeles/Potsdam - Die Geste passt zu dieser Frau, die es wie keine andere schafft, glamourös und bodenständig zugleich zu sein: Als Kate Winslet auf der Bühne des „Kodak Theatre“ in Hollywood steht, strahlend, die Haare a la Grace Kelly in leichte Wellen gelegt, hinter ihr ein Vorhang aus glitzernden Kristallen, vor ihr der Oscar für ihre Rolle in der Studio-Babelsberg-Koproduktion „Der Vorleser“, da kneift sich die 33-jährige Britin plötzlich ins Ohr – wie um sich zu überzeugen, dass sie das nicht träumt.

Bei Studio Babelsberg hat man den scheinbar unwillkürliche Ohrkniff allerdings mit besonderer Freude gesehen: Denn es war das Zeichen, das die Filmcrew nach dem gemeinsamen Film-Screening auf der Berlinale vor zwei Wochen verabredete, wie Henning Molfenter, Koproduzent und Chef der Studio Babelsberg Motion Pictures, gestern erzählte. Insgesamt fünfmal war die Literaturverfilmung für den begehrtesten Filmpreis der Welt nominiert worden – neben Winslet konnten sich Regisseur Stephen Daldry, Drehbuchschreiber David Hare, die Kameramänner Chris Menges und Roger Deakins sowie die Produzenten Hoffnungen machen: „Egal, wer davon am Ende auf der Bühne stehen würde, er sollte sich ans rechte Ohr fassen“, erklärt Molfenter die Verabredung. Dieses geheime Zeichen der Verbundenheit ist wohl die schönste Liebeserklärung an das Team und den Teamgeist, der den Erfolg ermöglichte.

Kate Winslet fand dafür aber auch deutliche Worte auf der Oscar-Bühne: „Es gab bei diesem Film keine Trennung zwischen den Schausspielern und der Crew“, sagte sie in ihrer Dankesrede und schwärmte von der Unterstützung durch viele bemerkenswerte Menschen: „Von David Kross bis Ralph Fiennes, Bruno Ganz und Lena Olin, von Friseur und Makeup zur Kamera, vom Art Department bis zur künstlerischen Leitung – und von New York bis Berlin.“

Henning Molfenter sieht darin eine Bestätigung für die Arbeit des Studios: Der Oscar sei „eine Auszeichnung für die Ewigkeit“ – genau wie die früheren Preise für „Der Pianist“, „Der ewige Gärtner“ und „Die Fälscher“: „Das ist unanfechtbar, das kann uns niemand mehr nehmen“, freute Molfenter sich gestern. Der Chef der Studio Babelsberg Motion Pictures konnte den Oscar-Abend im Gegensatz zu den beiden Studio-Chefs Carl L. Woebcken und Christoph Fisser nicht „über den Dächern des Sunset Boulevard“ bei der Weinstein-Party verbringen. Denn er bereitete auf Sylt den Dreh von Roman Polanski vor, der am heutigen Dienstag starten soll.

Erfreut über den Oscar zeigte sich auch die Stadt Potsdam: „Der Gewinn zeigt im Vorfeld des 100. Geburtstags von Studio Babelsberg, dass die neuen Betreiber ein sehr gutes Händchen haben“, sagte Stadtsprecherin Regina Thielemann auf PNN-Anfrage. Oberbürgermeister Jann Jakobs werde dem Studio „persönlich gratulieren“. Für Brandenburgs Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns zeigt der Erfolg, „dass Filme made in Babelsberg auf internationalem Top-Level produziert werden“.

Und ein weiterer Oscar ging in der Nacht auf Montag an die Hauptstadtregion: Während „Der Baader Meinhof Komplex“ leer ausging, gewann der Berliner Regisseur Jochen Alexander Freydank die Trophäe für seinen Kurzfilm „Spielzeugland“. Der 14-Minuten-Streifen war wie „Der Vorleser“ vom Medienboard Berlin Brandenburg gefördert worden. Der Oscar ging damit an einen Autodidakten, der nach eigenen Angaben dreimal vergeblich versucht hatte, sich an der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ (HFF) einzuschreiben. HFF-Präsident Dieter Wiedemann sah das gestern gelassen. „In erster Linie: Glückwunsch an den Regisseur“, sagte er: „Der Film ist wirklich sehr gut.“ Es sei natürlich „schade“, dass Freydank nicht HFF-Student war, aber „das passiert eben“: Schließlich kämen auf zehn Regie-Plätze etwa 200 Bewerber.

Besonders groß war die Freude über den Oscar auch in Görlitz, wo sich Kate Winslet bereits bei den Dreharbeiten 2007 im „Goldenen Buch“ verewigte. Oberbürgermeister Joachim Paulick sprach gestern von einem „riesigen Erfolg“: „Die Glückwunschkarten an Kate Winslet, den Regisseur, die Produzenten und Studio Babelsberg sind schon raus.“

„Görlitz war für den Film etwas ganz besonderes“, betonte Henning Molfenter. In der sächsischen Kleinstadt im östlichsten Zipfel Deutschlands sind nicht nur Schlüsselszenen gedreht worden – hier gab es auch den Moment, in dem das Team zusammenfand, erinnerte sich Molfenter: „Es hat Boom gemacht.“ Auf die Görlitzer Kino-Premiere am Donnerstag freut er sich deshalb schon besonders. Neben David Kross wird dazu auch ein Großteil des Babelsberg-Teams kommen.

Und Kate? „Ich würde wirklich liebend gerne zurück nach Deutschland kommen, um dort noch einmal zu arbeiten“, sagte die 33-Jährige in der Pressekonferenz nach der Oscar-Verleihung in Los Angeles. Babelsberg würde sich freuen.

Seiten 14, 21 und 28

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })