
© Andreas Klaer
Landeshauptstadt: Könige auf Lager
Mit Scanner und Staubtuch: Christiane Rothe hilft im Museumsshop der Schlösserstiftung
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Jetzt bloß keine Hektik: Christiane Rothe verpackt eine filigrane Porzellan-Figur Friedrichs des Großen und trägt sie danach vorsichtig zu einem Regal. „Das teuerste, was wir hier im Lager haben, ist die 55 Zentimeter große Prinzessinnengruppe für 990 Euro“, sagt die 27-jährige Potsdamerin, die als ehrenamtliche Dokumentarin für die Museumsshop Freunde der Preußischen Schlösser und Gärten GmbH arbeitet. „Große Porzellanstatuen werden selten geliefert – das ist ganz gut, dann muss man sie nicht anfassen und es kann nichts zerbrechen.“ Dennoch geht auch in Rothes Hauptarbeitsplatz, dem Museumsshop-Lager nahe dem Park Sanssouci, ab und zu etwas zu Bruch: Pro Woche fallen etwa zwei bis drei Lagerartikel herunter. Aber zum Glück geht dabei nicht immer etwas kaputt.
Alles, was die Besucher der Potsdamer Schlösser in den sieben Museumsshops und 22 Verkaufsstellen in Brandenburg und Berlin an Andenken finden, ist hier auf Vorrat gelagert. Christiane Rothe arbeitet seit Anfang Januar 2012 vier bis 20 Stunden pro Woche als Ehrenamtlerin für die Museumsshop GmbH. Die studierte Informationswissenschaftlerin dokumentiert vor allem den Bestand des Lagers, damit die anderen Mitarbeiter ihn besser verwalten und gesuchte Artikel schnell finden können. Damit man Gegenstände später im Zweifel nicht erst auspacken muss, fotografiert und scannt Rothe viele der Objekte.
Über 60 Regale sowie acht mannshohe Kühlschränke für Lebensmittel stehen in dem 230 Quadratmeter großen Lager, in dem insgesamt zehn Personen arbeiten; Rothe ist die einzige Ehrenamtlerin. „Ich hatte zuerst an so ein kleines Kämmerchen gedacht. Dann bin ich hier reingekommen und hab gedacht: Huch!“ Objekte aller Größen und Preise von 70 Cent bis 990 Euro finden sich in den Regalen: Postkarten, Seife, Plakate, Butterdosen, Rokoko-Tassen, verschiedensprachige Bücher über Preußen, Regenschirme, „Königlicher Rosenaufstrich“, Friedrich-Krückstöcke, Modell-Trabbis zum Aufziehen und viele andere Kuriositäten. „Sobald Touristen fragen: ‚Gibt es so etwas?', wird es geprüft und falls für gut gefunden, gibt es das dann auch“, meint Rothe.
Die Ehrenamtlerin bewegt sich bedächtig durch die Regalreihen. Wer hektisch ist, stößt sich nur oder schmeißt am Ende etwas herunter. Rothe trägt bei der Arbeit immer ein Wischtuch bei sich und befreit Objekte von Staub. „Vor allem für die Postkarten ist Staub ein ständiges Problem.“ Aus diesem Grund wurde vor Kurzem ein Vakuumierer besorgt, ein waschmaschinengroßer Kasten, mit dem die Karten luftdicht eingeschweißt werden können.
„Aber ich bin keine Archivarin“, betont Rothe. Während sich Archivare mit der Aufbewahrung und Verwaltung von Gegenständen beschäftigen, muss Rothe als Dokumentarin diese Gegenstände digital konservieren. „2011 hatte ich in einem Unternehmen für Medienarchive gearbeitet, wo ich stundenlang Etiketts von Tonbändern abgetippt habe“, sagt sie. Die Arbeit machte ihr irgendwann keinen Spaß mehr, zudem befand sich ihre beste Freundin gerade in einem Auslandssemester und ihr Freundeskreis war geschrumpft. „Ich stand ganz alleine da und hatte eine Lebenskrise“, erzählt Christiane Rothe.
In ihrer Einsamkeit suchte die junge Frau Kontakt zu einer entfernten Verwandten in Potsdam. Rothe bot ihre Hilfe im Garten an, pflegte die Pflanzen, holte die Pflaumen aus den Bäumen und trug schwere Gegenstände für die ältere Dame, deren Mann schon vor einiger Zeit verstorben war. „Sie war richtig erstaunt, dass sich jemand umsonst um sie und ihren Garten kümmert“, sagt Rothe: „Einfach zu helfen und etwas erledigen zu können, was sonst keiner tut, das war was Besonderes, es war ein schönes Gefühl.“
So kam Christiane Rothe auf den Geschmack für das Ehrenamt: Sie ging zur Ehrenamtsagentur des Selbsthilfe-, Kommunikations- und Informationszentrums (Sekiz) und fragte, wo sie noch helfen könnte. Man bot ihr die Arbeit bei der Museumsshop GmbH an, die ihr wesentlich mehr Spaß mache als ihre vorigen Tätigkeiten, so Rothe: „Die Leute hier sind unglaublich nett, man bekommt positives Feedback und man kann auch mal zu den Shops rausfahren und muss nicht acht Stunden am Computer sitzen.“ Neben vielen kleinen Handgriffen und Recherchearbeiten, die Rothe im Lager erledigt, muss sie derzeit rund 2 000 Postkarten mit verschiedenen Motiven einscannen und in die Datenbank einpflegen, pro Tag schafft sie 50 bis 100 Stück.
Auch wenn ihr die Arbeit als Dokumentarin gefalle, weiß Rothe nicht, ob sie dies für immer tun wolle: Meist bekommt sie nur kurzfristige Arbeitsverträge zwischen zwei und vier Monaten Laufzeit, derzeit hat sie keine feste Stelle. Zudem liege ihr das lange Sitzen am Computer nicht sonderlich, zum Ausgleich betreibt Rothe seit einigen Monaten Yoga, Bogenschießen, Wassergymnastik und Tischtennis. „Seit etwa zwei Jahren habe ich auch Gartenarbeit für mich entdeckt. Ich überlege sogar, ob ich eine Ausbildung zur Schreinerin mache – irgendwas, wo man mit den Händen arbeitet“, sagt Rothe. Dass sie gerne zupackt, hat sie jedenfalls schon als Ehrenamtlerin beweisen.
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