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Nach Erdbeben: Hilfe aus Potsdam für die Türkei
Ramazan Günel sammelt in seinem Friseursalon in Babelsberg Hilfsgüter für die Erdbebenregion. Benötigt werden warme Kleidung, Decken und Babynahrung.
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Ramazan Günel hat sofort reagiert. Erst am Montagmittag hatte er vom schweren Erdbeben in der Türkei erfahren, schon am Nachmittag standen die ersten Hilfsgüter in seinem Salon am S-Bahnhof Babelsberg. „Wir haben erst unter Freunden und in der Familie brauchbare Dinge gesammelt. Dann kam ich auf die Idee, unsere Reichweite zu nutzen“, berichtet der 26-Jährige. Nach einem Aufruf bei Facebook stand der Salon bald voller Säcke, die vor allem mit Kleidung, warmen Decken und Windeln gefüllt waren. „Viele Kunden waren hier, aber auch Familien aus der Nachbarschaft“, berichtet der Friseurmeister. Eine Frau habe selbstgestrickte Mützen, ein Pflegedienst Windeln gebracht.
Noch am Abend wurden drei Minivans voll gepackt. Ramazan Günel brachte alles nach Berlin. In Kreuzberg, Neukölln und Moabit seien große Sammelstellen eingerichtet worden. Von dort geht es per Lkw oder Flugzeug direkt in die Türkei. Turkish Airlines habe noch am Dienstagabend Hilfsgüter in die Türkei geflogen. Die Hilfsbereitschaft sei riesig, sagt Ramazan Günel. Mit so viel Unterstützung habe er nicht gerechnet. „Die Sammelstellen waren voll.“ Er habe noch bis 3 Uhr morgens geholfen, Waren zu sortieren und Kartons zu beschriften.
Am Dienstag startete Günel einen neuen Aufruf. Vordringlich würden Babynahrung, Medikamente wie Hustensaft und Schmerzmittel, Winterkleidung für Kinder, Handschuhe, Schals, Stiefel, Mäntel und medizinisches Material wie Krücken, Rollstühle, Erste-Hilfe-Sets und Verbandmaterial benötigt. Wichtig seien auch Taschenlampen sowie Powerbanks, damit Telefone weiterhin funktionieren. Die Spenden können bis Freitag (10. Februar) täglich zwischen 10 und 19 Uhr im Salon in der Karl-Liebknecht-Straße 3 abgegeben werden. Er habe mit Freunden inzwischen zwei Lkw organisiert und wolle auch selbst Hilfsgüter in die Türkei bringen, so Günel.
Auch Ahmet Erol hilft wieder
Wie schon bei der Ukraine-Hilfe sammelt auch Ahmet Erol in seiner Werkstatt in Babelsberg wieder Hilfsgüter. Dabei war er selbst gerade erst von einer Katastrophe getroffen worden, als am Jahresbeginn seine Werkstatt abbrannte. Ersatzweise steht jetzt ein Container in der Ahornstraße 26. Dort können Produkte für Babys abgegeben werden: Nahrung, Kleidung, Medizin. Es solle darauf geachtet werden, dass kein Schweinefleisch enthalten und die Verpackung nicht aus Glas sei, sagt Erol. Der Transport in die Türkei werde noch organisiert. „Möglicherweise fahren wir selbst“, sagt der Kfz-Meister.

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„Ich habe geweint, als ich die Bilder aus der Türkei gesehen habe“, sagt Ramazan Günel. Er könne die Angst nachvollziehen. „Ich war drei Jahre alt, als bei uns in Istanbul die Erde bebte, meine Schwester war fünf. Das war 1999.“ Er könne sich noch genau daran erinnern, wie die Lampe an der Zimmerdecke plötzlich wackelte. „Zwei Sekunden später hat uns unser Vater gepackt und ist mit uns aus dem Haus gelaufen.“ Damals sei zum Glück Sommer gewesen. Heute würden obdachlos gewordene Menschen auf den Straßen in Gaziantep erfrieren. „Man sieht alte Menschen in Rollstühlen auf der Straße oder Kinder, die nach ihren Eltern rufen.“ Das Leid sei schrecklich und unfassbar.
Die Familie seiner Tante in Gaziantep habe ihr Haus im Erdbeben verloren, sagt der Potsdamer. Sie sei jetzt aber bei Verwandten in Istanbul in Sicherheit. Seine eigene Familie sei kurdisch und habe die Türkei deshalb verlassen. In der Not nach dem Erdbeben werde aber kein Unterschied gemacht. „Es wird allen geholfen“, sagt Günel. Allein in der Türkei seien 13 größere Städte betroffen. Und dann gebe es ja noch die Zerstörungen in Syrien, auch im Libanon, dem Irak und auf Zypern gebe es Schäden.
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