Landeshauptstadt: Nichts für Mädchen
695 Kartenspieler trafen sich am Samstag in Potsdam beim Qualifikationsturnier der „Pharaoh Tour 2007“
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Der Blick in die Caligari-Halle ist fast schon beklemmend. Die Stimmen von mehr als 700 Gästen erfüllen den Raum – aber wohin man auch blickt: Nur Jungs. Aus ganz Deutschland sind sie an diesem Samstag Vormittag gekommen. Und aus Polen, Italien und Österreich noch dazu, wie Matthias Nagy der Teilnehmerliste entnimmt. Nagy ist „Play Manager“ beim Sammelkartenhersteller Upper Deck und einer der Organisatoren des zweiten Qualifikationsturniers der „Pharaoh Tour 2007“. 695 Spieler traten dafür in Potsdam im Fantasy-Spiel „Yu-Gi-Oh!“ gegeneinander an. Nichts für Mädchen.
Aber auch Johannes Sobottka ist zum ersten Mal bei einem so großen Turnier. Der 22-jährige Saarmunder ist mit zwei Freunden angereist. Das Sammelkartenspiel, deren Figuren aus einer Fernsehserie bei RTL II bekannt sind, spielt er seit einem Jahr. „Einmal pro Woche“, sagt der angehende Fachinformatiker: „Man hat ja noch was anderes zu tun.“
Diesen Satz würden wahrscheinlich nicht viele in der Halle unterschreiben. Als die Spielpaare für die erste Runde bekannt gegeben werden, drängen sich die Teilnehmer in Trauben um die Listen, um zu erfahren, an welchem der 400 Tische ihr Schicksal seinen Lauf nehmen soll. Johannes Sobottka findet seinen Namen nicht. Schuld ist ein Tippfehler, wie sich herausstellt. Erst als die Uhren bereits laufen und nur noch das Kartenrascheln im Saal zu hören ist, wird der Saarmunder von einem der 30 Schiedsrichter an Tisch Nummer 167 geführt.
Die Spieler sind nicht nur mit mindestens 40 Karten „bewaffnet“ – je nach Seltenheit und Spielstärke kosten sie zwischen 25 Cent und 50 Euro pro Stück. Richtige Fans stecken ihre „Yu-Gi-Oh!“-Sammelkarten in Original-Kartenhüllen mit Hologramm, die sie in Original-Blechdosen verwahren und nur auf der Original-Tischunterlage mit Hologramm auslegen.
Johannes zieht sein Deck – das Kartenset – aus einer abgegriffenen Plastetüte. „Spielste schon lange?“, fragt ihn sein Gegenüber. Dann sprechen die Karten. Sie tragen Namen wie „Opferlamm“, „Elemental Hero“, „Bodenlose Fallgrube“ und „Schwertkraftbindung“. Keine zehn Minuten sind vergangen, als Johannes bereits 4700 Punkte verloren hat, sein Gegner Martin erst 1500. Plötzlich wendet sich das Blatt – Martin schreibt eine Null, hat die erste Partie verloren. So ähnlich verläuft auch die zweite Partie. „Er hat mich ziemlich unter Druck gesetzt, aber ich habe die Kontrolle wiedererlangt“, erklärt Johannes danach. Ein Punkt für ihn. „Viel Glück“, verabschiedet er sich von Martin. „Vielleicht sehen wir uns“, antwortet der Besiegte.
Nach den acht vorgesehenen Runden steht es für den 22-Jährigen 5:3 – damit hat sich Johannes auf den 176. Platz gespielt. „Es war sehr interessant“, resümiert er. Beim nächsten Mal werde er mehr Essen mitnehmen: „Es ist doch etwas später geworden als erwartet.“ 20 Uhr verlässt er die Halle. Die K.O.-Spiele der 32 Bestplatzierten enden erst gegen ein Uhr nachts, wie Matthias Nagy gestern sagte. Sieger wird der 17-Jährige Tolga Erkoc aus Wien. Auf zwei noch folgenden Qualifikationsturnieren werden seine Gegner für das Finale am 15. Dezember in Dortmund gekürt. Unwahrscheinlich, dass ein Mädchen dabei ist.
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