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Das Kronprinzenschloss in Paretz: In der für Friedrich Wilhelm III. und Luise gebauten Residenz zeigt die Schlösserstiftung eine Ausstellung zum Luise-Jubiläum.

© Thilo Rückeis

Von Erhart Hohenstein: Potsdam lässt Luise links liegen

Preußens populärste Königin wird von der Stadt zum 200. Todestag kaum gewürdigt

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Das „Luisenjahr 2010“, das den 200. Todestag von Preußens volkstümlichster Königin würdigt, findet in Potsdam offiziell so gut wie kein Echo. Der Schlösserstiftung ist an ihrem Hauptstandort die „preußische Madonna“ nicht einmal einen Vortrag wert. Sie zeigt zum Jubiläum unter dem Motto „Miss Preußen 2010“ Ausstellungen in Paretz, in Berlin-Charlottenburg und auf der Pfaueninsel. Damit setzt sie die neue, auf Berlin fokussierte Marketingstrategie fort, obwohl sie damit 2009 in den meisten Potsdamer Hohenzollernschlössern einen Besucherrückgang um 12 Prozent auslöste – ein Negativrekord in der Geschichte der 1927 begründeten Schlösserverwaltung.

Auch die Stadtverwaltung zeigt kein Interesse an der Königin Luise. Sie hat auf das Angebot des in Bergholz-Rehbrücke tätigen armenischen Bildhauers Alexander Agwanjan nicht reagiert, für den Luisenplatz eine Replik der Schadowschen Prinzessinnengruppe mit Luise und ihrer Schwester Friederike zur Verfügung zu stellen. Die kalte Schulter zeigt sie ebenso dem Verein „Freies Tor“, der für das Luisenjahr eine Reihe von Events vorschlägt, etwa ein Fest auf dem Luisenplatz zum Geburtstag der „Königin der Herzen“ am 10. März ein Fest und ein der modebewussten Monarchin gewidmeter Einkaufssonntag. Empfehlenswert sei ebenso eine Informationstafel auf dem Platz. „2010 ist das Luisenjahr, aber nicht in Potsdam“, stellt „Freies Tor“-Vereinschefin Ellen Chwolik-Lanfermann enttäuscht fest. Man sei nunmehr an die Hotels am Luisenplatz mit der Anregung herangetreten, sich an einem Luisenfest zu beteiligen. Für das Programm des Festes habe man bereits eine Zusage vom Berliner Luisengymnasium erhalten, sich mit Chor- und Tanzvorführungen sowie einen Infostand zu beteiligen. Außerdem wolle der Verein eine „Luise in Potsdam“-Homepage mit dem Ziel einrichten, dort die Potsdamer Angebote zum Luisenjahr übersichtlich zusammenzustellen. Man hoffe, dass die Stadt auf www.Potsdam.de eine Verlinkung mit der Luisen-Homepage vornimmt.

Es gebe genug andere, die das Jubiläum würdigen, meint dagegen Stadt-Marketingchefin Sigrid Sommer und weist auf den Verein „Kulturland Brandenburg“ hin, der sein Themenjahr 2010 mit Hinweis auf Königin Luise unter das Motto „Mut und Anmut – Frauen in Brandenburg und Berlin“ gestellt hat. In seinen Ankündigungen findet man jedoch kaum auf die Jubilarin bezogene Projekte; für Potsdam kann Vereinschefin Brigitte Faber-Schmidt lediglich auf eine Reihe des Potsdamer Filmmuseums hinweisen. Von Sachiko Schmidt organisiert, verspricht immerhin dieses Programm mit einer vom 25. März bis 24. Oktober laufenden Ausstellung „Luise. Königin der Herzen“, Filmen und Veranstaltungen eine publikumswirksame Würdigung der königlichen Jubilarin. Von Potsdam-Museum gab es die schlichte Antwort, mit Luise habe man überhaupt nichts vor. In der Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche zeigte man sich auf PNN-Nachfrage betroffen, bisher nicht an das Jubiläum gedacht zu haben. Die Gesellschaft reagierte, indem sie nunmehr für den 10. März in ihren Ausstellungsräumen in der Breiten Straße eine Gedenkveranstaltung vorbereitet. Das Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte will Mitte Mai Christine Gräfin von Brühls Biographie „Die preußische Madonna“ vorstellen. Der Yacht- und Schifffahrtsverein „Royal Louise“ wird mit seiner nach der Königin benannten Fregatte am 30. April die Pfaueninsel anlaufen, wenn dort die Luisenausstellung eröffnet wird.

Luise hat dieses Desinteresse nicht verdient, meint der Militärhistoriker Frank Bauer. Die Königin liebte Potsdam und verbrachte mit ihrer Familie fast jedes Frühjahr im Stadtschloss. Hier bewohnte sie seit ihrer Kronprinzessinnenzeit vier Räume, die ab 1932 den Touristen als „Luisenwohnung“ gezeigt wurden. In Potsdam brachte sie eines ihrer zehn Kinder zur Welt. In der Garnisonkirche trafen sich am 5. November 1805 Zar Alexander, Königin Luise und ihr Gemahl König Friedrich Wilhelm III., um das zwei Tage zuvor im Vertrag von Potsdam beschlossene russisch-preußische Bündnis zu beschwören, das später zu einer wichtigen Grundlage für den erfolgreichen Befreiungskampf gegen Napoleon wurde. Auch ihre letzten Lebensmonate verbrachte die Königin vorwiegend in Potsdam. Die Laubengänge am Schloss Sanssouci wurden zum Ort ihrer Teestunde. Zudem hatte ihr Gemahl für sie 1803/04 auf dem Brauhausberg eine „gotische Turmruine“ mit Teestube und Aussichtplattform errichten lassen, ein beliebtes Ziel für Spaziergänger.

2007 schob Potsdams SPD-Chef Mike Schubert eine Initiative an, um das in den 1950er Jahren abgerissene Belvedere wieder aufzubauen. Doch auch dieses Vorhaben verlief im Sande. Es sei ihm nicht gelungen, dafür einen Förderverein zu gründen, informierte Schubert auf PNN-Anfrage.

Erhart Hohenstein

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