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Landeshauptstadt: Potsdams Offline-Wahlkampf

Im Internet findet der Potsdamer Kommunalwahlkampf kaum statt – von wenigen Ausnahmen abgesehen

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Plakate, Flyer, Infostände – so sieht seit Jahrzehnten der klassische Kommunalwahlkampf aus. Dass auch das Internet etliche Möglichkeiten zur Wähler-Mobilisierung bietet, weiß man spätestens seit Barack Obamas Web-Kampagnen zur US-Präsidentenwahl. Haben mittlerweile auch die Potsdamer Parteien das Netz für den Wahlkampf entdeckt?

Fündig wird man zum Beispiel auf der recht schlichten Webseite der Potsdamer Demokraten: Die beiden ehemaligen CDU-Mitglieder Wolfgang Cornelius und Peter Schultheiß betreiben seit über einem Jahr fleißig einen Video-Blog mit eigenem Youtube-Kanal mit über 60 Videos. „Diebstähle, Einbrüche, Autobrände – im beschaulichen bürgerlichen Kirchsteigfeld geht die Angst um“, verkündet die Stimme aus dem Off im jüngsten Beitrag, in welchem die Partei die Polizei zu den Vorfällen im Stadtteil interviewt und eine Sicherheitspartnerschaft – eine Art Bürgerwehr – vorschlägt. In anderen Clips werden Kandidaten vorgestellt oder die aktuelle Stadtpolitik kommentiert.

Vergleichbares findet sich bei den anderen Fraktionen nicht, abgesehen von einer kurzen Video-Ansprache von Wolfhard Kirsch auf der Webseite des Bürgerbündnisses. Dort sowie auf den Seiten von FDP, Potsdamer Demokraten und CDU präsentieren sich die Kandidaten zum Teil detailliert mit Lebenslauf, Angabe ehrenamtlichen Engagements und politischen Stellungnahmen. Einige CDU- und Potsdamer-Demokraten-Kandidaten lassen sich auch per Mail kontaktieren. Bei den Grünen findet man lediglich kurze Bewerber-Statements, die meisten anderen Parteien belassen es bei der reinen Auflistung ihrer Kandidaten.

Auf der sehr modern gestalteten Seite der Potsdamer SPD hingegen fand man noch vor zwei Wochen keinerlei Kandidatenliste – bis auf die Fraktion Die Andere, die Alternative für Deutschland (AfD) und die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) haben zumindest das alle anderen Parteien fertigbekommen. Von der AfD existiert lediglich die Seite des Landesverbandes ohne Potsdam-spezifische Inhalte. Noch schlechter aufgestellt – wohl weil gerade erst gegründet – ist nur die UWG des ehemaligen Grünen-Politikers Andreas Menzel: Über sie sind keinerlei Infos im Netz vorhanden. Aber auch Die Andere weist Online-Defizite auf: Die Webseite ist teilweise verwirrend, ein Wahlprogramm ist nicht zu finden, lediglich verstreute Einzelthemen.

Den besten digitalen Beitrag zur Kommunalwahl hat ohnehin keine Partei geliefert, sondern der Stadtjugendring Potsdam e.V. mit seiner Erstwähler-Kampagne „Dein erstes Mal Wählen“ und der dazugehörigen Webseite: Ähnlich dem Wahl-O-Mat kann man hier die Positionen einzelner Parteien vergleichen, neben jeder Partei steht der Link zur Facebook-, Twitter- oder Google+-Seite, alle Kandidaten können per Online-Formular angeschrieben werden. Auch einen eigenen Youtube-Kanal gibt es: Unter dem Titel „Frag das Dr. Förster-Team“ erklärt Wahlleiter Matthias Förster kurz und knackig, wie die Wahl funktioniert.

Auch einzelne Kandidaten aller Parteien stellen sich hier in kurzen Clips vor und sprechen über ihre Pläne für die Stadt. „Ich glaube, Jugendliche sollten mich wählen, damit es auch in der SPD eine Stimme für sie in der Stadtverordnetenversammlung gibt“, ist David Kolesnyk (SPD) überzeugt. Vor dem Hintergrund eines Fußballplatzes verspricht Clemens Viehrig (CDU): „Ich möchte auf jeden Fall dem Potsdamer Breitensport eine Stimme geben.“

Fazit: Von einem Wahlkampf in Netz kann bei dieser Kommunalwahl kaum die Rede sein. Die Potsdamer Parteien sehen das Internet größtenteils als einen weiteren Kanal zur Informationsverbreitung. An sozialen Netzwerken wird hauptsächlich Facebook genutzt, vor allem die Linke ist dort recht aktiv. Sie kommentiert die Stadtpolitik, verlinkt einzelne Punkte ihres Wahlprogramms, stellt Kandidaten vor und verweist auf Termine – über 2000 „Likes“ sind der Lohn. Bürgerbündnis, Die Andere und Potsdamer Demokraten sind ähnlich rege auf Facebook, die Grünen hingegen haben ihre Seite schon seit Monaten nicht mehr aktualisiert. Eine bewusste Entscheidung, wie Grüne-Kreischef Uwe Fröhlich den PNN sagte: Der Vorstand habe sich aus datenschutzrechtlichen Gründen vorerst gegen weitere Facebook-Aktivitäten entschieden. Insgesamt bestimmen also nicht neue, sondern alte Medien den Wahlkampf, und die heißen: Plakate, Flyer, Infostände. E. Wenk

E. Wenk

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