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Homepage: Ruf nach Geld vom Bund

Diskussion zur Förderung der Wissenschaft

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Für die Aufhebung des sogenannten Kooperationsverbotes haben sich Potsdamer Wissenschaftler und Politiker auf einer Podiumsdiskussion am Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien (MMZ) am Mittwoch ausgesprochen. Das im Grundgesetz verankerte Kooperationsverbot untersagt eine direkte Finanzierung der Bildung durch den Bund. Da viele Ost-Bundesländer mit der alleinigen Finanzierung von Wissenschaft und Schulen überfordert sind, wird seit Längerem die Aufhebung dieser Regelung gefordert. Die vormalige Wissenschaftsministerin Annette Schavan (CDU) war mit dem Vorstoß zur Aufhebung gescheitert. Die SPD hatte das Vorhaben blockiert, weil es sich nur auf die Wissenschaft, nicht aber auf die Schulen bezog. Einige unionsgeführte Länder wollten am Kooperationsverbot festhalten, weil sie befürchteten, dass sonst der Wettbewerb wegfallen würde.

„Wettbewerb ja, aber nur zu gleichen Ausgangsbedingungen“, sagte dazu die Potsdamer SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein. Die Ost-Bundesländer seien nach wie vor im Nachteil. Wicklein sprach sich für eine solide Grundfinanzierung der Hochschulen aus, zu der die von den Hochschulen selbst eingeworbenen Drittmittel hinzukommen. Die heutige Form der Projektförderung gebe den Hochschulen und Instituten nur wenig Planungssicherheit. Die SPD strebe bei einer Regierungsbeteiligung eine Erhöhung der jährlichen Bund-Länder-Finanzierung für Wissenschaft und Bildung um 20 Milliarden Euro an.

Auch der Direktor des MZZ, Julius H. Schoeps, machte deutlich, dass zu der Projektförderung eine Institutionelle Förderung hinzukommen müsse. „Mit selbst eingeworbenem Geld alleine kann man keine strukturellen Lücken schließen“, so Schoeps. So stehe die Partnereinrichtung des MMZ in Halberstadt vor der Schließung, weil Sachsen-Anhalt sich an der Finanzierung nicht mehr beteiligen könne. Schoeps sprach sich für das US-amerikanische Matching-Verfahren aus, bei dem von Instituten eingeworbene Fördersummen von den Hochschule in gleicher Höhe gegenfinanziert werden.

Wicklein sieht das MMZ – ein An-Institut der Universität Potsdam – als ein gutes Beispiel für Einrichtungen, die von einer Aufhebung des Kooperationsverbotes profitieren könnten. Der SPD-Politiker Klaus Faber nannte das Potsdamer Forschungszentrum, das sich neben der Geschichte des europäischen Judentums verstärkt auch mit Ursachen von Rechtsextremismus und Antisemitismus in Brandenburg sowie Präventionsarbeit in dem Gebiet auseinandersetzt, einen Solitär. Allerdings werde das MMZ im Land zu wenig beachtet. Wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass das Zentrum über die akademischen Leistungen hinaus sich verpflichtet sieht, in der deutschen Gesellschaft ein zivilgesellschaftliches Mandat wahrzunehmen. Das Zentrum berät die Politik in Fragen zum Rechtsextremismus; auf Landesebene gibt es eine Zusammenarbeit mit dem Innenministerium, Verfassungsschutz und der Polizei. Schoeps war zudem Mitglied des Expertengremiums, das den ersten Antisemitismusbericht für den Bundestag verfasst hat.

Wicklein betonte, dass gerade auch geistes- und gesellschaftswissenschaftliche Einrichtungen wie das MMZ zu den wichtigen Standortfaktoren gehören. Das Zentrum leiste vorbildliche Arbeit in der Antisemitismusbekämpfung, in der Abwehr von Rassismus und Rechtsradikalismus und in der internationalen Zusammenarbeit. Hinzu kommt, dass das Institut Teil des Zentrums Jüdische Studien Berlin-Brandenburg ist. Zurzeit werden hier rund 40 Doktoranden für die Region ausgebildet. Weitere sollen in diesem Jahr durch das neue Ludwig-Rosenberg-Kolleg der Böckler-Stiftung hinzukommen. Das Graduiertenkolleg will sich mit historischen Bezügen zwischen Judentum und Arbeiterbewegung in der Moderne beschäftigen. Jan Kixmüller

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