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Potsdams einziger Fahrradrahmenbauer: Selbstgeschweißt fährt sich am besten

Robert Piontek ist Potsdams einziger Fahrradrahmenbauer: In seiner Babelsberger Werkstatt kann man sich in ein paar Tagen ein eigenes Traumrad bauen.

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Potsdam - Der Stoff, aus dem Träume gemacht sind, ist Stahl – zumindest für Fahrrad-Freaks. Ein ganzes Regal voller Stahlrohre in allen Größen steht in der Kellerwerkstatt von Big Forest Frameworks, es ist das Rohmaterial für maßgeschneiderte Fahrräder. Die meisten Rohre werden jedoch nicht von Inhaber Robert Piontek zusammengebaut, sondern von den Kunden selbst: „Die Rahmenbaukurse machen mittlerweile den Hauptteil des Geschäftes aus“, sagt Piontek. Allein 2015 habe er 40 bis 50 Kurse gegeben.

Der 41-jährige Babelsberger ist gefragt, denn er ist nicht nur der einzige Rahmenbauer in Potsdam, sondern einer der wenigen, bei denen man unter Anleitung selber einen Rahmen nach eigenen Vorstellungen konstruieren kann. „Es gibt in Deutschland nur etwa drei oder vier Leute, die so etwas anbieten“, sagt Piontek. Dementsprechend weite Wege nehmen seine Kunden zum Teil auf sich: Einige kommen aus Spanien, Schweden, Frankreich oder sogar der Türkei in die Babelsberger Werkstatt. „Nur die wenigsten kommen aus Potsdam oder Berlin“, sagt Piontek.

Eigentlich ist der gebürtige US-Amerikaner Astrophysiker: Als solcher arbeitete er viele Jahre in den USA und lernte dort seine deutsche Frau Franziska kennen, die ebenfalls Astrophysikerin ist. 2005 siedelten sie nach Potsdam über, wo Piontek unter anderem am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam arbeitete. So sehr er seinen Job mochte, es missfiel ihm, den ganzen Tag nur am Computer zu sitzen, also machte er seine Fahrradleidenschaft zum Beruf und gründete 2013 Big Forest Frameworks.

„Mehr mit den Händen machen“

Vielen der Kunden, die heute in Pionteks Rahmenbaukurse kommen, ginge es ähnlich wie ihm damals: „Viele sitzen im Job nur am Computer und wollen mehr mit den Händen machen. Wenn man etwas selber baut, egal ob es ein Rad oder ein Tisch ist, dann sieht man am Ende des Tages, was man gemacht hat“, sagt Piontek. Obwohl viele Kursteilnehmer auch in ihrer Freizeit an Fahrrädern schrauben und basteln, sei es kein Problem, wenn man als kompletter Laie ohne handwerkliche Vorkenntnisse zu ihm komme: „Manchmal sind die, die gar keine Erfahrung haben, sogar schneller als die, die schon mehr wissen.“

Die Kundschaft von Big Forest Frameworks ist bunt gemischt, vom Studenten bis zum Geschäftsführer. Auch ein 13-jähriger Schüler hat schon zusammen mit seinem Vater an dem Kurs teilgenommen. Löten, Feilen, Schleifen – das alles machen die Teilnehmer selbst, Piontek passt auf, dass keine Fehler passieren.

Man sollte allerdings etwas Zeit mitbringen: Vier bis fünf Tage dauert ein Kurs, der auf jeweils zwei Teilnehmer beschränkt ist. Jeden Tag muss mehrere Stunden an dem Rad gearbeitet werden. Je nach Kurs und Rad-Typ – Rennrad, Mountainbike oder Trekkingrad – kostet das Ganze zwischen 1000 und 2000 Euro. „Diese Räder halten dann ein Leben lang, und das zu fahren ist etwas ganz Besonderes“, sagt Piontek.

Kunden können sich verwirklichen

Abgesehen davon, dass die Räder perfekt auf die eigenen Körpermaße und das individuelle Fahrverhalten zugeschnitten sind, können die Kunden natürlich auch Spezialwünsche verwirklichen: „Einer wollte zum Beispiel für seine Frau ein Rad mit einem doppelten Oberrohr bauen, also mit einer parallelen Stange unter der Mittelstange.“ Ein anderer Kunde hatte eine besondere Idee für die Lackierung: Zunächst wurde ein rot-grüner Farbverlauf auflackiert, darüber dann eine Schicht schwarze Farbe, die anschließend Risse bekam, sodass man die Farbe durch die Risse schimmern sah.

Piontek ist offen für alle speziellen Ideen, er selber baut gerne Räder mit ungewöhnlichem Design: So steht in seiner Werkstatt ein Rennrad, bei dem der Vorderreifen kleiner ist als der Hinterreifen, sodass der Lenker erheblich tiefer liegt als der Sattel. „Es fährt sich eigentlich ganz gut“, sagt Piontek, der solche Räder einmal bei einem Radrennen gesehen und daraufhin Lust hatte, selbst eines zu bauen. Gleich daneben steht ein weiteres Unikat: Ein gelbes Mountainbike, bei dem die Rohre mit Muffen verbunden sind, statt wie sonst mit Schweiß- nähten.

Piontek ist leidenschaftlicher Mountainbikefahrer, besonders gerne fahre er am Heiligen See entlang – Hauptsache durch die Natur. So erklärt sich auch der Name seiner Manufaktur Big Forest Frameworks: „Ich hatte eine lange Liste mit Namen für die Firma“, sagt Piontek. „Aber mir ist aufgefallen, dass es immer am schönsten ist, durch den Wald zu fahren, egal ob mit Mountainbike oder Rennrad.“ Wer selber Lust aufs Rahmenbauen bekommen hat, kann dies auch kurzfristig tun: Im Januar habe er noch Plätze frei, sagt Piontek.

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