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Podium. Ines Pohl, Annalisa Piras, Anna Diamantopoulou, Tim Sebastian, Tomasz Lis, Xavier Vidal-Folch und Simon Jenkins (v.l.) diskutierten beim M100.

© Ralf Hirschberger/dpa

Mediengipfel M100 in Potsdam: Sorgen in Sanssouci

Beim Mediengipfel M100 wurde die Krise Europas diskutiert. Auch die Veranstaltung selbst hat an Glanz eingebüßt

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Sanssouci - Der Rahmen war würdig, das Thema kontrovers: Das „M100 Sanssouci Colloquium“ in der Orangerie im Park Sanssouci hat am Donnerstag wieder hochkarätige Medienprofis aus Deutschland und Europa angelockt. Im Vergleich zu vorangegangenen Jahren hatte das Medientreffen jedoch etwas an Glanz eingebüßt. 2012 war Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Ehrengast der Veranstaltung. 2010 kam sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) um der Preisverleihung des M100 Media Awards an den dänischen Mohammed-Karikaturisten Kurt Westergaard beizuwohnen. Für die diesjährige Preisverleihung war Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) als Laudator angefragt, verriet die neue Intendantin des Berliner Maxim-Gorki-Theaters, Shermin Langhoff, die an seiner Stelle sprach. Auch kein Mitglied der brandenburgischen Landesregierung war gekommen. Es blieben sogar Plätze im prunkvollen Raffaelsaal unbesetzt.

Thema des diesjährigen Treffens war die Frage „Are the Media destroying Europe?“ („Zerstören die Medien Europa?“). Es ging um Bilder von Angela Merkel mit Hitlerbärtchen auf griechischen Magazinen oder die Berichterstattung deutscher Boulevardmedien über „Pleite-Länder“ in Südeuropa. Darüber diskutierten am Nachmittag auf dem Podium prominente Medienmacher aus verschiedenen Ländern: Euronews-Mitbegründerin Annalisa Piras, die Chefredakteurin der taz, Ines Pohl, und die griechische Politikerin Anna Diamantopoulou nahmen dabei die eher medienkritische Position ein. Demgegenüber vertraten der ehemalige Herausgeber der Londoner „Times“, Simon Jenkins, „Newsweek Polska“-Chefredakteur Tomasz Lis und Xavier Vidal-Folch, stellvertretender Direktor von „El País“, eher den Standpunkt, dass Medien nur über die europäische Krise berichten und nicht Teil der Krise selbst seien.

Die Hauptrede hielt wie im vergangnen Jahr der österreichische Autor Robert Menasse, der eine Rückbesinnung auf die Europäische Union als kulturpolitsiches statt als wirtschaftpolitisches Projekt forderte, um die Krise überwinden zu können. Damit das gelingen könne, komme den Medien eine große Bedeutung zu. „Wir brauchen keine europäischen Medien, sodern Europäer in den Medien“, sagte er. Deshalb seien Treffen wie das M100 nötig. „Es bietet die Gelegenheit, sich mit anderen Medienmachern über diese Fragen auszutauschen. Das Colloqium hatte Menasse nach seinem Besuch 2012 in diesem Jahr erneut angefragt. Da er sich im vergangenen Jahr in Potsdam außerordentlich wohl gefühlt habe, habe er gern zugesagt.

Ausgezeichnet wurde am Abend der als „stehender Mann“ bekannt gewordene Erdem Gündüz. Der 34-jährige Künstler aus Istanbul hatte im Juni stundenlang regungslos auf dem Istanbuler Taksim-Platz gestanden und das Porträt von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk angeblickt. Mit seinem stillen Protest sei er zur Ikone des friedlichen Protestes gegen die Regierung geworden.

Rund 200 000 Euro kostet die Tagung, die 100 Medienmacher zusammenbringen soll, insgesamt. Das Geld kommt unter anderem von der Stadt, die nach eigenen Angaben in diesem Jahr 71 500 Euro zahlt. Dazu kommen etwa 40 000 Euro vom Medienboard Berlin-Brandenburg. Die Konferenz entstand vor neun Jahren im Zuge der gescheiterten Bewerbung Potsdams zur Europäischen Kulturhauptstadt. Für die Stadt lohne sich der Einsatz, hieß es im Vorfeld. Die Medienresonanz durch das Treffen sei ein Gewinn für Potsdam.

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