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Hollywood in Potsdam: Spione, Rätsel und Kulissen

Die Vorbereitung auf Steven Spielbergs Film zur Agentengeschichte der Glienicker Brücke läuft – in Potsdam und im polnischen Breslau

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Potsdam/Breslau - Im Studio Babelsberg entstehen Filmsets und Kostüme und auch im polnischen Breslau – Wroclaw – wird seit dem gestrigen Dienstag an einer Außenkulisse für Steven Spielberg gebaut: Die Vorbereitungen für den Dreh mit dem Hollywood-Starregisseur und seinem Hauptdarsteller Tom Hanks laufen auf Hochtouren. Wie die polnische Zeitung Gazeta Wroclawska auf ihrer Internetseite berichtete, wird im Zentrum von Breslau in dieser Woche eine Straße mit heruntergekommenen Gründerzeithäusern als Kulisse für den Agententhriller präpariert. Gedreht werden soll dort aber erst in der zweiten Novemberhälfte, hieß es. In Potsdam soll es nach PNN-Informationen dagegen noch im Oktober losgehen.

Oscarpreisträger Spielberg will mit dem Film die Geschichte hinter dem ersten Agentenaustausch auf der Glienicker Brücke ins Kino bringen (PNN berichteten): Am 10. Februar 1962 wechselten auf der damaligen Grenzbrücke zwischen Potsdam und Westberlin der KGB-Spion Rudolf Abel und der CIA-Spion und Air-Force-Pilot Francis Gary Powers die Seiten. Über die spektakuläre Aktion wurde seinerzeit in Zeitungen weltweit geschrieben – sie begründete den Ruf der Brücke als Agentenbrücke des Kalten Krieges. Spielberg macht in seiner Version – das Drehbuch stammt aus der Feder der Coen-Brüder („Fargo“) – den New Yorker Anwalt James Donovan zur Hauptfigur. Donovan hatte den Austausch damals in jahrelangen Verhandlungen hinter den Kulissen vorbereitet. Neben Hanks sind Mark Rylance, Amy Ryan und Sebastian Koch für weitere Rollen vorgesehen.

Eine Hauptrolle in dem Thriller spielt auch die Glienicker Brücke: Spielberg will nach PNN-Informationen im November am historischen Schauplatz drehen; die Brücke soll dafür komplett gesperrt werden. Den genauen Termin werde man rechtzeitig bekannt geben, sagte Stadtsprecher Markus Klier am Dienstag auf Anfrage. Die Sperrung werde nicht vor den Feiern zum 25. Jahrestag der Grenzöffnung am 9. und 10. November stattfinden. In New York war bereits seit Anfang September gedreht worden. Für die Dreharbeiten in Deutschland ist Studio Babelsberg als Koproduzent und ausführender Produzent zuständig. Finanzielle Unterstützung kommt auch vom Medienboard Berlin-Brandenburg: Die Filmförderung beider Länder zahlt eigenen Angaben zufolge 500 000 Euro für das Projekt.

Das Filmteam hatte nach PNN-Informationen zur Vorbereitung unter anderem bereits das Museum Villa Schöningen direkt an der Brücke besucht und sich dort nach möglichen Originalexponaten für den Dreh erkundigt. In der Gedenkstätte KGB-Gefängnis Leistikowstraße hat sich bisher indes noch niemand gemeldet, wie Gedenkstättenleiterin Ines Reich den PNN sagte.

Der Überlieferung zufolge soll CIA-Mann Powers die Nacht vor der Übergabe in dem Gefängnisbau in der damals für normale Potsdamer „Verbotenen Stadt“ verbracht haben – in einem der für die sowjetischen Offiziere ausgebauten Räume im Obergeschoss. Eindeutige Belege für diese These gebe es bislang aber nicht, betonte Gedenkstättenleiterin Reich. Powers’ Sohn Francis Gary Powers junior, der ein Museum über die Geschichte des Kalten Krieges gründete, hatte die Gedenkstätte Leistikowstraße im Jahr 2005 erstmals besucht – und den Kontakt seitdem gehalten.

Sein Vater war am 1. Mai 1960 bei einem Spionageflug über der Sowjetunion abgeschossen wurden. Powers überlebte und wurde von den Sowjets zu zehn Jahren Haft verurteilt. Der US-Seite sollte nun zugutekommen, dass der drei Jahre vorher in New York gefasste KGB-Meisterspion Rudolf Abel dank seines Verteidigers James Donovan um die Todesstrafe herumgekommen war – und man mit ihm einen möglichen Tauschpartner für Powers hatte. Für die Verhandlungen über einen Austausch reiste Donovan damals hinter den Eisernen Vorhang. Er erwirkte unter anderem, dass auch ein in Ostdeutschland festgehaltener US-amerikanischer Student zurückkehren durfte.

Der Austausch selbst fand dann in den frühen Morgenstunden des 10. Februar 1962 statt. Noch am selben Tag berichtete die New York Times auf der Titelseite über die spektakuläre Aktion. Das Weiße Haus hatte demnach nachts um 3.20 Uhr New Yorker Zeit eine Pressemitteilung zum geglückten Austausch veröffentlicht – nur eine knappe halbe Stunde nach den Ereignissen in Potsdam.

Auch in Potsdam hatte der Austausch ein Nachspiel, wie PNN-Leser Bernd-Reiner Paulke zu berichten weiß. Abel ist demnach zur Erholung noch einige Tage in der Havelstadt geblieben. Paulkes Vater, der 2011 verstorbene Diplombiologe Erich Paulke, bekam im Rahmen des Besuchsprogramms den Auftrag, Abel durch den Botanischen Garten von Sanssouci zu führen. „Abel hat damals auf meinen Vater einen nachhaltigen, großen Eindruck gemacht“, erinnert sich der Sohn, der damals als Siebenjähriger zur Schule ging. Abel sei sehr bescheiden aufgetreten und habe ein großes Allgemein-, aber auch Fachwissen zur Pflanzenwelt bewiesen. „An diesen besonderen Tag erinnerte lange bei uns zu Hause eine Flasche armenischer oder georgischer Fünf-Sterne-Kognak, der in unserem Wohnzimmerschrank stand“, erzählt Paulke.

Der Spielberg-Film soll am 16. Oktober 2015 in den USA in die Kinos kommen. Zum deutschen Kinostart ist noch nichts bekannt.

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