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Das Wissenschaftsforum der Sozialdemokratie tagte am Moses Mendelssohn Zentrum
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Das Wissenschaftsforum der Sozialdemokratie tagte am Moses Mendelssohn Zentrum Brandenburg hat im Hochschulwesen mittlerweile einen „Zwischenausbaustand“ erreicht. Mit dieser Feststellung startete ein Kreis von SPD-Politikern, Hochschuldozenten und Wissenschaftlern am Mittwochabend in eine Diskussionsrunde zu Bilanz und Perspektiven der Wissenschaftspolitik. Eingeladen hatte das Wissenschaftsforum der Sozialdemokratie und das Moses Mendelssohn Zentrum (MMZ) an der Universität Potsdam. Auch wenn in Brandenburg nach der Wende im Bereich Hochschulen und Forschung viel entstanden sei, wäre es nun ein großer Fehler, auf dem „Zwischenausbaustand“ stehen zu bleiben, betonte Klaus Faber vom Wissenschaftsforum. In Zeiten des Wahlkampfs ist es natürlich zu erwarten, dass in einer solchen Runde auch auf die Erfolge der eigenen Politik hingewiesen wird. Was Klaus Faber, die SPD-Bundestagsabgeordnete Andrea Wicklein und die SPD-Landtagsabgeordnete Klara Geywitz dann auch ausführlich taten: Zwischen 1998 und 2005 sei es der rot-grünen Bundesregierung gelungen, das Bafög aufzustocken, die Studierendenzahlen zu erhöhen und die Ausgaben für die Wissenschaft um über 30 Prozent zu steigern. „Rot-Grün war für den Bildungsbereich ein Segen“, sagt Klara Geywitz. Auf Landesebene sähe das allerdings schon weniger gut aus, bemerkte Klaus Faber – gerade auch in Brandenburg. Das Land, in dem demographischer Rückstand und Defizite im Ausbildungsbereich zusammen kommen, müsse dringend aufholen. Zumal Deutschland auch auf nationaler Ebene bei den Studierendenzahlen sowohl im OECD- wie auch im EU-Vergleich zurückliege. In Polen studieren 60 Prozent eines Jahrgangs, in Westdeutschland 40 Prozent und in Brandenburg nur 25 Prozent. In Skandinavien und den USA werde doppelt so viel Geld pro Kopf für die Wissenschaft ausgegeben. Von dem EU-Ziel, für die Wissenschaft drei Prozent des Bruttoinlandproduktes auszugeben, ist Deutschland noch entfernt, derzeit liegt man bei 2,5 Prozent. Angesichts der Zahlen kommt Klaus Faber zu dem Schluss, dass sich ohne weiterhin hohen Anteil der Bundesfinanzierung im Bereich Wissenschaft und Hochschulen nicht viel bewegen wird. Einen Stillstand im Aufbau der Hochschul- und Forschungslandschaft bemängelte auch der Präsident der FH Brandenburg, Prof. Rainer Janisch. „Wir haben viel aufgebaut, aber nun kommen wir nicht weiter“, sagte Janisch. Er beobachte zudem, dass das öffentliche Gut Bildung derzeit schleichend privatisiert werde. „Eine solche Entwicklung wäre für Brandenburg eine Katastrophe, sie würde einen Einbruch der Studienplatznachfrage bedeuten.“ Janisch plädiert dafür, dass in die Bildung sowohl öffentliche wie auch private Mittel fließen sollten. Für eine solche duale Finanzierung müsste die Politik die Rahmenbedingungen schaffen. Mit einem motivierten Statement meldete sich Till Meyer, ehemaliger AStA-Chef der Uni Potsdam und derzeit Juso-Unterbezirksvorsitzender in Potsdam, zu Wort. „Im Hochschulsystem Deutschlands ist in den vergangenen Jahren etwas passiert“, stellte er fest. Das Bafög sei verdoppelt worden, der Frauenanteil an den Hochschulen gestiegen, Juniorprofessuren seien eingerichtet und Abschlüsse auf Bachelor/Master umgestellt worden. Was Brandenburg betrifft, müsse im Hochschul- und Forschungsbereich stärker mit Berlin vernetzt werden, weniger in Bereiche investiert werden, die keine Zukunft haben, Cluster-Bildung und interdisziplinäre Studiengänge müssten vorangetrieben werden. Grundlegend sei, dass es höhere Zuwendungen für die Wissenschaft geben müsse. Wenn heute allein 60 Prozent des Bundeshaushaltes für den Status Quo des Sozialsystems ausgegeben werden, dann seien neun Milliarden Euro für die Wissenschaft zu wenig: „So kommen wir nicht weiter.“ Gastgeber Prof. Julius H. Schoeps, Direktor des MMZ, forderte dann mehr Mut, um neue Wege zu beschreiten. „Zur Zeit verwalten wir uns nur selbst.“ Zum Beispiel könnte man darüber nachdenken, nach US-Vorbild die Rektoren der Hochschulen von außen zu besetzen. Oder man könnte überlegen, ob zwei Juristische Fakultäten in wenigen Kilometern Entfernung – Uni Potsdam und FU Berlin – nicht zusammen gelegt werden könnten. Oder ob zwei „schwindsüchtige Historische Fakultäten“ an diesen beiden Hochschulen zusammen nicht stärker wären. Schließlich blieb der Eindruck eines konstruktiven Gesprächs bei Wasser, Wein und Brezeln, das auch die nötige Kritik nicht vermissen ließ. Weitgehender Konsens herrschte darin, dass der Hochschulbau Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Land bleiben sollte. Manfred Mehmel, Geschäftsführer der Schiffbau-Versuchsanstalt Potsdam (SVA), kritisierte dann, dass von den um 30 Prozent gesteigerten Forschungsausgaben ein Großteil durch die Lohnanpassung aufgezehrt werde: „Für Forschung bleibt da nicht viel übrig.“ Und Rainer Janisch erinnerte daran, dass es zwar eine Erhöhung gegeben habe: „Aber die anderen Länder stocken auch auf.“ Jan Kixmüller
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