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Landeshauptstadt: Temporausch und Imponiergehabe

Oberstufenzentrum I zeigt Ausstellung „Straßenkreuze“

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Oberstufenzentrum I zeigt Ausstellung „Straßenkreuze“ Von Henner Mallwitz „Der Tod kommt schnell. Er macht Opfer und Täter. Die Freunde, die man verlor, fehlen ein Leben lang. “Warum?“ steht auf einem der Straßenkreuze. Sie stehen an den Unorten des Sterbens.“ Nein, unbeeindruckt haben diese Zeilen die 19-jährige Stefanie und ihre 18-jährige Freundin Jennifer gestern nicht gelassen. Diskussionen über das Fahren unter Alkohol, über Rasen und Imponiergehabe auf den Straßen – unausbleiblich beim Anblick der Bilder, beim Lesen der Texte. Nach dem Landtag und dem brandenburgischen Verkehrsministerium ist nun im Oberstufenzentrum I an der Jägerallee die Ausstellung „Straßenkreuze“ zu sehen. Zwei Hallenser Fotografen bannten die zahlreichen Kreuze an den Straßenrändern Sachsen-Anhalts auf Papier – die Zahlen und Fakten wurden auf Brandenburger Verhältnisse aktualisiert. Hier nehmen die 18- bis 25-Jährigen beispielsweise zehn Prozent der Bevölkerung, bei den Unfalltoten jedoch 25 Prozent ein. „Im vergangenen Jahr starben 326 Menschen auf Brandenburgs Straßen“, erinnerte Verkehrsminister Frank Szymanski. „Diese Ausstellung soll zu Diskussionen führen, Gründe sollen im Gespräch auf den Tisch kommen, und man sollte über Wege und Auswege sprechen.“ Bildungsminister Steffen Reiche sprach aus Erfahrung. Aus eigener, aus bitterer. „Zwei Jungs aus eurem Alter habe ich mit beerdigen müssen. Die Schreie der Mütter werde ich nie vergessen.“ Und er erzählte von seiner Kollegin, deren Sohn durch einen Unfall ums Leben kam. In seinem Zimmer hat sie seitdem nichts verändert, sie betritt es aber auch nicht mehr. Ein anderer Mensch sei sie seitdem geworden. „Das wirklich schwache Geschlecht sind die Jungs“, bekannte Reiche unter dem Beifall der Mädchen. Viele von ihnen konnten ein Lied davon singen. Von den Diskos am Wochenende, von Raserei, Drogen und Alkohol am Steuer. „Bei uns fährt immer der, der zum Schluss noch Auto sagen kann“, war zu hören. Von einem Jungen. Nur aus Spaß? Bildungs- und Verkehrsministerium, so versicherte Szymanski, hätten diese Gefahr erkannt und würden deshalb an einem Strang ziehen. So wurde jetzt die Arbeitshilfe „MobiNet“ entwickelt – ein Informationsportal, das übers Internet Materialien zur Mobilitätserziehung bereitstellt. Mit konkreten Hilfen, Ansprechpartnern für Verkehrserziehung und Vorschlägen für Unterrichtsgestaltungen. Auf CD ROM ging das Material unter dem Titel „Lieber sicher, lieber leben“ bereits an alle Oberstufenzentren des Landes. Bis zum 24. April wird die Ausstellung im OSZ I zu sehen sein, dann lädt das Technik-OSZ auch zum Tag der offenen Tür ein. Einen Einblick in die Angebotspalette der Ausbildungsstätte wird es geben, aber eben auch einen Einblick in die dunkle Seite des Lebens. Über die diskutierten die Jugendlichen gestern gleich vor Ort. „Erschreckende Zahlen, die aber keiner so richtig wahr haben will“, meinte der 17-jährige Manuel. „Wenn einer getrunken hat, setze ich mich jedenfalls nicht zu ihm ins Auto.“ Stefanie und Jennifer blieben noch einige Minuten vor der Tafel mit der „Zeitlupe“ stehen. Die letzte Sekunde im Leben eines rasenden Unfallopfers. Der immer dichter kommende Baum, der Zusammenstoß, das Brechen der Knochen, der Tod. „Das ist drastisch, aber anders geht''s wahrscheinlich nicht“, meinte Jennifer, die gerade ihren Führerschein macht. „Dass ich niemals mit Alkohol fahren werde, steht schon längst fest. Und letztlich bestärkt mich die Ausstellung darin nur.“

Henner Mallwitz

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