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Die Garnisonkirche in Potsdam.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Potsdamer Vereine stellen sich vor: Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam e.V.: Raum für Dialog schaffen

Die Fördergesellschaft (FWG) hat sich vorgenommen, die Garnisonkirche vollständig wiederaufzubauen – als historisches Bauwerk und als lebendiger Ort der Versöhnung, Erinnerung und Begegnung.

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Vereine sorgen für gesellschaftlichen Zusammenhalt, prägen in ihrer Vielfalt das Gesicht einer Stadt. Vereine integrieren, sind ein Mittel gegen Einsamkeit und Anonymität. Sie fördern das Miteinander, das Wir. Um der Bedeutung von Vereinen auch in Potsdam gerecht zu werden, stellen die Potsdamer Neuesten Nachrichten (PNN) die Aktiven in der Serie „Vereinsmeierei“ vor.

Heute: Fördergesellschaft für den Wiederaufbau der Garnisonkirche Potsdam e.V. (FWG). Die Fragen beantwortete Maike Dencker. Die 55-Jährige ist Vorstandsvorsitzende der Fördergesellschaft.

Was sollten Potsdamerinnen und Potsdamer über Ihren Verein wissen?
Die Fördergesellschaft (FWG) wurde 2004 durch bürgerschaftliches Engagement gegründet. Ziel des Vereins ist der vollständige Wiederaufbau der Garnisonkirche – als historisches Bauwerk und als lebendiger Ort der Versöhnung, Erinnerung und Begegnung.

Der FWG ist dabei die originalgetreue Rekonstruktion zentraler Bestandteile ein großes Anliegen: Dazu gehören das Friedenscarillon (Glockenspiel), die barocken Trophäen, die goldene Wetterfahne auf der Turmhaube und insbesondere auch das noch fehlende Kirchenschiff, das künftig wieder als Raum für Kultur, Bildung und gesellschaftlichen Austausch dienen soll.

Der Verein zählt derzeit rund 800 Mitglieder und engagiert sich sowohl ideell als auch finanziell für dieses kulturelle Großprojekt. Mit Spendenaktionen, Öffentlichkeitsarbeit und ehrenamtlichem Einsatz leistet er einen aktiven Beitrag zur Stadtentwicklung Potsdams.

Warum ist die Arbeit Ihres Vereins bedeutsam?
Die Garnisonkirche ist ein Symbolort der vielschichtigen Potsdamer und deutschen Geschichte. Unser Verein arbeitet daran, diesen Ort nicht als nostalgisches Denkmal, sondern als Raum für kritische Auseinandersetzung, kulturellen Austausch und gesellschaftlichen Dialog in unserer Stadt zu etablieren. Der Wiederaufbau soll nicht nur architektonisch überzeugen, sondern auch historisch und inhaltlich Verantwortung zeigen – für eine offene, demokratische Erinnerungskultur.

Zugleich ist der Wiederaufbau ein internationales Zeichen für gesellschaftliches Engagements: Hunderte Ehrenamtliche, Spenderinnen und Spender aus aller Welt sowie Unterstützerinnen und Unterstützer zeigen, wie gemeinsame Verantwortung Geschichte und Zukunft miteinander verbinden kann.

Welches Vorurteil über Ihren Verein stimmt nicht?
Ein häufiges Vorurteil lautet, dass mit dem Wiederaufbau die preußische Militärtradition verherrlichen werden soll. Das Gegenteil ist der Fall: Wir setzen uns bewusst mit der Geschichte auseinander, auch mit ihrer problematischen Instrumentalisierung durch das NS-Regime. Die neue Garnisonkirche soll ein Ort sein, der zum Lernen, zum Gedenken und zur Versöhnung einlädt – nicht zur Glorifizierung der Vergangenheit.

Was ist Ihr größter Vereinserfolg?
Gemeinsam mit der hauptamtlichen Stiftung Garnisonkirche Potsdam konnten wir bereits den Wiederaufbau des Turmes der Garnisonkirche realisieren. Am 22. August 2024 konnte dieser feierlich eröffnet werden. Nun freuen wir uns über den Bau der Turmhaube, die gemeinsam mit unserer goldenen Wetterfahne, die seit 2014 bereits vor Ort wartet, im Frühjahr 2027 weithin sichtbar das Stadtbild prägen wird.

Ebenso bedeutsam ist es, dass die FWG in den vergangenen Jahren eine lebendige Ehrenamtskultur aufgebaut hat. Mit vielfältigen Aufgabenfeldern und gezielter Unterstützung hat sie das Ehrenamt als tragende Säule bürgerschaftlichen Engagements in Potsdam etabliert – offen für alle Generationen, Hintergründe und Fähigkeiten. Dieses Engagement ist nicht nur ein praktischer Beitrag zum Wiederaufbau, sondern auch ein gesellschaftlich wertvoller Raum für Austausch, Teilhabe und gemeinsames Lernen.

Die über 6100 gespendeten Ziegel und die bereits gesammelten Spenden für das neue Friedenscarillon mit 51 Glocken zeigen: Unser Projekt lebt vom Engagement vieler Menschen – in Potsdam und darüber hinaus. Als Fördergesellschaft konnten wir das Wiederaufbauprojekt in über 20 Jahren bereits mit mehr als einer Million Euro finanziell unterstützen.

Von welchem gemeinsamen Erlebnis spricht man in Ihrem Verein noch heute?
Ein besonders verbindendes Erlebnis war die feierliche Einweihung der Wetterfahne im Jahr 2014 – ein symbolträchtiger Moment, der viele Engagierte emotional bewegt hat und als sichtbares Zeichen des Wiederaufbaus bis heute im Stadtbild präsent ist. Doch es sind vor allem die vielen kleinen, alltäglichen Begegnungen im Ehrenamt, die uns als Verein zusammenschweißen. Aber natürlich ebenso die großen Veranstaltungen, wie unser Benefizkonzert zugunsten eines neuen Glockenspiels im Mai 2024 mit dem Stabsmusikkorps der Bundeswehr.

Unsere Fördergesellschaft lebt von einem vielfältigen und aktiven Ehrenamt, das Menschen aus unterschiedlichen Altersgruppen und beruflichen Hintergründen zusammenbringt: Junge Erwachsene, Berufstätige mittleren Alters sowie Seniorinnen und Senioren engagieren sich gemeinsam – bei Führungen, Veranstaltungen, in der Öffentlichkeitsarbeit oder im organisatorischen Bereich. Diese generationsübergreifende und interdisziplinäre Zusammenarbeit ist eine unserer größten Stärken. Sie fördert nicht nur fachlichen Austausch, sondern auch gegenseitige Wertschätzung, neue Perspektiven und echte Gemeinschaft.

Damit dieses Engagement auch künftig einen festen Ort hat, sind wir aktuell auf der Suche nach einem neuen Büro in Potsdam. Wer Tipps, Kontakte oder sogar ein Vermittlungsangebot hat, ist herzlich eingeladen, sich bei uns zu melden.

Am 21. September ist Oberbürgermeisterwahl. Was wünschen Sie sich vom neuen Potsdamer Stadtoberhaupt?
Wir wünschen uns eine Stadtspitze, die sich offen und konstruktiv mit der komplexen Geschichte Potsdams auseinandersetzt – und kulturelle Projekte wie die Garnisonkirche als Teil einer lebendigen Stadtentwicklung begreift. Dialogbereitschaft, kulturelle Förderung und Unterstützung zivilgesellschaftlicher Initiativen sind für uns entscheidend.

Wie kann man Ihren Verein am besten unterstützen?
Ob durch eine Mitgliedschaft, eine Ziegel- oder Glockenspende, ehrenamtliches Engagement oder durch die Teilnahme an unseren Veranstaltungen – jede Form der Unterstützung hilft. Besonders freuen wir uns über Menschen, die uns aktiv unterstützen. Ob mit Spenden, ihrer Zeit oder ihrer Expertise, beispielsweise bei Veranstaltungen, in der Öffentlichkeitsarbeit oder bei organisatorischen Aufgaben.

Wo und wie kann man in Ihrem Verein mitmachen?
Interessierte können sich gerne per E-Mail unter fwg@garnisonkirche-potsdam.eu bei uns melden. Wir suchen Unterstützerinnen und Unterstützer für Veranstaltungen, Büroarbeit oder Öffentlichkeitsarbeit. Jeder kann sich nach seinen zeitlichen Möglichkeiten einbringen, ganz ohne Vorkenntnisse, aber mit Interesse für Kultur und die Geschichte der Garnisonkirche.

Wenn Sie Lust haben, besuchen Sie uns doch gerne bei unserer monatlichen Veranstaltungsreihe „Geschichte(n) an der Garnisonkirche“, jeden ersten Donnerstag im Monat um 18 Uhr im Plögerschen Gasthof am Alten Markt. Es referieren immer wechselnde Persönlichkeiten zu geschichtlichen Themen. Der Eintritt ist frei, über Spenden freuen wir uns.

Der nächste Termin wird – aufgrund der Ferien – erst am 4. September stattfinden. An diesem Abend wird unser Vorstandsmitglied Andreas Kitschke einen Vortrag halten, mit dem Titel: „Die Wetterfahne der Garnisonkirche – Preußisches Herrschaftssymbol oder christliche Allegorie?“

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