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Von Bernd Kluge: Von „Ilse Bilse“ bis zum „Schulgespenst“

Ausstellung zum 75. Geburtstag der Kinderbuchillustratorin Gertrud Zucker auf Burg Beeskow

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Beeskow - Versonnen blättert Illustratorin Gertrud Zucker durch einen Stapel bunter Zeichnungen. „Die gefallen mir heute noch. Ilse Bilse war gewissermaßen meine Sternstunde“, sagt sie mit einem leichten Schmunzeln. Bei den Bildern handelt es sich um Illustrationen zu den Kinderreimen um „Ilse Bilse“ oder „Lirum Larum Löffelstiel“, einem Buch aus dem Kinderbuchverlag der DDR, das damals in insgesamt 13 Auflagen erschien und als erfolgreichstes Werk von Zucker gilt.

Derzeit erleben die farbenfrohen Zeichnungen quasi eine Renaissance - in einer Ausstellung auf der Burg Beeskow (Brandenburg) anlässlich des 75. Geburtstages von Gertrud Zucker im Januar 2011. Die Schau frei nach dem Buchtitel „Ilse Bilse, jeder will se“ zeigt bis 13. Februar Originalwerke der erfolgreichen ostdeutschen Illustratorin und die dazugehörigen Bücher.

Abwechslungsreich wird es für den Besucher nicht nur durch die ausgeprägte Text-Bild-Beziehung. Die gebürtige Berlinerin bediente sich der unterschiedlichsten Maltechniken und setzte Farben geschickt als Stimmungsträger ein. Mal überzeugt sie durch einfache Bleistiftzeichnungen, dann wieder durch farbenfrohe Aquarelle. Auffällig, aber ihren Angaben nach auch sehr aufwendig, ist die Schabkartontechnik in Schwarz-Weiß.

„Nicht jede Technik passt zu jeder Geschichte. Da muss man sich einfühlen“, erzählt Zucker. Mehr als 120 Werke für Kleinkinder, Schüler jeden Alters bis hin zu Jugendliteratur hat die 74-Jährige bisher illustriert. Häufig gab sie den Buchhelden bekannter DDR-Kinderbuchautoren wie Benno Pludra, Fred Rodrian oder Helmut Preißler Gestalt und Aussehen.

In über 30 Länder wurden die Bücher exportiert. Ihre schönsten Illustrationen hat die seit den 1960er Jahren in Bad Saarow lebende Künstlerin für die Ausstellung auf der Burg Beeskow ausgesucht. Die meisten Originale hat sie selbst noch zu Hause. Bekannte Arbeiten Zuckers befinden sich auch in der Sammlung der Berliner Staatsbibliothek.

Bei den erwachsenen Besuchern hofft die Illustratorin auf Wiedererkennungseffekte aus der Kindheit. Mädchen und Jungen hingegen will sie neugierig machen, damit sie - angelockt durch die Zeichnungen - das eine oder andere Buch dazu lesen. „Eine Auswahl davon wird es auch zu kaufen geben“, sagt Burg-Mitarbeiterin Kristina Geisler, die von der Vielseitigkeit Zuckers beeindruckt ist.

„Ihr ist ja oft vorgeworfen worden, keinen eigenen Stil entwickelt zu haben wie beispielsweise Manfred Bofinger oder Elisabeth Shaw. Zuckers Kinderdarstellungen haben aber durchaus Wiedererkennungswert“, ist Geisler überzeugt. Vor allem die schnell wechselnde kindliche Gefühlsskala trifft Zucker ihren Angaben nach mit sicheren Strichen.

Dafür habe sie mit ihren eigenen drei Kindern, acht Enkeln und einem Urenkel stets gute Vorlagen vor Augen gehabt, bestätigt die Illustratorin, die selbst schon als kleines Mädchen gern zeichnete und später eine große Künstlerin werden wollte. Zu Zuckers bekanntesten Lehrern während ihres Grafikstudiums an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee gehörten die Professoren Werner Klemke und Arno Mohr, die ihr letztlich den Weg ebneten.

„Angefangen habe ich dann mit der Gestaltung von Kinderfilm-Plakaten“, erinnert sie sich. Zu den bekanntesten Büchern, in denen Zucker mit ihren Bildern die Fantasie der jungen Leser anregte, gehören die Werke von Peter Abraham, beispielsweise „ABC - lesen tut nicht weh“, „Pianke“ oder „Das Schulgespenst“.

Zu sehen sind in der Ausstellung auch bisher unveröffentlichte Illustrationen Zuckers zu Abrahams 2006 geschriebenem Buch „Krümel“ über ein sehr kleines Mädchen, das sich wünscht, ganz anders auszusehen. Denn noch heute ist Zucker in ihrem Beruf aktiv. „Es könnte allerdings mehr sein, früher hatte ich durchgehend zu tun“, sagt die 74-Jährige. Der DDR-Kinderbuchverlag beschäftigte ihren Angaben nach etwa 100 Illustratoren. Empfehlen würde sie ihren Beruf heute niemandem mehr. „Es ist eine brotlose Kunst geworden“, sagt die Illustratorin, der es bange ist um die Zukunft des Kinderbuchs. „Ich bin da sehr skeptisch, eben weil Kinder heutzutage kaum noch lesen“, sagt sie.

Bernd Kluge

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