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Landeshauptstadt: Vor Ort gegen Ebola

Die Firma Health Focus betreibt ein Labor in Guinea und bildet Ärzte im Kampf gegen die Epidemie aus

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Als alle Deutschen schon aus Guinea ausflogen, blieben Tom Halgasch und seine Kollegen vor Ort. Der 39-Jährige Halgasch ist Chef eines deutsch-guineischen Labors in Conakry, der Hauptstadt Guineas. Seine Mitarbeiter bilden guineische Ärzte und Laboranten aus. Zuletzt war der Senior Consultant der Potsdamer Firma Health Focus vor knapp einem Monat wieder in Conakry. Das Wichtigste, was zu Beginn des Ausbruchs fehlte, so Halgasch, seien Schutzmaterialien wie Gummihandschuhe gewesen. Die behandelnden Ärzte der Ebola-Erkrankten waren oft die ersten, die sich mit dem gefährlichen Virus ansteckten.

In Guinea wurde erstmals im April dieses Jahres Ebola bestätigt. Ausgebrochen aber ist es bereits vor gut einem Jahr. Für eines der ärmsten Länder ist die Epidemie ein Fluch. Dass zumindest Halgasch und seine Leute dort ein Labor betreiben, ist ein Segen, der zumindest ein wenig das Leid dort lindern kann.

Eigentlich ist Health Focus ein Beratungsunternehmen und führt Studien und Langzeitprojekte im Auftrag großer Organisationen wie der GIZ, der UNO, der EU, der Weltgesundheitsorganisation WHO oder der Weltbank in Gesundheitssystemen von Entwicklungsländern durch. Im Jahr 2001 hatten ehemalige Mitarbeiter der deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) die Firma gegründet, angefangen hatten sie mit einem Gesundheitsprojekt in Guinea. Heute arbeiten zehn Angestellte in Potsdam und Health Focus hat je nach Projekt zwischen 60 und 80 Mitarbeiter weltweit.

Einzig in Guinea ist Health Focus klinisch tätig, Halgasch und seine Kollegen haben vor drei Jahren aus privaten Mitteln eine Poliklinik aufgebaut, EKG-und Ultraschallgeräte zur Verfügung gestellt, eine europäische Ärztin und eine deutsche Medizinisch-technische Assistentin arbeiten vor Ort in Conakry. Erstmals sei so im Land eine differenzierte Laboranalyse und Diagnose möglich, sagt Halgasch. „Das funktioniert. Wir können eine Qualität liefern, die es so auch in Deutschland gibt.“ Seit einem Jahr bildet Health Focus in Conakry Ärzte und Laboranten aus, 40 Prozent der Kosten für die 18-monatige Ausbildung trägt die Bundesregierung.

Zuletzt half Halgaschs Labor der Weimarer Firma Senova bei der Validierung eines Ebola-Schnelltests. Der Test ist vergleichbar mit einem Schwangerschaftstest, wie dieser ist auch der Senova-Test jedoch nur ein zusätzliches Werkzeug. 2007 hat die Weimarer Firma den Test im Kongo bereits getestet, seitdem sei er der WHO bekannt, so Halgasch. Warum die Einführung des Tests in den Krisengebieten so schleppend verläuft, bleibt unklar. Auch für Halgasch bleibt das ein Rätsel. „Die Spezivität liegt bei 98,2 Prozent“, sagt Hans Hermann Söffing, Inhaber der Senova. „Das ist für einen Schnelltest ein sehr guter Wert.“ Eine offizielle Stellungnahme der Bundeswehr, die den Test vor Jahren mitentwickelte, blieb aus. Ebenso wie vom Institut für Virologie in Marburg, das die Validierung unterstützt.

Der Test ist mit drei Euro um ein Vielfaches günstiger als die sogenannten PCR-Tests. Er brauche statt bis zu sechs Stunden nur wenige Minuten, um anzuzeigen, ob Ebola-Viren im Blut des Patienten vorhanden sind. Nachteil jedoch: In einem frühen Stadium der Krankheit wird der Test nicht reagieren. Der Schnelltest ersetzt auch nicht bestehende Diagnoseverfahren, sondern ist nur ein zusätzlicher Baustein.

Aber laut Söffing und Halgasch ein wichtiger: „Die Alternative dazu wäre, keinen Test zu haben“, sagt Halgasch. „Wenn der Test in die breite Anwendung käme, wäre das eine Revolution.“ Auch der Koordinator der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen, Philipp Frisch, sagt: „Bislang gibt es keine spezifische Behandlung gegen Ebola – und für die Diagnose wird ein Labor benötigt und sie ist zeitaufwendig. Ein Schnelltest zur Diagnose von Ebola wäre daher grundsätzlich hilfreich.“ Zur Wirksamkeit des Senova-Tests könne er allerdings nichts sagen.

Für den Senova-Inhaber Söffing sind Strukturen, wie sie Halgasch und seine Mitarbeiter von Health Focus in Conakry aufgebaut haben, von hohem Nutzen bei der Bekämpfung von Ebola. Doch die Möglichkeiten würden nicht ausgeschöpft, meint er. „Die Bundesregierung sollte vielmehr mit den Leuten kooperieren, die vor Ort sind“, sagt er.

Nicht zuletzt mangelte es an Geld für die Ausbildung von Ärzten und Krankenhauspersonal. „Man hätte gleich am Anfang des Ausbruchs von Ebola medizinisches Personal schulen müssen“, sagt Halgasch. Die Expertise hatte Health Focus. Erst vor wenigen Wochen führte die Potsdamer Firma die ersten Trainings durch – auf eigene Kosten, wie Halgasch sagt.

Grit Weirauch

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