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Markantes Insekt. Das Präparat einer Gottesanbeterin ist das neue „besondere Exponat“ im Potsdamer Naturkundemuseum.

© Andreas Klaer

Landeshauptstadt: Wer findet die Gottesanbeterin? Gottesanbeterin – das klingt exotisch. Doch die Insekten leben

auch in Potsdam. Das Naturkundemuseum baut auf die Mithilfe der Bürger, um die Tiere zu erfassen und zu schützen

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Der Insektenforscher ist begeistert, geradezu hingerissen. Manfred Keller, Mitgründer der Mantidenfreunde Berlin-Brandenburg, schwärmt für die grünen Fangschrecken – auch Mantiden genannt – die seit dem gestrigen Donnerstag als „besonderes Exponat“ in einer neuen Vitrine im Naturkundemuseum zu sehen sind. „Wenn man einmal einer Gottesanbeterin Auge in Auge gegenübergestanden hat, dann vergisst man das sein Leben lang nicht mehr“, sagt Keller.

In der Tat ist das „Insekt des Jahres 2017“ imposant: Das Weibchen wird rund sieben Zentimeter lang, das Männchen bleibt etwas kleiner. Der markante, dreieckige Kopf und die kräftigen Fangbeine, die die Tiere in Ruhestellung wie zum Gebet vor dem Körper halten, machen sie unverwechselbar. In der Vitrine sind mehrere Präparate leuchtend grüner Exemplare zu sehen, auf Gräsern und anderen Pflanzen, manche mit ausgebreiteten Flügeln. Auch Eigelege kann man zwischen Steinen am Boden entdecken. Ergänzt werden die Ausstellungsstücke durch eine Karte der Fundorte in Berlin und Brandenburg, die im Lauf des Jahres durch kleine Fähnchen um neue Fundorte ergänzt werden soll.

Denn die Jägerinnen leben, anders als so manch einer vielleicht vermutet, keineswegs nur in den Tropen. Die Europäische Gottesanbeterin kommt seit den 1990er Jahren als einzige von 2 400 Fangschreckenarten auch in Deutschland vor – und sie verbreitet sich weiter. 2007 wurde erstmals eine Gottesanbeterin in Brandenburg gesichtet. Seither gab es bereits mehrere Funde der geschützten Art in der Region. Auch in Berlin gibt es eine Population. „Wir können den Prozess der Einwanderung möglicherweise hautnah miterleben“, erklärt Dirk Berger, Sammlungs- und Ausstellungskonservator am Naturkundemuseum Potsdam.

Um das Vorkommen und die Ausbreitung besser erfassen zu können, haben das Museum und die Mantidenfreunde Berlin-Brandenburg im November 2016 ein so genanntes „Citizen Science“-Projekt ins Leben gerufen. „Gottesanbeterin gesucht – dem Insekt des Jahres 2017 auf der Spur“ nennt sich das Bürgerprojekt. „Wir rufen die Bürger dazu auf, ein Foto zu machen, wenn sie eine Gottesanbieterin sehen, und uns den Fund zu melden“, erklärt Berger. Anhand der eingehenden Meldungen sollen eine Datenbank und eine Verbreitungskarte erstellt werden.

Die Tiere sind nicht leicht zu entdecken. Sie leben in der Regel auf großen, trockenen Grasflächen und sehen, gut getarnt, selbst aus wie Blätter. Im Winter kann man die Eigelege finden, an Steinen, unter Schienen oder im niedrigen Bewuchs. „Die Eigelege sehen aus wie ausgehärteter Bauschaum“, sagt Berger. Die Larven, die je nach Wärme etwa ab April oder Mai schlüpfen, sind nur etwa fünf Millimeter groß und deshalb unauffällig. Im späten Sommer kann man die ausgewachsenen Tiere beobachten.

Seit Beginn des Bürgerprojekts wurden rund 15 Funde von Gottesanbeterinnen in der Region gemeldet. Manfred Keller oder seine Kollegen gehen jeder Meldung nach, versuchen mit Hilfe der Finder Tiere oder Eigelege aufzuspüren. Ziel ist nicht nur, Anzahl und Ort systematisch zu erfassen, sondern auch, aus den Beobachtungen Empfehlungen abzuleiten, um die Insekten zu schützen. „Wir können beispielsweise sagen, in welcher Höhe das Gras gemäht werden sollte, um die Eier nicht zu zerstören“, erläutert Keller.

Und was ist dran an der verbreiteten Annahme, weibliche Gottesanbeterinnen würden das Männchen nach der Paarung auffressen? „Das kann schon mal vorkommen“, sagt Manfred Keller. Denn wie andere Insekten auch seien die Artgenossen wertvolle Eiweißlieferanten. Doch systematisch geschehe das nicht. „Wenn sie geschickt sind, schaffen die Männchen es, nach der Begattung zu fliehen.“ Es herrschten die Gesetze der Natur: „Nur die Dummen werden gefressen!“

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