
© Manfred Thomas
Landeshauptstadt: Zeitreise ins Jahr 1980
Ein hochkarätiges Schauspieler-Ensemble steht in Sacrow für die ARD-Serie „Weißensee“ vor der Kamera
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Sacrow - 1980 wäre man hier gar nicht ohne Weiteres hingekommen. Denn am Havelufer in Sacrow stand die Mauer, die die DDR von Westberlin trennte. Für den Zutritt zur Kladower Straße 12 hätte man wohl mindestens einen Passierschein gebraucht. In der Klinker-Villa mit Wassergrundstück lebt derzeit ein Stück DDR-Alltag wieder auf: Das Wohnzimmer ist möbliert mit der typischen Serienschrankwand in Holzoptik, an den Wänden gestreifte Tapeten in verschiedenen Grautönen und ein kunstfertig in Holz gelegtes Karl-Marx-Bild, in der Garteneinfahrt steht ein beige-grauer Trabant.
Das Haus wurde als Drehort für die neue MDR/ARD-Serie „Weißensee“ präpariert – und die spielt in Ostberlin im Jahr 1980. Geplanter Ausstrahlungstermin ist der Herbst 2010, sagte Produzentin Regina Ziegler gestern auf einem Settermin in Sacrow. Die Besetzung glänzt mit Namen wie Florian Lukas („Nordwand“), Hannah Herzsprung („Vier Minuten“), Katrin Sass („Good Bye, Lenin!“), Uwe Kockisch („Donna Leon“) und Anna Loos („Tatort“).
Erzählt wird die Geschichte zweier Familien: Auf der einen Seite Stasi-Generalmajor Hans Kupfer mit seiner Frau, zwei erwachsenen Söhnen und den Enkelkindern, auf der anderen Seite die regimekritische Liedermacherin Dunja Hausmann mit ihrer unehelichen Tochter Julia. Die Ereignisse geraten ins Rollen, als sich Polizist Martin Kupfer, der jüngere der beiden Kupfer-Söhne (Florian Lukas), in Julia (Hannah Herzsprung) verliebt.
„Wir haben sechs Wochen lang alle leer stehenden Häuser in und um Berlin angeschaut“, erklärte Producer Marc Müller-Kaldenberg den PNN. In Sacrow sei man schließlich fündig geworden: „Auch das Drumherum musste historisch glaubhaft aussehen.“ Das Haus in der Kladower Straße sei zwar gerade verkauft worden: „Wir konnten aber noch vor der Renovierung für sechs Wochen einziehen“, berichtete der Producer.
Die Schauspieler haben sich auf ihre Rollen unter anderem mit Dokumentarfilmen vorbereitet. „Die Erinnerung an die Zeit ist ja schon sehr selektiv“, meint etwa Florian Lukas, der derzeit auch im Prater in der Berliner Kastanienallee auf der Bühne steht – als Kaderleiter im DDR-Komödien-Singspiel „Der Bauch“. Von den negativen Seiten der DDR und einer Konfrontation mit der Stasi sei er wegen seines Alters verschont geblieben: „Die Wende kam für uns mit 16 Jahren damals genau auf den Punkt“, sagt der heute 36-Jährige: „Plötzlich war die Mauer weg – fantastisch!“ Die Stimmung im Wendeherbst 1989 an seiner Schule im Prenzlauer Berg sei „krass“ gewesen, erinnert er sich: „Es gab viel Streit, ich konnte meinen Mund auch nicht mehr halten.“
Auch Katrin Sass hat die Erinnerung an die Zeit nicht losgelassen: „Ich bekomme immer wieder neue Wut auf das, was in der DDR passiert ist“, sagte sie den PNN. So offen provokant wie die Künstlerin Dunja, die sie jetzt spielt, sei sie jedoch nicht gewesen. Im Wendeherbst, den sie in Leipzig erlebte, habe sich das geändert: „Als wir am Theater weiterproben sollten, während draußen Menschen mit Gummiknüppeln geschlagen wurden, bin ich auch laut geworden.“
Die Produzenten wollen mit der Serie, die im Dienstagabendprogramm laufen soll, Neuland betreten: „Es gab im Deutschen Fernsehen keine Familiengeschichte, die in der DDR spielt“, sagt MDR-Redakteur Wolfgang Voigt. Wenn das Konzept beim Publikum ankommt, sei eine Fortsetzung auf weitere sieben Folgen geplant: „Wir können nach 1980 ja theoretisch noch 30 Jahre erzählen.“ Drehbuchautorin Annette Hess schrieb zuvor bereits das Buch für den ARD-Zweiteiler „Die Frau vom Checkpoint Charlie“. „Weißensee“ soll am 17. Dezember abgedreht sein. Auch wenn Sacrow der einzige Potsdamer Drehort ist, bekommt die Landeshauptstadt noch eine prominente Rolle in der Serie: Denn einige Szenen spielen an der ehemaligen Stasi-Hochschule in Golm. Jana Haase
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