"Vom Wandern": Die Entdeckung einer Landschaft
Klaus Bergmann macht die Begegnung mit dem Golmer Luch in den Römischen Bädern zum Erlebnis.
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Wandern sei kinderleicht, schreibt Ulrich Grober in seinem Buch „Vom Wandern“. „Einfach losgehen Offen sein, durchlässig werden für die Einflüsse von Natur und Landschaft und nicht zuletzt für die innere Stimme.“ Imposante Gebirge wie der Harz, der Thüringer Wald, die Sächsische Schweiz oder die Alpen üben einen besonderen Reiz auf Wanderer aus. In der Mark Brandenburg geht man in der Regel spazieren. Klar, es gab auch in ihr die bedeutenden Wanderer, besonders in der Vergangenheit. Theodor Fontane steht da an erster Stelle. Heute fährt man von Potsdam oder Berlin mit dem Auto meist zu einem idyllischen Ort, um an einem Nachmittag während des Unterwegsseins die Landschaft und ihre Historie zu erkunden. Klaus Bergmann ist ebenfalls unterwegs. Mit seinem Gefährt braucht er nur wenige Minuten von der Stadtmitte Potsdams bis zu seinem seit mehreren Jahren auserkorenem Lieblings-Erkundungsziel: das Golmer Luch, das er per pedes durchstreift. Nur der Fotoapparat ist sein ständiger Begleiter.
Vor 40 Jahren, also 1976, begann der Fotograf im Luch seine Solo-Erkundungen. In jeder freien Minute zog es ihn dort hin, bis heute. Das Fotografieren im Golmer Luch ist zu einem Langzeit-Projekt für ihn geworden. Der Bildbetrachter kann die Begeisterung Bergmanns für das Landschaftsschutzgebiet jetzt in den Römischen Bädern im Park Sanssouci erleben.
Der Potsdamer, der 1971 seine Meisterprüfung im Fotografen-Handwerk ablegte, war viele Jahre freiberuflich unter anderem für die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg als Fotograf tätig. Schlösser, Innenräume, Parkanlagen und bewegliche Kunstwerke dokumentierte er mit seinem Fotoapparat. Viele seiner Arbeiten fanden Eingang in verschiedene Publikationen sowie in die Fotothek der Schlösserstiftung. Darüber hinaus hat Bergmann in Verlagen und Zeitschriften des In- und Auslands veröffentlicht.
Bevor Klaus Bergmann seine Landschaftserlebnisse in den Römischen Bädern präsentieren konnte, war der Berliner Hillert Ibbeken mit seinen fotografierten preußischen Gärten zu Gast im klassizistischen Hofgärtnerhaus. Die Aufnahmen Ibbekens mit den von Meisterhand gestalteten Parkanlagen wechseln nun zu den Bildern Bergmanns, die sich den natürlichen Erscheinungsformen des Luchgebiets widmen. Die aufeinanderfolgenden Fotoausstellungen sind von besonderem Erkenntnisgewinn, zumal das Landschaftsschutzgebiet Golmer Luch und die Weltkulturerbestätte Park Sanssouci in der Nachbarschaft liegen.
Im Luch ist auch das Wirken von Menschen zu erkennen. Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm ließ im 17. Jahrhundert das Moorgebiet für die Hinzugewinnung von landwirtschaftlichen Nutzflächen trocken legen. So kamen Kolonisten aus der Schweiz auch in das Luch, um dem Kurfürstentum Brandenburg nach dem verheerenden Dreißigjährigen Krieg zu einem wirtschaftlichen Aufschwung zu verhelfen.
Von den mehr als rund 30 000 Fotografien, die Klaus Bergmann zum Thema Golmer Luch schuf, wählte er 90 Bilder aus. Poetisch dichte Aufnahmen sind der erste Eindruck. Der flaut nicht ab, das eindrucksvolle Erlebnis bleibt bis zum Rundgang-Ende. Die ersten Fotos entstanden, als der Potsdamer die uralten Weiden auf der Hüllenwiese zwischen Golmer Damm und der im Luch gelegenen Mülldeponie entdeckte. Diese knorrigen Baumfragmente wirken mit ihren oftmals bizarren Formen wie Traumgestalten, nicht nur in der Wirklichkeit, sondern auch auf den Fotografien. Der Fotograf weiß um die große Kraft und Schönheit der Natur. Darum muss er ihr keinen mystifizierenden Schleier überstülpen. Er will nah am eher stillen Luch-Geschehen sein und die Momente des Erlebens auf das Bild bannen. Da wirkt das Frühjahr wie ein geradezu aufplatzend blühender Garten, der Sommer als lebenspralles Paradies, im Herbst fasziniert die Grandezza welkender Schönheit. Neben der vielfältigen Flora beobachtet er zu verschiedenen Tageszeiten und Lichtstimmungen die Tierwelt des Gebiets: Käfer, Füchse, Rehe oder Vögel. Die Wublitz spielt natürlich eine Rolle und auch die Mülldeponie, die bereits 1937 im Luch eingerichtet wurde und nach der Wende glücklicherweise geschlossen wurde, die stetigen Veränderungen, die die Natur oftmals selbst auslöst. Und über allem der Himmel. Seine ständig wechselnden Stimmungen mit den dramatischen und ruhig-zarten Wolkenbildungen gehören zu den Höhepunkten der Ausstellung.
„Ich war lange nicht draußen im Luch, wohl eine Woche nicht“, sagt Klaus Bergmann während einer Begegnung. „Heute muss es aber sein.“ Das heißt: Der Fotograf ist noch lange nicht fertig mit dem Golmer Luch.
Bis zum 30. Oktober, Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, Römische Bäder, Park Sanssouci
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