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Kultur: Freude und Trauer, Tanz mit der Thora Sephardische Gesänge am Samstag im Friedenssaal

Sie gehört zu den ältesten Musikkulturen der Welt, seit 3000 Jahren: die jüdische Gesangstradition. Die Juden, die nach der Verbannung aus Judäa um 70 nach Christus nach Spanien flüchteten, haben sich mit den sephardischen Liedern eine unverwechselbare eigene musikalische Welt geschaffen.

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Sie gehört zu den ältesten Musikkulturen der Welt, seit 3000 Jahren: die jüdische Gesangstradition. Die Juden, die nach der Verbannung aus Judäa um 70 nach Christus nach Spanien flüchteten, haben sich mit den sephardischen Liedern eine unverwechselbare eigene musikalische Welt geschaffen. Sepharad bedeutet auf Hebräisch „die Iberische Halbinsel“. Besonders Frauen sangen meist ohne instrumentale Begleitung ihre Lieder außerhalb der Synagogen: Liebes- und Hochzeitslieder, Balladen und Trauergesänge.

Einen Einblick in die sephardische Musik gibt am morgigen Sonntag im Friedenssaal am Park Sanssouci die Berliner Mezzosopranistin Anne-Lisa Nathan. Sie wird beim Konzert „Ein Leben voller Lieder“ von der Pianistin Tuyêt Pham begleitet. Der in Berlin ansässige Verein KOL – was auf Hebräisch „Stimme“ oder „Klang“ bedeutet –, der mit dem Konzert in Potsdam gastiert, setzt sich für den Erhalt jüdischer Musik ein. In diesem Jahr sollen die Konzerte auch an das Ende des Zweiten Weltkrieges und an den todbringenden Nationalsozialismus erinnern.

„Jedes Konzert lebt zugleich von der geschichtlichen Perspektive wie auch vom spezifischen Blickwinkel ihrer ganz eigenen Betroffenheit. Unser Ziel ist, die jüdische Musik in Europa wieder präsent und lebendig zu machen“, sagt die KOL-Initiatorin Mimi Sheffer. Über Hoffnung und Verzweiflung, Empfang der Schabbatbraut bis zum Tanz mit der Thora spannt sich der große Themenbogen der Konzerte. „Sie wollen nicht nur Einblicke in die Musik, sondern auch in die Geschichte, den Glauben sowie in den Alltag der Juden geben“, sagt Mimi Sheffer. Das ist in der Konzertreihe von KOL zu erleben: Werke erfolgreicher Vorkriegskomponisten, synagogale Musik, jüdische Musicals oder Tangos, israelische Kunstlieder oder aktuelle Kompositionen.

Zum Potsdamer Konzert kommt nun die Mezzosopranistin Anne-Lisa Nathan, die in Paris und in Berlin studierte und an verschiedenen Theatern engagiert war. Die sephardischen Gesänge, die sie im Friedenssaal zu Gehör bringen wird, gehören sicher zu den Kostbarkeiten jüdischer Musik. Die Geschichten, die sie erzählen, ihre Sprache und ihre Melodien wurzeln tief im mittelalterlichen Spanien und Andalusien, aus dem die Sepharden Ende des 15. Jahrhunderts vertrieben und in alle Welt verstreut wurden. Die Erinnerung an „Sepharad“ blieb lebendig – an die blühenden sephardischen Gemeinschaften, an das goldene Zeitalter der Toleranz und Zusammenarbeit in Wissenschaft und Kunst im maurischen und später im christlichen Spanien. Anne-Lisa Nathan hat sich den Bearbeitungen des 1898 in Italien geborenen Komponisten Alberto Hemsi angenommen. Er hatte ein großes Interesse an sephardischer Folklore. Sie inspirierte ihn, auch Volks- und Kunstlieder in der Tradition sephardischer Romanzen für Gesang und Klavier zu komponieren. Mit ihnen wurde nicht nur dieser unverwechselbare Teil jüdisch-spanischer Tradition beseelt, auch die Sprache „Ladino“ konnte bis heute erhalten bleiben. Klaus Büstrin

Konzert mit sephardischen Liedern am heutigen Samstag, 18 Uhr, im Friedenssaal, Schopenhauerstraße 23. Eintritt: 8/6 Euro

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