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Kultur: Herr der Bienen

Samstag wird Kriminalbiologe Mark Benecke in Sacrow sein Insektentheater uraufführen

Stand:

Herr Benecke, sind Insekten die besseren Schauspieler?

Bewusst wohl nicht. Sie sind aber cool, sexy, interessant und in ihrer Roboterhaftigkeit und evolutionären Uraltheit manchmal auch gruselig.

Was soll ausgerechnet am Alter von Insekten gruselig sein?

Nun ja, Tiere, die schon Zehntausende von Jahren vor dem Menschen gelebt haben und auch noch Zehntausende von Jahren nach dem Menschen existieren werden, flößen mir halt Ehrfurcht ein.

In ihrem Theaterstück „Staatenbildend“, das am Samstag in Sacrow Weltpremiere feiern wird, haben Sie Bienen als Nebendarsteller gewählt. Warum ausgerechnet Bienen?

Das gefiel dem Produzenten Max Schumacher so. Er mag sie vielleicht, weil sie so schön pelzig sind.

Gab es ein Casting?

Für den Überraschungsgast meines Wissens nach nicht; er ist allerdings auch für mich ein Surprise. Die Insekten brauchen kein Casting, weil sie ja besonders in Brandenburg in guter Übung sind – vor allem Wespen und Mücken.

Hatten Sie Probleme bei der Gagenverhandlung?

Das konnten wir bei einem Gespräch unter zehntausend Augen und einigen Zuckerwürfeln schnell klären.

Was erwartet den Zuschauer in „Staatenbildend“ neben schauspielernden Bienen?

Ein Imker und Gedanken über die Staaten, die Insekten ohne Bewusstsein, aber dennoch sehr ausgetüftelt bauen und bilden.

Warum spielen nicht Sie, sondern Ihr Bekannter Murat Belcant den kauzigen Wissenschaftler in diesem Stück?

Auch das geht auf die Kappe von Produzent Max Schumacher, der mit Belcant schon seit 1999 zusammen arbeitet, zuletzt im Stück „The Real Forensic“, das in Singapur und anderswo auf die Bühnen kam. Bei den beiden stimmt offenbar die Pheromonchemie.

Die Phero...was?

Die Moleküle, die beide aneinander binden.

Sie sind von Beruf Kriminalbiologie, arbeiten weltweit als Dozent und gelten als Experte bei der Aufklärung mysteriöser Todesfälle, oft mit Hilfe von Insekten. Jetzt haben Sie auch noch ein Theaterstück über Insekten geschrieben. Was fasziniert Sie so stark an dieser Spezies?

Ich mag fremde Welten, vor denen andere ohne für mich erkennbaren Grund zurückschrecken.

Sie haben selbst Prominente untersucht, zumindest deren Überreste. Dazu gehörte die mutmaßliche Schädeldecke und das Gebiss von Adolf Hitler. Gab es dabei Berührungsängste?

Nö, für mich sind alle Spuren gleich. Wer da Unterschiede macht, sollte besser den Job wechseln; ob es sich nun um Spuren an beziehungsweise von der Leiche eines netten Teenies, eines europaweit bekannten Zuhälters, des Papstes, eines Wohnungslosen oder Adolf Hitlers und seiner Gattin handelt, sollte meiner Meinung nach keinen Unterschied machen.

Und welchen Erkenntnisgewinn konnten Sie aus Schädeldecke und Gebiss ziehen?

Der drogenabhängige Hitler, eine clowneske Figur im verrücktesten Sinn, war wie eine Ratte in die Ecke gedrängt und hat sich dann erschossen, vergiftet und letztendlich verbrennen lassen. Er wollte ein letztes Mal auf Nummer Sicher gehen. Sein Gebiss bestand fast nur aus Metall, was auch erklärt, warum seine Militärs vom schlimmen Mundgeruch des „Führers“ berichteten.

Wenn die Premiere von „Staatenbildend“ am Samstag ein Erfolg wird, ist dann mit einer Tournee oder zumindest einer Karriere von Ihnen als Theaterautor zu rechnen?

Auf keinen Fall. Ich bin eher der nichtfiktionale Typ.

Zu einer Premierenfeier gehört auch immer das Fest nach der Vorstellung. Sie gelten auch als Experte für leckere Insektengerichte. Ist in Sacrow mit ausgefallenen Köstlichkeiten aus Ihrer Insektenküche zu rechnen?

Würde im Zug vielleicht für zu viel Aufsehen sorgen, aber hier einige von mir und einigen Kollegen in aller Welt, von Peking bis Köln, gesammelte und getestete Rezepte für die Leser der PNN auf meiner Internetseite unter www.benecke.com/insectfood.html. Wie der Kölner sagt: „Juten Appetitt!“

Das Gespräch führte Dirk Becker

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