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Kultur: Kleider mit Hundeblick

Versace kreierte Mode nach Entwürfen des auch in Potsdam arbeitenden Künstlers Tim Roeloffs

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Von Babelsberg auf den Laufsteg von Milano: Die Collagen von Tim Roeloffs, die er vor einem Jahr im Kunstraum u.6 ausstellte, sind auf einem Triumphzug. Sie schmücken in kreativer Veränderung die Herbstkollektion 2008 von Versace.

Wie aber wird eine berühmte Designerin wie Donatella Versace ausgerechnet auf eine Ausstellung in einer kleinen Babelsberger Galerie aufmerksam? Galerist Ronald Sima vermutet, dass eine Rezension in den PNN der Auslöser gewesen sein könnte. Jedenfalls sei Donatella Versace auf Recherche für eine Berlin-Kollektion gewesen, die ihr Bruder Gianni schon lange vor Augen hatte, aber durch seinen plötzlichen Tod vor elf Jahren nicht mehr realisieren konnte. Bei der Suche nach Anregungen sei sie auch auf einen Artikel gestoßen, der sie später bei einem Berlinbesuch ins Tacheles führte – dorthin, wo der holländische Künstler neben Babelsberg arbeitet. Vielleicht war es ja die gemeinsame Liebe zu Hunden, die das Herz der Modemacherin erwärmte. Denn in Tim Roeloffs Arbeiten tragen die Menschen fast immer Hundeköpfe. Sein eigener Hund Piwo ist ihm dabei treues Modell. Er fotografiert ihn in allen erdenklichen Haltungen, die er dann in seine Collagen integriert. Diese Porträts zieren sogar eine Adaption von Da Vincis „Abendmahl“: alle Jünger nunmehr mit Hundeschnauze.

Einen Teil seiner Arbeiten stellt der Künstler zum Tag des Offenen Ateliers morgen erneut im u.6 aus. Einige davon kommen, ebenso wie die seines Malerfreundes Andreas Schiller, unter den Hammer. Natürlich nicht die von der Berlin-Kollektion. Diese Entwürfe, die Versace inspirierten, sind noch unter Verschluss im Mailänder Archiv. „Vorerst gibt es erst vier Kleider, die auf Grundlage seiner Entwürfe produziert wurden. Wenn die Herbstkollektion dann in den Versace-Boutiquen erhältlich ist, bekommt der Künstler seine Werke zurück“, sagt der Galerist. Doch Roeloffs arbeitet bereits an einem Folgeauftrag Versaces: zum Thema Metropolen der Welt. „Yesterday News“ ist eine dieser dafür gedachten Arbeiten. Der Holländer verwendete dafür das Schwarz-Weiß–Karo-Muster aus einer alten Versace-Kollektion und ergänzte es mit dem Schwarz-Weiß-„Karo“ der gleichnamigen DDR-Zigarettenmarke. „Hier wächst zusammen, was zusammen gehört“, so seine Interpretation. Auch Potsdam will der Künstler in die „Metropolen“ thematisch mit hinein nehmen. Dabei kann es aber durchaus sein, dass sich das Schloss Sanssouci plötzlich im Central Park von New York wieder findet.

Um das riesige Konvolut an Entwürfen realisieren zu können, erhält er von Andreas Schiller Malhilfe. Denn Roeloffs selbst fasst keinen Pinsel an. Und so gibt es in den Collagen auch immer wieder Zitate auf Schillers Arbeiten, wie auf die Apfel- und Zitronen-Serien. Anders herum spielt Andreas Schiller in seinen Ölbildern mit Roeloffs Hundeköpfen. Schiller entdeckte in den Arbeiten des Freundes, dass sie durch die Zusammenarbeit mit Versace deutlich farbenfroher geworden sind: die früher grauen Himmel leuchten nun im warmen Orange. Vielleicht liegt es auch daran, dass sich Roeloffs jetzt bessere Biersorten leisten kann, wie er einmal witzelte. „Vor dem Traumauftrag aus Milano wusste er jedenfalls oft nicht, wie er seine Familie ernähren sollte“, so Ronald Sima. Aber alles Gute hat auch seinen Preis. Versace machte für den Auftrag eine deutliche Ansage: Keine Drogen, keine Politik, keine Pornografie. Für Tim Roeloffs, der gern mit derben Bildern spielt, durchaus eine Gratwanderung.

Sonntag 14 bis 18 Uhr, 17 Uhr Auktion, Uhlandstraße 6, Babelsberg.

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