Kultur: „Lieber will ich sündigen mal ...“
Das Filmmuseum übernahm die Zarah-Leander-Ausstellung vom Filmmuseum Düsseldorf
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Das Filmmuseum übernahm die Zarah-Leander-Ausstellung vom Filmmuseum Düsseldorf Von Klaus Büstrin Nur eine Fotografie und ein Originalkostüm aus dem historischen Film „Das Herz der Königin“ kann die Dauerausstellung, die seit vier Wochen Besucher ins Filmmuseum lockt, vom Filmstar der Ufa, Zarah Leander (1907-1981), präsentieren – eine Frage des Platzes. Das Infosystem weiß jedoch mehr Auskunft über die Sängerin und Schauspielerin zu geben. Doch das Angebot des Filmmuseums Düsseldorf kam im richtigen Moment, ihre Ausstellung über die Leander auch in Potsdam zu zeigen. Die meisten Exponate gehören in die Sammlung des Filmmuseums Potsdam. Sie stammen von zwei der leidenschaftlichsten Verehrern der Diva, von dem Berliner Paul Seiler und dem in Bonn lebenden Travestiekünstler Curt Delander, der am Eröffnungsabend Beifallsstürme für seine Darbietungen von drei Leander-Liedern auslöste. Stimmlich und auch optisch imitiert Delander sehr überzeugend sein Vorbild. Paul Seiler, der bereits 1998 die meisten Exponate seiner Sammlung dem Museum der brandenburgischen Landeshauptstadt übergab, gehörte zu den Rednern. „Als ich am 1. Januar 1954 zum ersten Mal via Kino mit der Leander konfrontiert wurde, war ich mehr als nur beeindruckt, es war vor allem diese geheimnisvolle dunkle Stimme, die mich tief berührte, einer Stimme voller Pathos, mit der sie voller Inbrunst das Ave Maria vortrug ... Ihre majestätische Erscheinung sowie das schöne Filmgesicht trugen dazu bei, dass ich mich in der folgenden Zeit zu einem Sammler entwickelte“, sagte Seiler. Alles was er über und von der Leander fand, jeden Zeitungsartikel, Filmprogramm, Schellackplatte, Postkarte oder Eintrittskarte ging ein in seine Sammlung. Seine Wohnung muss wohl ein einzigartiger „Reliquienschrein“ gewesen sein. Von Paul Seilers Sammlungsleidenschaft lebt die Ausstellung in erster Linie. Sie gibt sich ohne Schnickschnack, sie ist sachlich, fast möchte man meinen, etwas kühl. Aber sie versucht, detailliert und kenntnisreich über das Leben Zarah Leanders zu informieren, über ein Leben, das sich vor allem auf der Bühne und im Film abspielte. Ihre Karriere beim Film war relativ kurz, in der nationalsozialistischen Zeit dauerte sie von 1937 bis 1943. Als bewundernswerte Sängerin konnte sie bereits zuvor auf große Erfolge in Operetten und Revuen, vor allem in ihrem Heimatland Schweden verweisen. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg war sie hin und wieder im deutschen Film zu erleben: unter anderen in „Gabriela“ (1950), „Cuba Cubana“ (1952) und „Ave Maria“ (1953) – künstlerisch waren sie wenig erfolgreich, vom größten Teil des Publikums wurden sie aber kritiklos angenommen. Mehr Glück hatte sie mit ihren Konzertauftritten, bei denen ihr die Zusammenarbeit mit ihrem Begleiter, dem Komponisten Arne Hülphers zugute kam, den sie 1956 heiratete. Zarah Leander legte bei ihren Konzerten großen Wert auf aufwändig gestaltete Kleider. Einige kann man in der Ausstellung im Filmmuseum betrachten, auch die festliche Abendrobe, die sie anlässlich eines Empfangs bei der schwedischen Königin Silvia im Jahre 1977 trug: ein cremefarbenes Kleid mit kostbaren Blütenapplikationen. Auch Colliers, Ringe und Ohrenklipps, Blumen (jetzt natürlich getrocknet), die Verehrer dem Star schenkten, gehören zu den Erinnerungsstücken, die Delander jahrzehntelang aufbewahrte. Ein Gagenkoffer der Leander ist ebenfalls zu sehen, denn die Künstlerin ließ sich ihr Honorar stets in Geldscheinen auszahlen. Bei der Ufa soll sie jährlich eine Million Gage erhalten haben – eine für damalige Zeiten riesengroße Summe. Die Leander hat sicherlich viel Geld ausgegeben. Sie besaß eine Villa in Berlin-Dahlem, kaufte ein Landgut in Schweden, umgab sich im Alltag mit wertvollen Dingen. In den fünfziger Jahren war sie eine der besten und berühmtesten Kundinnen beim Berliner Stardesigner Heinz Oestergaard, der für sie Kleider entwarf. Eine ganze Wand füllen die Titelbilder von Filmkurieren und Illustrierten aus der Nazizeit. In diesen Jahren wurde Zarah Leander die weibliche Galionsfigur der Ufa unter dem „Filmminister“ Goebbels. Sie wurde neben Hans Albers als Renommierobjekt des nationalsozialistischen Staates aufgebaut. Marlene Dietrich, die man gern dafür benutzen wollte, machte sich bereits 1930 sofort nach der Premiere von „Der blaue Engel“ auf nach Hollywood, ihrer Karriere zuliebe. Zarah Leander, die 1907 als Zarah Stina Hedberg geboren wurde, kam Mitte der dreißiger Jahre zunächst nach Wien, dann nach Berlin und Babelsberg, also in einer Zeit, wo der Nationalsozialismus schon längst sein schreckliches Gesicht gezeigt hat. Die Verfolgung und Ermordung von Juden und Andersdenkenden waren an der Tagesordnung. Es konnte auch ihr nicht verborgen bleiben, schließlich war Schweden ein Land, das Verfolgte des Naziregimes aufnahm. Die Ausstellung hinterfragt zu wenig, warum sie in Hitlerdeutschland eine Karriere suchte. Auch die Kontakte zu Goebbels, der sie anbetete, werden nicht genügend beleuchtet. Sie hält sich allzu sehr bei allgemeinen Erklärungen auf. In ihren „Wunschkonzerten“ machte sie müde Landser mobil und tönte von Leinwand und Plattenspieler Durchhalteschlager ins Reich. „Davon geht die Welt nicht unter“, hieß es bei der Niederlage der Hitler-Armee bei Stalingrad mit aufmunternder Unbekümmertheit: „Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn“. Die Leander ließ sich ohne Frage auf einen Flirt mit dem Nationalsozialismus ein. Da war sie nicht anders als ihre Kollegen Marika Rökk, Johannes Heesters, Heinz Rühmann oder Lil Dagover. Als der Spuk 1945 zu Ende war, gab sich auch die Leander „als Unschuld vom Lande“. Aber so einfach kann man es sich nicht machen, wenn man singt „Kann denn Liebe Sünde sein“, zumal man gleich die Antwort im Lied mitliefert: „Lieber will ich sündigen mal, als ohne Liebe sein.“ Am 8. und 9. Mai ist „Damals“ aus dem Jahre 1943 zu sehen.
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