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Kultur: Musikalische Feierton-Wünsche wurden wahr

Weihnachtskonzert der Kammerakademie im Nikolaisaal mit viel Sinn für Klangfarben und Kontraste

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Die Beschallung mit weihnachtlicher Musik sollte den richtigen feierlichen Ton treffen. Dies gehört zu den Wünschen von Zeitgenossen, die sich gern durch die Vibrationen alter Klänge in eine festliche Stimmung mitnehmen lassen wollen. Da ist natürlich Festliches aus der Barockzeit besonders gefragt. „Neumodisches“ und Experimente sind dabei nicht gefragt oder werden links liegen gelassen.

Auch die Kammerakademie Potsdam ging auf die bekannten Zuhörerbegehrlichkeiten ein und präsentierte am zweiten Weihnachtsfeiertag im Nikolaisaal ein nachmittägliches Konzert, das ohne Wenn und Aber den gewünschten Feierton traf. Unter der Leitung des in Potsdam bekannten jungen schwedischen Dirigenten Olof Boman, der zumeist vom Cembalo aus das musikalische Geschehen leitete, präsentierten die Mitglieder der Kammerakademie eine gelungene Mischung aus gravitätischem und majestätischem Klang sowie virtuos-kunstvoller Darbietung.

Auf dem Programm stand festliche Barockmusik für Streicherbesetzung und Basso continuo aus Schweden, Italien und England. Aus seinem Heimatland brachte Olof Boman die Suite in G-Dur von Johan Helmich Roman mit, ein Hofkapellmeister des schwedischen Königs Adolf Friedrich, der mit einer Schwester Friedrichs des Großen, Luise Ulrike von Preußen, verheiratet war. In seiner Tonsprache orientierte sich der Komponist an Händels Kompositionen und an italienischen Einflüssen. Kurzweilige Musik voll Abwechslung und Gefälligkeit war zu vernehmen. Olof Boman ließ sie mit einem weitgehend schnellen Affektausdruck demonstrativer Barockmusik spielen.

Dass Arcangelo Corellis berühmtes „Weihnachtskonzert“, das Concerto grosso op. 6 Nr.8, nicht von Rührseligkeit durchdrungen sein muss, bewies die Interpretation des Dirigenten und der Kammerakademie. Zwar war man auch hierbei nicht kleinlich bei der Wahl von insgesamt geschwinden Tempi, doch die Musiker entlockten Corellis Opus eine Vielzahl von Farben, besonders eindrücklich, wenn der Klang kantabel und ausdrucksvoll klang.

Auch in diesem Konzert war die so nachhaltig gerühmte musikantische Spielfreude der Kammerakademie zu vernehmen: in energiegeladenen Phrasierungen, und dynamischer Feinabstimmung. Die historisch orientierte Aufführungspraxis wurde nicht mit dem inzwischen schon beinahe wieder antiquiert wirkenden Selbstverständnis eines starren, geradlinigen Tons der Instrumente eingesetzt, sondern man begegnete einem satten, dennoch transparenten Klang und einer volumenreichen Kontur.

Als Solist konnte der Trompetenvirtuose Reinhold Friedrich gewonnen werden. Die Konzerte des Engländers und Händel-Zeitgenossen Jeremiah Clarke sowie des Venezianers Tomaso Albinoni hat er mit mitreißender Freude musiziert. Sein Spiel ist über jeden Zweifel erhaben, sodass er die Barockmusik in der nötigen Leichtigkeit und Brillanz wiederzugeben vermochte. Dass sich Friedrich mit seinem Instrument nicht selbstbewusst in den Vordergrund drängte, bewies er wunderbar bei der Wiedergabe von Didos Lamento innerhalb der Suite „Dido und Aeneas“ von Henry Purcell, die in Bomans Interpretation ganz luftig und rhythmisch fließend erklang, mit wachem Sinn für Klangfarben und Kontraste.

Der Beifall des Publikums im Nikolaisaal für den Solisten, den Dirigenten und die Kammerakademie war überaus herzlich, sodass sich die Künstler noch für zwei Zugaben entschieden. Darunter das alte und immer wieder gern gehörte Weihnachtslied „Es ist ein Ros entsprungen“. Diesmal jedoch in einer Bearbeitung von Olof Boman. Ein fesselndes und überraschendes Klangerlebnis war zu erleben. Der über einem dichten Streicherklangteppich – Erinnerungen an Arvo Pärts sphärische Klanglandschaften wurden wach –, intonierte Choral präsentierte die Trompete in extremer Langsamkeit. Das Stück verlangt hohe Anforderungen an die Atemtechnik des Solisten, die von Reinhold Friedrich phänomenal bewältigt wurden. Klaus Büstrin

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