zum Hauptinhalt

Kultur: Südländisches Feuer entfacht Die Kammerakademie

im Schlosstheater

Stand:

Nach England, Irland und Frankreich ist er gekommen, der im italienischen Lucca geborene Komponist Francesco Geminiani. Selbst ins Schuldengefängnis hat er es gebracht, weil er seine Leidenschaft für teure Gemälde nicht zügeln konnte. Aber nach Spanien ist Geminiani, der 1762 in Dublin starb, nie gereist. Trotzdem lodert in seinem Concerto grosso „La Follia“, den Variationen über eine altspanische Sarabande, kraftvoll das südländische Feuer. Von Authentizität möchte man sprechen, wenn man es nicht besser wüsste. Und auch wenn Tanzformen wie die Sarabande oder das Satzmodell der Follia im Barock zum Standardprogramm europäischer Komponisten gehörte, nur wenigen gelang es, dieses unbekannte Fremde in der eigenen Musik wie etwas Selbstverständliches klingen zu lassen. Einer von ihnen war Geminiani.

Bernhard Forck ließ am Sonntag im Schlosstheater im Neuen Palais Geminianis „La Follia“-Feuer kraftvoll leuchten. In den ruhigen Passagen nur schwer gezügelt, in den rasanten Variationen dann zu einem regelrechten Flächenbrand entfacht; Violinist Forck verstand es mit virtuosem Spiel und klar akzentuiertem Ton die Temperatur im schon gut durchgewärmten Saal noch weiter zu erhöhen. Die Musiker der Kammerakademie Potsdam folgten ihm mit Leidenschaft und Tempo und machten so Geminianis Concerto grosso zu einem Höhepunkt an diesem Nachmittag im fast ausverkauften Rokokotheater.

Sprachpanscherisch in einer seltsamen Mischung aus Französisch und Deutsch war das Konzert der Kammerakademie unter Leitung von Bernhard Forck mit „Hommage à Händel und Purcell“ überschrieben. Doch auf die Musik hatte diese Unentschlossenheit keinerlei Einfluss. „Musikalische Vielseitigkeit bei stilsicherer Interpretation“, so wirbt die Kammerakademie auf der eigenen Internetseite. Ein Anspruch, dem die Musiker in ihrem Schlosskonzert mit Bravour gerecht wurden.

Klar und zupackend das Concerto D-Dur für Streicher und Basso Continuo von Charles Avison, farbenfroh und jubilierend das Concerto grosso B-Dur op. 3 Nr. 2 von Georg Friedrich Händel. Die Musiker der Kammerakademie fühlten sich auf den historischen Instrumenten sichtlich wohl. Mit markantem, schnörkellosem und klangschönem Ton führten sie klar und mit feinem Strahlen auf leichtem Pfad durch die Kompositionen. Purcells Suite aus der Oper „The Prophetess, or the History of Dioclesian“ zum Abschluss wurde so zu einem opulenten Klanggelage, deren reich verzierte Instrumentierung, das Necken der Flöten und Violinen, fast schon berauschenden Charakter annahm. Da war das Verzagte, etwas Unentschlossene und gelegentlich arg Flatterhafte in der eröffnenden Suite aus dem Maskenspiel „Venus und Adonis“ von John Blow schon längst vergessen. Das Publikum dankte mit lang anhaltendem Applaus. Dirk Becker

Dirk Becker

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })