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Kultur: Trash made in Babelsberg
Kribbelig: Die Edition Planet B präsentiert drei Filme des Erfolgsproduzenten Tom Zickler auf DVD
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Was macht ein B-Movie zu einem B-Movie? Das Label, soviel ist sicher, ist kein Qualitätssiegel. Es geht um die richtige Mischung aus vorhersehbarem Plot, eindimensionalen Charakteren, niedrigem Budget, schrillen Dekorationen und vordergründigen Effekten. Wie viele dieser Kriterien erfüllt sein müssen, darüber ließe sich streiten. Noch schwieriger als diese Begriffsbestimmung ist jedoch die Erkundung der Regeln, nach denen es einige dieser Filme regelmäßig zu Kultstatus bringen und eine über Jahre hinweg treue Zuschauergemeinde finden, die ihr cineastisches Vergnügen gerade am offensichtlichen Trash hat.
Die drei Filme, um die es hier geht, hatten die Chance auf den Praxis-Test bisher nicht. „AntRage – Der Ameisenmann“, „Mortal Beauty“ (Sterbliche Schönheit“) und „Detective Lovelorn und die Rache des Pharao“ sind eine Art Liebhaberprojekt des Erfolgsproduzenten Tom Zickler („Knockin’ on Heaven’s Door“, „Keinohrhasen“), gedreht vor zehn Jahren im Studio Babelsberg und an Originalschauplätzen in Brandenburg. Wegen Turbulenzen bei der Verleihfirma kam es aber nie zum Kinostart, die Filme waren bundesweit nur in einer Handvoll Kinos zu sehen. Jetzt sind sie auf DVD erschienen.
Dem Projekttitel „Edition Planet B“ machen die Storys der drei Genrefilm-Parodien alle Ehre: Detektiv Lovelorn (Miel Maticevic) steigt in eine Zeitmaschine, um die Welt vor einem durchgeknallten Pharao zu retten, in „Mortal Beauty“ fällt Valdez de Corazon (Anatole Taubman), eitler Herrscher des Fantasiereiches San Vanidad, dem Jugend- und Botoxwahn seiner Untertanen zum Opfer, in „AntRage“ nimmt der Don Jose de Alvarez (Götz Otto) gemeinsam mit seiner Braut Bella Bonita (Yasmina Filali) in der mexikanischen Wüste den Kampf gegen den irren Ameisenpriester Loco Satano (Lars Rudolph) auf und kommt einem Familiengeheimnis auf die Spur.
Klare Verhältnisse also. Die Guten sind gut und die Bösen werden am Ende niemals siegen. Angerichtet wird das Ganze mit atmosphärischer Musik, unter anderem vom Deutschen Filmorchester Babelsberg, großartigen Auftritten von Altstars wie Horst Buchholz oder Gojko Mitic und buchstäblich kribbeliger Spannung bei Ekel-Szenen mit Insekten-Mutanten und großflächigen Fleischwunden.
Als „Liebeserklärung an das alte Kino“ bezeichnet Produzent Tom Zickler, der bei der DEFA lernte und an der Hochschule für Film und Fernsehen Babelsberg studierte, die drei Filme. Sie stammen aus der Zeit, als sich der Trend zur Digitalisierung mehr und mehr abzeichnete, Effekte nicht mehr im Studio, sondern am Computer entstanden. „Ich wollte die alten Techniken noch einmal zum Einsatz bringen“, sagt Zickler. Dazu gehörte auch der Dreh mit echten Ameisen. Die Tiere seien gekühlt aufbewahrt und mit einer süßen Flüssigkeit für ihre Einsätze „dressiert“ worden.
Soviel Handarbeit sieht man – und das hat Charme. Für Freunde des tiefgründigen Beziehungsdramas ist das alles sicher trotzdem nichts. Den Grusel-Klamotten fehlt auch der anarchisch-sinnfreie Humor eines Helge Schneider („Texas – Doc Snyder hält die Welt in Atem“). B-Movie ist eben nicht gleich B-Movie. Das Kultpotenzial von Zicklers Filmen darf bei aller Vorsicht als eher gering eingeschätzt werden. Aber nichts spricht dagegen, sich die hanebüchenen Streifen in lockerer Runde mit ein paar nicht zu zart besaiteten Seelen anzuschauen und abzulachen. Trinkempfehlung dazu: Reichlich Tequila. Jana Haase
Edition Planet B, erschienen bei Los Banditos Films, Preis ab 10,99 Euro
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