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Porzellanmanufaktur Adam & Ziege in Güterfelde: Aus der Traum

Adam & Ziege in Güterfelde ist die einzige Porzellanmanufaktur in Brandenburg. Bislang. Denn das Unternehmen schließt zum Jahresende wegen Fälschungen aus China.

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Stahnsdorf - Die Probleme haben mit Duplikaten aus China ihren Anfang genommen: Jetzt wird Brandenburgs einzige Porzellanmanufaktur dichtgemacht. Adam & Ziege in Güterfelde wird zum Jahresende die Produktion einstellen, wie Geschäftsführung den PNN am gestrigen Mittwoch bestätigte. „Wir haben erstmals keine Idee mehr, wo wir noch ansetzen sollen“, sagte Thomas Adam. Die Manufaktur der Diplomdesigner Thomas Adam und Stephan Ziege besteht seit 1990, anfangs mit Sitz in Teltow-Ruhlsdorf.

In Güterfelde ist das Unternehmen, das zeitweise ein Dutzend Angestellte hatte, seit 17 Jahren ansässig. Becher mit Armen, Schüsseln, an deren Rand grinsende Figürchen lümmeln, zerbeulte Tassen und immer wieder Frösche, die sich an Henkeln oder Vasenrändern festhalten oder Kerzenständer bevölkern – die Manufaktur hat sich vor allem durch ihre kunstvoll-augenzwinkernden Produkte weltweit einen Namen gemacht. Eine gemeinsame Kollektion entstand mit Komiker Otto Waalkes, auch mit der Meißner Porzellanmanufaktur und verschiedensten Künstlern arbeitete man zusammen. In der Branche als „Froschbande“ betitelt, wurden Adam & Ziege schließlich vor allem für ihre figürlichen Salzstreuer weltweit bekannt.

100.000 Duplikate sind bekannt

Die Streuer seien jahrelang eine Haupteinnahmequelle gewesen, bis auf internationalen Märkten nach der Jahrtausendwende die ersten Fälschungen aufgetaucht seien, sagte Thomas Adam. Unternehmen unter anderem aus China und Russland hätten die Streuer „tonnenweise nachgemacht“. Etwa 100.000 Duplikate wurden dem Unternehmen bekannt, die auch in deutschen Discountern verkauft wurden.

Bald ein halbes Dutzend Prozesse habe man gewonnen, containerweise mussten die Waren vernichtet werden. Ein US-amerikanischer Anwalt habe ihnen mal erzählt, dass sie nach zwei Prozessen steinreich gewesen wären, so Adam. „Aber es tauchten immer neue Fälschungen in haarsträubender Qualität auf.“ Zeitweise habe man sogar darüber nachgedacht, mal eine Ausstellung mit den gesammelten Duplikaten zu machen, es habe sich aber kein geeigneter Rahmen gefunden.

Politische Krisen unmittelbar zu spüren

Zur selben Zeit, als in zunehmender Zahl die Fälschungen kursierten, sei die Industrie auf die kleine Designschmiede zugekommen und habe Kooperationsangebote unterbreitet. Da man statt in Gerichtssälen zu sitzen lieber neue Porzellanartikel kreieren wollte, habe man sich auf eine Zusammenarbeit mit der Porzellanfabrik Goebel aus Rödental (Bayern) eingelassen. Etwa vier Millionen Porzellanartikel seien aus diesen Aufträgen hervorgegangen. Doch nach Strukturveränderungen und Vertriebsproblemen sei die Kooperation wieder zusammengeschrumpft.

Mittlerweile seien zudem die Unkosten für das Material – Porzellan und auch Gold – gestiegen, ein Galeriepartner in Athen musste dichtmachen und auch in Petersburg kann die Designware aus Güterfelde wegen des schlechten Rubelkurses nicht mehr abgesetzt werden. „Große Firmen stecken so was weg, aber kleine Unternehmen bekommen die politischen Krisen unmittelbar zu spüren“, so Adam.

Keiner wollte glauben, dass die Manufaktur schließt

Zurzeit seien neben den beiden Geschäftsführern noch zwei weitere Mitarbeiter in Güterfelde beschäftigt, außerdem hänge die Existenz von zwei Auftragnehmern unmittelbar an der Porzellanmanufaktur. Die Meldung von der Schließung, die zunächst über facebook verbreitet wurde, hätten viele Geschäftspartner für einen schlechten Witz gehalten, sagte Adam. „Das will uns einfach keiner glauben, aber es ist so.“

Eine Wiener Galerie habe angerufen, weil sie sich selbst in der Existenz bedroht sieht. Kunden seien teils nur wegen Adam & Ziege dorthin gekommen. „Die Kollegen sagen: Wenn ihr es nicht schafft, schafft es niemand.“ Doch die Zeiten hätten sich geändert, die Spaßschiene, mit der man eine Marktlücke besetzt hatte, sei heute weit verbreitet. „Jede Klobürste kann inzwischen gucken.“ Einen kleinen Zeh in der Tür wolle man aber behalten, falls sich bis Jahresende ein Investor finden sollte. Wie eine Zukunft aussehen kann, wissen aber auch Adam und Ziege nicht, die ihre Karriere einst in den Kunsthochschulen Burg Giebichenstein und Berlin-Weißensee begannen. Heute sind sie 55 und 53 Jahre alt. „Eine Expansion wäre vielleicht eine Chance, ist uns in diesem Alter aber zu heiß“, sagte Adam. Fakt sei, dass man inzwischen kaum noch Geld für die Vermarktung habe, etwa die Teilnahme an kleinen Messen, sagt der Designer.

Etwa 500.000 Porzellanteile wurden in der Manufaktur seit der Gründung gefertigt, 75 Tonnen Porzellan gebrannt. Da sich viele Stammkunden gewünscht haben, die Manufaktur, die sich auch als Museum versteht, nochmal zu besuchen, wird am 4. Juli zum Tag der offenen Tür eingeladen.

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